Wie geht es Ihnen und wobei störe ich Sie gerade?
TINA SCHLEGEL: Im Moment ist richtig viel los, ein Zustand, den ich gerade sehr genieße. Manchmal hat man ja das Gefühl, auf der Stelle zu treten oder nur vor verschlossenen Türen zu stehen, aber seit Anfang des Jahres hat sich doch einiges sehr gut entwickelt. Ein neuer Cora Merlin ist erschienen, und ich habe einen Vertrag bei Ullstein unterschrieben: Im Moment schreibe ich einen Thriller, der dann im Frühjahr 2026 bei Ullstein erscheinen wird. Außerdem gebe ich eine Anthologie mit Kurzgeschichten verschiedener Autorinnen zum Thema „Gewalt gegen Frauen“ heraus und entwickle eine weitere Romanreihe für den Emons Verlag. Parallel liegt ein umfangreiches Romanprojekt von mir – eine Familiengeschichte über drei Generationen hinweg – bei mehreren Verlagen auf dem Tisch. Das bleibt also noch spannend.
Sie haben den neuen Krimi mit Cora Merlin angesprochen – worum geht es in „Der See und der Tod“?
Um den verschwundenen Unternehmer Werner van Geldern. Seine Segeljacht treibt herrenlos auf dem Bodensee, auf ihr finden die Hauptkommissare Cora Merlin und Christian Fischl Blut und eine Hand. Sie vermuten zunächst eine Entführung, doch es folgt keine Lösegeldforderung, also forschen sie im Leben des Vermissten, der sich nicht viele Freunde gemacht hat. Seine Firma exportierte erfolgreich Waffen. Sein Netzwerk reicht in höchste politische Kreise und vor allem war van Geldern nicht allein auf seiner Jacht. Mit den beiden Freunden, die ebenfalls verschwunden sind, teilt der Unternehmer außerdem ein blutiges Hobby. Für die ermittelnden Kommissare geht es irgendwann um die Frage, wer hier die Opfer sind, wo Gerechtigkeit aufhört und Rache anfängt.
In Ihren Büchern geht es teils um die spannende Handlung, andererseits auch immer um ein anderes Thema wie Rechte Netzwerke, die Rolle der katholischen Kirche oder Klimaschutz. Womit befassen Sie sich dieses Mal?
Das ist richtig, mich begleitet immer ein Thema, über das ich schreiben will. Das habe ich sogar schon vor dem Fall im Kopf. In „Der See und der Tod“ geht es um Waffen in verschiedenen Bereichen. Die Frage nach Kriegswaffenherstellung und -export wird ebenso thematisiert wie die Frage, wie viele Waffen in privater Hand sein sollten. Ich fand das bei der Recherche schon sehr erstaunlich, wie viele Waffen am Bodensee im Umlauf sind und wie viele Firmen dort Kriegswaffen herstellen. Ein weiteres Thema ist die Jagd in unterschiedlichen Facetten, wie sich „Töten“ gesellschaftlich legitimieren lässt. Es geht immer auch um die Frage und Suche nach Gerechtigkeit. Wie entwickelt sich die Haltung der wichtigsten Figuren innerhalb eines Falles? Wo stehen sie am Ende? Zum ersten Mal habe ich einen umfangreichen Anhang mit Quellen und Verweisen in meinem Roman, um auch meine Recherchen nachvollziehbar zu machen.
Können Sie selbst eigentlich noch an den Bodensee fahren, ohne dort die Handlungen Ihrer Bücher vor sich zu sehen?
GUTE FRAGE. IN SCHREIBSCHULEN HEISST ES JA IMMER, DASS MAN SICH MIT SEINEN FIGUREN IN EINEM ENGEN AUSTAUSCH BEFINDEN SOLL, UM SIE GUT KENNENZULERNEN. ICH EMPFEHLE DAS IN MEINEN KURSEN AUCH: Trefft euch mit eurer Figur auf einen Kaffee oder ein Glas Wein, stellt die wichtigen Fragen des Lebens, nach den größten Sehnsüchten, Wünschen, Ängsten, nach Gerechtigkeit und Idealen. So lernt man die Figur kennen – und hat sie dann immer bei sich. Klar.
Eine besondere Fähigkeit von Cora Merlin ist die Synästhesie, dass sie beispielsweise ihre eigenen Gefühle als Geschmack im Mund bemerkt. Gibt es eine Superkraft, die Sie auch gern hätten – und wenn ja, welche und warum?
Synästhesie ist eigentlich keine Superkraft, obgleich als besondere Wahrnehmung natürlich außerordentlich spannend. Ich würde vor allem gern wissen, wie sich das anfühlt, denn ich kenne es ja nur aus Beschreibungen und versuche es mir vorzustellen, aber das ist und bleibt auch nach all den Jahren tatsächlich schwierig. Eine „Superkraft“ in der heutigen Zeit wäre aber definitiv die Fähigkeit, Menschen zum Nachdenken und wieder in den Dialog zu bringen. Gespräche zu führen, wo Unvereinbarkeit herrscht und jenen Konsens über die Wissenschaften wieder herbeizuführen, wo er verloren ist. Ich glaube, an Idealismus und Zuversicht festzuhalten und sich zu engagieren und eben nicht zu kapitulieren und zu schweigen, kommt heutzutage schon nahe an eine Superkraft. Die also will ich gern haben und behalten – allen Widrigkeiten zum Trotz. Vermutlich schreibe ich auch deswegen immer weiter. Und mag Cora so sehr, die würde niemals aufgeben!
Wir verlosen den neuen Krimi „Der See und der Tod“ von Tina Schlegel. Wer ein Exemplar gewinnen will, schreibt eine E-Mail mit seinem Namen und Wohnort sowie dem Betreff „Bodensee-Krimi“ an redaktion@mindelheimer-zeitung.de. Einsendeschluss ist Sonntag, 15. Juni. Bitte beachten Sie die Hinweise zum Datenschutz und die Informationspflichten nach Art. 13 DGSVO unter augsburger-allgemeine.de/datenschutz oder unter Telefon 0821/7772355.
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