
Bad Wörishofens Schottergärten im Visier

Plus Kann Bad Wörishofen Gärten aus Steinen verbieten oder sogar abbauen lassen? Ein neues Urteil sorgt für Gesprächsstoff.

Grautöne in Stein statt Pflanzen mit bunten Blüten: Schottergärten sorgen auch in Bad Wörishofen zunehmend für Diskussionen und Kritik. Ein Urteil aus Niedersachsen gibt nun jenen Auftrieb, die schon lange ein Verbot von Schottergärten in Bad Wörishofen fordern.
„Das Argument, man könne eine Beseitigung von Schottergärten nicht anordnen, ist in meinen Augen nur vorgeschoben“, findet Michael Scharpf. Er ist der Vorsitzende des Verschönerungsvereins Bad Wörishofen, Mitglied des Umweltbeirats von Bad Wörishofen und einstiges Stadtratsmitglied für die Grünen. Scharpf hält die bayerische Bauordnung schon für „recht eindeutig“. Dort steht zu lesen, dass die bebauten Flächen unter anderem „zu begrünen oder zu bepflanzen“ sind (Artikel 7), soweit dem nicht die Erfordernisse „einer anderen zulässigen Verwendung“ der Flächen entgegenstehen. Weiter heißt es, dieser Satz finde keine Anwendung, soweit „Bebauungspläne oder andere Satzungen Festsetzungen zu den nicht überbauten Flächen treffen“
.
Scharpf sagt dazu, Beschlüsse des Stadtrats, die auf „lokaler Ebene die bayerische Bauordnung ergänzen und verschärfen, sind mir nicht bekannt“. In Bad Wörishofen sieht er Handlungsbedarf. „Anthrazitfarbene zwei Meter hohe Plastikzäune, gepflasterte Haus- und Garagenzufahrten, die mehr Fläche einnehmen, als der von der Terrasse zusätzlich beschnittene Restgarten sowie Schotter und Granitanhäufungen sind in Neubaugebieten, ja selbst im modernisierten Altbestand an der Tagesordnung“, sagt Scharpf. Man müsse sich in der Stadt nur einmal in den Neubaugebieten umsehen, auch in jenen in den Dörfern, die zu Bad Wörishofen gehören. „Ich finde es bitter, dass uns zahlreiche Gemeinden vormachen, wie es gehen könnte, aber im Kurort Bad Wörishofen mit einem einzigartigen Naturheilverfahren hebt man den Naturschutz nicht wirklich aktiv auf den Schild“, beklagt Scharpf. „Da ist noch viel Luft nach oben.“ Scharpf sieht auch die Arbeit des Verschönerungsvereins bald zum Feigenblatt degradiert.
Scharpf erinnert daran, dass er Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) gebeten habe, bei einer Veranstaltung zu zeigen, was „von seinen damals gegebenen Versprechungen und Ankündigungen inzwischen zumindest angegangen oder schon konkret in die Realität umgesetzt wurde“. Vielleicht habe sich „ja schon mehr getan, als öffentlich bekannt ist und es hapert nur an der Kommunikation?“
Scharpf berichtet zudem, er habe Welzel bereits im vergangenen Juli ausführlich und mit Fotos über einen „der krassesten Fälle von Versiegelung von Grünflächen“ informiert, am Dorschhauser Weg. „Bisher habe ich außer ’wir sind dran’ nichts dazu gehört“, sagt Scharpf. Das hatte Welzel im Umweltbeirat gesagt.
Bürgermeister Stefan Welzel erklärt, welche Maßnahmen gegen Schottergärten derzeit im Gespräch sind
Stefan Welzel sagt auf Nachfrage, die Stadtverwaltung habe das aktuelle Urteil aus Niedersachsen zum Anlass genommen, das Thema Schottergärten „nochmals genauer zu beleuchten“. Eine direkte Auswirkung habe dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht und es regele auch einen besonders gelagerten Fall, so Welzel. „Gleichwohl steht bereits seit einer Weile auf der Agenda der Bauverwaltung, in Bebauungsplänen das Anlegen von Schottergärten zu untersagen“, berichtet der Bürgermeister. „Das hilft aber nicht für die vielen Bereiche, in denen kein Bebauungsplan gilt.“ Im Gegensatz zu Scharpf steht man in der Verwaltung auf dem Standpunkt, dass aus Bayerns Bauordnung „keine direkte Sanktionierungsmöglichkeit abgeleitet“ werden könne, so Welzel. „Die Klimaveränderungen, die auch das innerstädtische Kleinklima beeinflussen, sowie der allgemeine Wunsch nach einer noch grüneren Gestaltung der Vorgärten sind gleichwohl zu berücksichtigende Entwicklungen“, so Welzel. Er habe deshalb „einen konkreten Fahrplan“ zum Thema angelegt: „Ich habe die Bauverwaltung beauftragt, eine mögliche Erweiterung der Kneippstädter Ortsgestaltungssatzung mit Blick auf die Eindämmung dieser Schottergärten zu durchdenken.“
Zudem habe er die Schottergärten bei der jüngsten Besprechung der Fraktionsvorsitzenden thematisiert. „Die Fraktionen habe ich gebeten, ihre Überlegungen zum Thema mit einzubringen“, berichtet Welzel. Ein nächster Schritt werde die Einbeziehung des Umweltbeirats sein, ehe dann der Stadtrat eine Entscheidung trifft. „Gemeinsam wollen wir eine auf Bad Wörishofen zugeschnittene Lösung ausloten“, so Welzel.
Man werde eine Abwägung treffen müssen zwischen dem öffentlichen Interesse und dem Eigentumsrecht jedes Grundstücksbesitzers. Deshalb könne man bezogen auf Altfälle und „Bestandsschottergärten“ keinen großen rechtlichen Einfluss nehmen.
Wenn man in diesem Zusammenhang die Ortsgestaltungssatzung überarbeitet, wäre es auch sinnvoll, über die hohen Plastikzäune zu sprechen, die an vielen Stellen entstehen, findet der Bürgermeister. „Das wichtigste ist, die Bevölkerung generell dahingehend zu sensibilisieren, dass es nicht nur um die Einfachheit der Grundstückspflege geht, sondern es auch auf das Erscheinungsbild und das Kleinklima bezogene Gesichtspunkte zu beachten gilt.“
Die Diskussion ist geschlossen.