Corona? „Es ist noch nicht vorbei“
Landrat Thorsten Freudenberger spricht über die Krisenbewältigung, seine Gefühle und was ihn jetzt ärgert
In Bayern ist der Katastrophenfall seit dem 16. Juni aufgehoben. Ist das ein Grund, wieder zur Normalität zurückzukehren, wie sie vor der Corona-Krise geherrscht hat? „Nein“, sagt Landrat Thorsten Freudenberger (CSU), „es ist noch nicht vorbei.“ Dennoch schaut er optimistischer in die Zukunft. Allerdings gibt es etwas, das ihn ziemlich aufregt. Überhaupt machte er am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion keinen Hehl aus den Gefühlen, die ihn die vergangenen drei Monate umgetrieben haben.
„Ich habe am Anfang nicht sehr gut geschlafen“, räumte er im Ausschuss für Gesundheit und Krankenhauswesen des Landkreises ein, „und ich schlafe normalerweise sehr gut.“ Nach seiner Wiederwahl am 15. März hatte er nur eine kurze Nacht, „und danach war das Leben anders“. Immerhin hatte der Landkreis an jenem Kommunalwahlwochenende den ersten Corona-Toten zu beklagen. Die Gefühle schwankten zwischen Freude über den Wahlerfolg und Beklemmung wegen der bis dahin schwer zu greifenden Bedrohung.
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Mittlerweile sind über 1000 Tönnies-Beschäftigte positiv getestet. Braucht jemand noch einen Beweis, wie hochansteckend dieses Virus ist? In Indien werden bis Ende Juli 200 Millionen Infektionen befürchtet. Auch wenn davon nur relativ wenige schwer erkranken, werden die Folgen fürchterlich sein, denn die Kranken werden einfach sich selbst überlassen werden.
Herrn Freudenberegers Aussagen stimme ich voll zu: Über die Maßnahmen kann man und sollte man in unsererem demokratisch verfassten Staat diskutieren. Und immer wieder auch bereit sein, diese im Lichte besserer Erkenntnisse zu korrigieren. Wir alle wussten im März noch viel weniger über die Ausbreitungswege und die Unterbrechungsmöglichkeiten der Seuche.
Wiedermal das Beispiel Schweden: In dem Land leben etwa 80 Prozent so viele Menschen wie in Bayern. Offiziell hat das Land bisher 5000 Coronatote. Wir haben wohl in Deutschland und in Bayern vermutlich viele Tausende Todesfälle und zigtausende Krankheitsfälle mit bleibenden Schäden verhindert.
Raimund Kamm
Wer die Regierenden kritisiert, ist also in den Augen von Herrn Freudenberger staatsfeindlich? Demokratie lebt von der Meinungsvielfalt. Und zur Einhaltung von Grundrechten sollte sich auch bedingungslos unser Landrat bekennen. Angesichts der von ihm genannten Fallzahlen, ist es unverhältnismäßig diese weiter einzuschränken. Der einzige, der hier Angst schürt, ist für mich Herr Freudenberger, wenn er sagt: "Das Virus ist nicht aus der Welt. Ohne Impfstoff und Medikamente ist es noch nicht vorbei. Wir haben es nicht im Griff."
"Das Virus ist nicht aus der Welt. Ohne Impfstoff und Medikamente ist es noch nicht vorbei. Wir haben es nicht im Griff."
Das ist schlicht und ergreifend traurige Realität, die den Kämpfern für die Einhaltung der Grundrechte nicht ins Konzept passt.
Corinna E.,, warum legen Sie dem Landrat etwas in den Mund, was er nicht gesagt hat? Schauen Sie sich an, was derzeit in Gütersloh passiert, dann wissen Sie, wovon Herr Freudenberger spricht. Das würde allerdings voraussetzen, dass Sie bereit sind, die Realität und Fakten zu akzeptieren. Sind Sie das?
Es ist weiter fraglich, wann und ob ein Impfstoff gefunden wird. Was die Maßnahmen bei unseren Jüngsten und Schwächsten anrichten, sehe ich jeden Tag. Das ist einer von vielen Gründen, warum ich mich für die Einhaltung der Grundrechte stark mache. Ich versteh, dass viele Menschen momentan Angst vor dem Virus haben. Aber Angst ist noch lange kein Grund, die Grundrechte einzuschränken. Ich behaupte ja auch nicht, dass sich Risikogruppen nicht schützen sollen. Risikogruppen müssen sich immer und vor jedem Virus und noch anderen Dingen schützen. Wenn man den Medien Glauben schenken mag, gehöre auch ich zur Risikogruppe. Ich möchte aber dann doch noch gern selber entscheiden, wann und wie ich mich schütze. Angesicht der aktuellen Gefährdungslage, reicht in meinen Augen Eigenverantwortung völlig aus. Mich erschreckt allerdings die Kurzsichtigkeit vieler. Unser Shutdown hat vor allem die ärmsten dieser Welt hart getroffen und wird diese noch weiter treffen. Aber Hauptsache mein Kühlschrank ist voll und ich habe mein Klopapier gehamstert. Der Rest interessiert mich nicht. Diese Sichtweise ist mir einfach zu wenig.
Ich fordere für mich das Grundrecht auf „körperliche Unversehrtheit“ ein. Und verlange, dass der Staat mit seinen Maßnahmen mein Grundrecht schützt. Sehr wohl weiß ich, dass mein Grundrecht auf „körperliche Unversehrtheit“ nicht grenzenlos ist.
Art 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Raimund Kamm
Corinna E., von welcher unerträglichen Grundrechtseinschränkung sind Sie eigentlich derzeit noch betroffen? Ich darf zum Beispiel die Dusche imn meinem Fitnessstudion nicht benutzen. Das ist unangenehm, aber verkraftbar.
Es ist übrigens ein Missverständnis zu glauben, die Abstandsregelungen und die Maskenpflicht dienten vor allem dem Eigenschutz. Diese Maßnahmen dienen dazu, die Verbreitung des Virus insgesamt zu stoppen oder zumindest zu hemmen. Sie dienen also vor allem dem Schutz anderer, insbesondere dienen sie aber auch dem Schutz der Beschäftigten in den Krankenhäusern und Altenheimen, die von einer epidemischen Ausbreitung des Virus und dem Zusammenbruch unseres Gesundheitssystems am meisten betroffen wären. Es ist also keineswegs jedem selbst überlassen, sich zu schützen oder nicht, auch wenn er zu einer Risikogruppe gehört. Oder wollen Sie auf Ihr Recht angemessen medizinisch behandelt zu werden, wenn es nötig ist, verzichten?