Der Horror der Erwachsenenwelt
Das düstere Existenzdrama „Die Durstigen“ am Ulmer Akademietheater ist streckenweise harter Stoff
Ein Zettel liegt auf jedem Sitz. „Das Stück handelt nicht von dir, sondern von deinem Nachbarn“, steht darauf. Freilich, jeder hat einen Sitznachbarn, und so meint Leonie Hassfelds Inszenierung von „Die Durstigen“ des französisch-kanadisch-libanesischen Autors Wajdi Mouawad eben doch jeden Zuschauer persönlich. Leonie Hassfeld platziert als ihre erste Regiearbeit am Ulmer Akademietheater Mouawads düsteres Existenzdrama „Die Durstigen“ („Les Assoiffés“, 2006) in eine mit leeren Getränkedosen vermüllte, emotionslos-kalte Gerichtspathologie im Keller eines Gebäudes, die durch die Souterrain-Lage des Akademietheaters glaubwürdig wird.
Irgendwann, mit 16 oder 17, endet die Magie der Kindheitsträume und man erkennt, dass man allein ist im eigenen Leben. So auch der Pathologe Chris (Tim Richter), der als „Boon“ genannter Jugendlicher davon träumte, Schriftsteller zu werden und den Figuren seiner Fantasie literarisches Leben einzuhauchen. Stattdessen arbeitet er 15 Jahre später als Pathologe in den Kellerräumen, wo er seine Ruhe hat, mit den Körpern von Menschen, die kein Leben mehr haben. Eigentlich logisch, wenn man der Kernaussage des Stückes folgt: dass in der Welt der Erwachsenen kein Raum ist für Lebensfreude, für Liebe, Fantasie und Schönheit. Chris hat mit jener Zeit seines Lebens, als er noch seinen Träumen folgte, abgeschlossen – bis eine Wasserleiche auf seinem Tisch landet. Was er zu untersuchen hat, sind die körperlichen Überreste seines Jugendfreundes Sylvain Murdoch, der als 17-Jähriger verschwand. Der Pathologe taucht tief in seine damalige Existenz, wühlt in den Gedärmen der Erinnerung. Boons Fantasiefigur, das rebellische Mädchen Norway, erwacht zum Leben und wird zur jungen Frau, die mit Murdoch starb: Es gibt an der Schwelle zum Erwachsenwerden nur den Tod, sagt das Stück. Den inneren, den der Träume und Hoffnungen, oder den äußeren, endgültigen.
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