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Internationaler Museumstag: Offener Zentangle-Kurs in den Museen im Colleg

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Hier entsteht Spitzenkunst

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    Joanna Kohl leitet die Zentangle-Gruppe, die sich immer dienstags in den Museen im Colleg trifft. Diesmal war Spitzen-Kunst angesagt.
    Joanna Kohl leitet die Zentangle-Gruppe, die sich immer dienstags in den Museen im Colleg trifft. Diesmal war Spitzen-Kunst angesagt. Foto: Sandra Baumberger

    Der eher nüchterne Raum im zweiten Stock der Museen im Colleg verrät nicht, dass hier in den nächsten Stunden Spitzen-Kunst entstehen wird: An den zusammengeschobenen Tischen sitzen acht Frauen, jede mindestens ein Federmäppchen vor sich und wenig später ein hellgraues Quadrat aus festem Papier, neun mal neun Zentimeter groß. „Das ist eine sogenannte Kachel“, erklärt Joanna Kohl, die die anderen hier immer dienstags im Zentangel anleitet, einer besonderen Form des Zeichnens: Aus einfachen Formen wie Punkten, Linien oder Kreisen entsteht dabei ein wiederkehrendes Muster – und an diesem Nachmittag eben ein Stück Spitze.

    Diese Spitzendecke aus dem 19. Jahrhundert, die im Textilmuseum zu sehen ist, hat Joanna Kohl dazu inspiriert, mit ihrer Gruppe ein Spitzenmuster zu Papier zu bringen.
    Diese Spitzendecke aus dem 19. Jahrhundert, die im Textilmuseum zu sehen ist, hat Joanna Kohl dazu inspiriert, mit ihrer Gruppe ein Spitzenmuster zu Papier zu bringen. Foto: Sandra Baumberger

    Auf die Idee hat Joanna Kohl die Ausstellung im Textilmuseum gleich nebenan gebracht: Dort hängt eine drei Meter lange und fast 1,80 Meter breite Tischdecke aus Nadelspitze an der Wand, an der im 19. Jahrhundert mehrere Frauen gewiss nicht nur Stunden, sondern viele Tage gearbeitet haben. Joanna Kohl ist davon ebenso beeindruckt wie viele Jahre zuvor Hilda Sandtner, die die Spitze in ihre Sammlung aufgenommen hat. Hätte sie noch miterleben dürfen, dass das Ausstellungsstück Joanna Kohl nun zu einem neuen Kunstwerk inspiriert, hätte sie sich bestimmt gefreut. Denn genau so hatte sie sich das vorgestellt: Die Besucherinnen und Besucher sollten sich ihre Sammlung nicht nur anschauen, sondern im besten Fall selbst kreativ werden.

    Strich für Strich entsteht auf dem Papier ein Muster, das immer stärker an Spitze erinnert

    Zuletzt haben Studentinnen der Uni Augsburg diese Idee aufgegriffen und sich mit Hilda Sandtners Sammlung, ihrem Schaffen und ihrer Persönlichkeit auseinandergesetzt. Die Werke, die dabei entstanden sind, sind noch bis 1. August in der Dauerausstellung zu sehen, knüpfen direkt an diese an und können ebenfalls eine Quelle der Inspiration sein.

    Sylvia Miller, Joanna Kohl, Helene Reischer und Barbarba Hammermüller  (hinten von links) sowie (vorne von links) Bärbel Klein, Ilse Zekl, Birgitt Nassir und Monika Kröner treffen sich immer dienstags in den Museen im Colleg zum Zentangle.
    Sylvia Miller, Joanna Kohl, Helene Reischer und Barbarba Hammermüller (hinten von links) sowie (vorne von links) Bärbel Klein, Ilse Zekl, Birgitt Nassir und Monika Kröner treffen sich immer dienstags in den Museen im Colleg zum Zentangle. Foto: Sandra Baumberger

    Im Nebenraum weist Joanna Kohl die Frauen derweil an, einen Bleistift, einen weißen Gelstift und einen Verwischer bereitzulegen. Anschließend zeichnen sie vier diagonale Linien auf das Papier. Möglichst gerade, aber bitte bloß nicht mit dem Lineal, zu dem die eine oder andere der Frauen gerne greifen würde. Im nächsten Schritt werden die Bleistiftlinien mit dem weißen Gelstift nachgezogen, es folgen weitere Linien, Kreise und Blümchen. Strich für Strich entsteht auf dem Papier ein Muster, das tatsächlich stark an Spitze erinnert – vor allem, nachdem jede Linie noch einmal „bezittert“, nämlich mit einer zittrigen Zickzack-Linie nachgezeichnet wurde.

    Beim Zeichnen hat man Zeit für sich und bekommt den Kopf frei

    „Man kann nichts falsch machen“, betont Joanna Kohl immer wieder. Eine Linie ist nicht so gerade, wie sich das die Zeichnerin vorgestellt hat? „Macht doch nichts“, sagt sie. „So eine Klöppelarbeit ist doch auch nicht ganz gerade und gleichmäßig.“ Und: „Hinterher fällt das überhaupt nicht mehr auf.“ Außerdem machten ja gerade die kleinen Ungenauigkeiten den Reiz aus – und Recht hat sie. Und zwar sowohl optisch, als auch, was das Zeichnen angeht: Es gibt keinen Druck, die Stimmung ist locker und entspannt. „Das ist eine sehr meditative Tätigkeit“, sagt Birgitt Nassir, und Helene Reischer ergänzt: „Es kommt immer was Schönes dabei raus.“ Und das eben auch, wenn man (noch) keine geübte Zeichnerin ist. „Ich konnte gar nicht zeichnen“, behauptet jedenfalls Monika Kröner, deren Kachel man das beileibe nicht ansieht.

    So aneinandergelegt ergeben die Kacheln der Teilnehmerinnen ein Spitzendeckchen.
    So aneinandergelegt ergeben die Kacheln der Teilnehmerinnen ein Spitzendeckchen. Foto: Sandra Baumberger

    Ilse Zekl hat sich der Gruppe angeschlossen, um etwas Neues zu lernen, geistig fit zu bleiben „und weil es Spaß macht“. Sylvia Miller gefällt das Kleinteilige beim Zentangle: „Das ist gut machbar.“ Und Joanna Kohl fasst es so zusammen, was sie und die anderen Frauen an dem entspannten Zeichnen begeistert: „Das ist Zeit für uns. Dabei kann man nicht an Probleme oder die Einkaufsliste denken.“ Wer sich selbst davon überzeugen möchte, hat dazu am Internationalen Museumstag am Sonntag, 18. Mai, Gelegenheit: Von 14 bis 17 Uhr bietet Joanna Kohl einen offenen Zentangle-Kurs an.

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