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Entdecken Sie die Geschichte der Skapulierbruderschaft in Bedernau

Bedernau

Ein besonderer Schatz in der Kirche von Bedernau

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    Hans Biber, rechts räumt zusammen mit  Roland Müller die  insgesamt 21 Skapulierstäbe in den eigens dafür gebauten Wagen.
    Hans Biber, rechts räumt zusammen mit Roland Müller die insgesamt 21 Skapulierstäbe in den eigens dafür gebauten Wagen. Foto: Ulla Gutmann

    Wie jedes Jahr, so ist Hans Biber in Bedernau auch heuer mit den Kommunionkindern auf den Kirchenturm hinaufgestiegen, um zum Storchennest gegenüber auf dem Schlosskamin zu schauen. In diesem Jahr sitzen dort drei Jungstörche. Danach durften die Kinder noch helfen, die Bruderschaftsstäbe im Kirchenraum einzusammeln und zu verräumen. Dabei fragten sich nicht nur die Buben und Mädchen: „Was sind das für Stäbe und was hat es mit der Bruderschaft auf sich?“

    Skapulier bedeutet ursprünglich Schulterkleid

    Der Begriff Skapulier kommt aus dem Lateinischen. Es geht auf das Wort „scapularium“ zurück, was Schulterkleid bedeutet. Kleine Skapuliere bestehen aus zwei, meist aus Wollstoff gefertigten Vierecken, die durch Schnüre so miteinander verbunden sind, dass jeweils eines auf der Brust und eines auf dem Rücken getragen wird. Das ursprüngliche große Skapulier ist ein Überwurf über die Tunika einer Ordenstracht. Das Motiv des Altarbildes steht wohl im Zusammenhang mit der Bedernauer Skalpulierbruderschaft, die im Jahr 1668 gegründet wurde und 1676 bereits 1000 Mitglieder zählte. Bedernau wurde zum Zentrum dieser Bruderschaft, die Mitglieder kamen aus ganz Bayern. Gerade in der Barockzeit entstanden zahlreiche Bruderschaften. Sie waren Gebetsgemeinschaften oder wurden gegründet, um sich für bestimmte soziale Anliegen einzusetzen.

    Das große Altarbild in der Kirche St. Georg wurde 1889/90 von Joseph Stehle aus Krumbach gemalt. Zu sehen ist die Muttergottes, die dem heiligen Simon Stock ein Skapulier überreicht.
    Das große Altarbild in der Kirche St. Georg wurde 1889/90 von Joseph Stehle aus Krumbach gemalt. Zu sehen ist die Muttergottes, die dem heiligen Simon Stock ein Skapulier überreicht. Foto: Ulla Gutmann

    Schaut man in der Kirche St. Georg das große Altarbild genauer an, erkennt man die Muttergottes mit dem Kind. Maria hält in der linken Hand ein braunes Skapulier. Dessen unteres Ende umfasst der andächtig vorgebeugte heilige Simon Stock, der mit dem Habit der Karmeliten dargestellt ist. Die zahlreichen Engel, die die Szene umrahmen, tragen teils weitere Skapuliere. Gemalt wurde es um 1889 von dem Kunstmaler Joseph Stehle aus Krumbach.

    Pfarrer Josef Beyrer fand im Archiv nicht nur alte Bücher und Unterlagen zur Geschichte Bedernaus und der Skapulierbruderschaft, sondern auch ein kleines Skapulier.
    Pfarrer Josef Beyrer fand im Archiv nicht nur alte Bücher und Unterlagen zur Geschichte Bedernaus und der Skapulierbruderschaft, sondern auch ein kleines Skapulier. Foto: Ulla Gutmann

    Pfarrer Beyrer fand ein kleines Büchlein mit dem Titel „Die Bruderschaft des Skalpuliers Unserer lieben Frau vom Berge Karmel in der Pfarrkirche zu Bedernau“. Darin wird verwiesen auf die Erscheinung der Muttergottes, die 1251 in Cambridge dem später heiliggesprochenen Simon Stock widerfährt. Sie gibt ihm das Skapulier und prophezeit: „Wer mit diesem Gewande bekleidet stirbt, wird von dem ewigen Feuer bewahrt bleiben. Es ist ein Zeichen des Heiles, eine Schutzwehr gegen Gefahren, ein Bündnis des Friedens und ewigen Vertrages.“

    Den Mitgliedern der Bruderschaft wurde viel versprochen: „Besonderer Schutz des Leibes und der Seele. Ein seliger Tod und daher Bewahrung vor den Strafen der Hölle.“ Dazu fand Beyrer noch ein dickes Buch, in dem zahlreiche Heilungen und „Wunder“ verzeichnet waren, die Bruderschaftsmitgliedern zuteil wurden. Das Skapulier, das einen als Mitglied der Bruderschaft auszeichnete, durfte erstmalig nur von einem bevollmächtigten Priester geweiht und aufgelegt werden. „Ist das Skapulier abgenützt, so verbrenne man es und ersetze es baldigst durch ein neues aus wollenem Stoff“, so steht es in dem Büchlein. So durfte dann auch das kleine Skapulier, mit zwei kleinen Stoffstücken, umgelegt werden. Das Skapulier musste immer getragen werden und der Träger „sich eines christlichen Wandels befleißigen.“

    Früher wurde das Bruderschaftsfest in Bedernau sehr groß gefeiert

    Mit beträchtlichen Feierlichkeiten wurde in Bedernau im 17. und 18. Jahrhundert das Bruderschaftsfest begangen. Aus Weißenhorn wurden Kapuzinermönche eingeladen, beim großen Umgang waren Trompeter, Pauker und Musikanten aufgeboten, die auch aus Pfaffenhausen oder Mindelheim kamen. Figuren wurden mitgetragen, auch kostümierte Heiligendarsteller gingen mit. Auf Kosten der Bruderschaft gab es Brot für alle. Bei solchen Umzügen wurden wahrscheinlich auch Bruderschaftsstäbe mitgetragen. Viele Jahre schlummerten die Bedernauer Stäbe im Aufgang zum Turm der Pfarrkirche. Pfarrer Beyrer entdeckte sie, verstaubt und stark ramponiert, erkannte den Wert, und nach einer Spendensammlung im Dorf konnten sie 2020 von Ernst Striebel restauriert werden. Seitdem werden sie bei wichtigen Kirchenfesten im Mittelgang der Kirche an den Kirchenbänken als Schmuck befestigt oder werden bei Prozessionen mitgetragen.

    Das Bruderschaftsfest wird übrigens auch heute noch in Bedernau gefeiert, jeweils an einem Sonntag Mitte Juli und deutlich kleiner als früher. Und jetzt an Pfingsten schmücken die 21 Stäbe die Kirche St. Georg und können bestaunt werden.

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