Kunst in der Stiege: Augen auf beim Spazierengehen
Mélanie Rostagnat zeigt in der Stiege, welche Kunst man auf Bürgersteigen entdecken kann. Worauf es beim Entdecken ankommt.
Daheim in Frankreich war Mélanie Rostagnat einfach achtlos über all die besonderen Anblicke hinweggelaufen – so wie alle anderen auch. Sie musste erst in den Libanon, nach Beirut, reisen, um ihr künstlerisches Sujet zu entdecken: Denn in dieser Stadt ist man als Fußgänger wegen der vielen Schlaglöcher gut beraten, beim Laufen auf den Boden zu gucken. Rostagnat tat dies – und entdeckte plötzlich bunte Fliesen, Zeichnungen und Symbole. Sie war fasziniert und machte ihr erstes Handyfoto eines Bürgersteigs. Viele weitere in anderen Städten sollten folgen: In der Stiege an der Herdbrücke sind unter dem Titel „Les Trottoirs“ derzeit mehr als 50 dieser Bilder zu sehen.
Die Autorin und Fotojournalistin Rostagnat, 33, fertigt jedes Gehweg-Bild auf die gleiche Weise an: Sie fotografiert möglichst gerade den Boden vor sich, so dass stets von unten ihre Schuhe ins Motiv ragen. Die strenge Serialität macht den Reiz dieses Projekts aus, das ursprünglich gar nicht als Kunstaktion geplant war. Rostagnat fotografierte einfach, was ihr auf dem Boden gefiel: Arbeiten von Straßenkünstlern, aber auch kuriose Fundstücke wie die Umrisse eines Ahornblatts, das bei Straßenmarkierarbeiten seine Abrisse in der weißen Farbe hinterließ. Kunst auf dem Gehweg, sagt die Französin, gebe es nach ihren Erfahrungen praktisch überall auf der Welt. „Les Trottoirs“ ist auch ein Archiv für diese Kreationen, die viele Passanten mit Füßen treten. Soweit bekannt, nennt die Fotografin die Namen der Urheber, etwa den von Ememem, der in Lyon Löcher im Pflaster kunstvoll mit bunten Fliesen flickt.
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