
Sechs Jahre Haft für 13 Euro Beute

Plus Kurz nach seiner Haftentlassung bedroht ein 43-Jähriger den Mitarbeiter einer Mindelheimer Spielothek mit einem Messer und verlangt Geld.

Allzu abschreckend scheint das Gefängnis für einen 43-Jährigen nicht gewesen zu sein. Denn nur kurz nach seiner Entlassung wurde er wieder straffällig: Vor gut einem Jahr zückte er in einer Mindelheimer Spielothek ein Küchenmesser und zwang den Angestellten, ihm Geld zu geben. Deutlich größer als die Beute war jedoch der Ärger, den er sich damit eingehandelt hat.
Denn in der Getränkekasse der Spielothek befanden sich nur wenige Münzen, um die fünf Euro, schätzte der Angestellte in seiner Zeugenaussage vor dem Memminger Landgericht. Weil das dem 43-Jährigen nicht genügte, habe er ihm auch noch das Kleingeld gegeben, dass er in der Hosentasche hatte, so der junge Mann. Alles in allem waren es genau 13,06 Euro, die die Polizei später bei dem Angeklagten fand, den sie noch am gleichen Tag festgenommen hatte.
Der Angeklagte hatte in einem Mindelheimer Wettbüro 500 Euro verspielt
Vor dem Vorsitzenden Richter Bernhard Lang gibt der Angeklagte über seine Verteidigerin Catharina Müller den Überfall zu. Allerdings habe er selbst keine Erinnerung daran. Bereits in der Früh habe er Marihuana geraucht, später bei einem Treffen mit Freunden allein eine Flasche Wodka geleert und möglicherweise auch Tabletten genommen.
Woran er sich aber noch erinnern kann, ist die Zeit zuvor: Im Mindelheimer Gewerbegebiet habe er sich bei einem Wettanbieter mehrere Wettscheine gekauft und so innerhalb kurzer Zeit rund 500 Euro verspielt. „Ich weiß nicht, was danach passiert ist“, sagt er. Auch die Herkunft des Küchenmessers kann er sich und dem Gericht nicht erklären. Er habe mit Freunden gegrillt und es dabei vielleicht eingesteckt, vermutet er.
Der Angestellte der Mindelheimer Spielothek hatte Todesangst, als ihn der 43-Jährige mit dem Messer bedrohte
Der Angestellte, bei dem sich der 43-Jährige entschuldigt, hat den Überfall dagegen keineswegs vergessen. Er habe gerade draußen geraucht, als der Angeklagte mit dem Fahrrad ankam. Dieser erzählt ihm, dass er gerade viel Geld verloren habe. Er solle aber nicht viel fragen, er komme gerade aus dem Gefängnis. Als sie beide in die Spielothek gehen, fragt der Angestellte den Angeklagten nach dem Impfausweis. Statt wie erwartet ein Handy habe dieser dann aber ein Messer aus der Innentasche seiner Jacke gezogen, damit in seine Richtung gestochen und Geld verlangt. „Ich dachte, jetzt werde ich sterben, jetzt ist es vorbei“, schildert der Mann vor Gericht seine Todesangst.
Er gibt dem Angeklagten das Geld aus der Getränkekasse und sein eigenes Kleingeld. Für einen Becher mit Münzen, der auf der Theke der Spielothek stand, und auch für den Geldwechselautomaten interessiert sich der 43-Jährige nicht. Er verlässt die Spielothek und radelt davon. Der Angestellte sperrt die Tür ab, informiert seinen Chef und dieser dann die Polizei.
Ein Besucher der Spielothek gibt an, von dem Überfall nichts mitbekommen zu haben. Er habe zwar einen anderen Mann wahrgenommen und – als die Unterhaltung zwischen diesem und dem Angestellten lauter wurde – nachgefragt, was los sei. Er habe sich dann aber mit der Antwort des Angeklagten „Nichts, ich habe kein Geld“ zufriedengegeben und sich weiter in sein Spiel vertieft.
In der Spielothek gibt es zwar eine Videoüberwachung, doch die war am Tag des Überfalls kaputt
Auch die Aufnahmen der Überwachungskamera können nicht klären, ob sich alles genau so zugetragen hat, wie es der Angestellte beschreibt: Weil die Festplatte beschädigt war, können vor Gericht nur die gespeicherten Bildschnipsel gezeigt werden, die Experten des Landeskriminalamts zu einem Video zusammengefügt haben. Nach Einschätzung des ermittelnden Polizisten ist der Angestellte aber glaubwürdig.
Auch das Schöffengericht zweifelt nach mehreren Verhandlungstagen nicht daran, dass der 43-Jährige die Spielothek überfallen hat. Es verurteilt ihn wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zu sechs Jahren Haft und bleibt damit zehn Monate unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte einen minderschweren Fall geltend gemacht und für eine maximale Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten plädiert.
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