Landwirte: Alle müssen helfen, die Bienen zu retten
Die Bauern befürchten große Probleme, sollte das Gesetz geändert werden. Sie unternehmen schon jetzt einiges für den Artenschutz, sagen zwei Vertreter.
Das Volksbegehren für den Artenschutz unter dem Motto „Rettet die Bienen“ läuft seit vergangenem Donnerstag. Noch bis zum 13. Februar können sich die Bürger bayernweit eintragen – eine Million Unterschriften braucht es, damit die Aktion auf Initiative der ÖDP durchgeht. Die Kleinpartei und einige Mitstreiter fordern zahlreiche Neuerungen im bayerischen Naturschutzgesetz, unter anderem mehr ökologische Landwirtschaft. Die Flächen für Bio-Anbau sollen bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent steigen.
Vor allem an dieser Forderung stört sich Andreas Wöhrle, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes. Der Landwirt aus Pfaffenhofen sagt: Das Volksbegehren sei sicherlich gut gemeint, aber einseitig. „Wenn ich das Bio-Angebot aus dem Nichts pauschal erhöhe und die Verbraucher die Produkte nicht kaufen, funktioniert das nicht.“ In diesem Fall bleibe nur der Weg, das Angebot zu senken oder eben die Preise – doch schon jetzt verkauften viele Landwirte ihre Bio-Produkte zu konventionellen Preisen. „Da sind die Verbraucher gefragt, sie sollten mehr Bio-Lebensmittel aus Bayern kaufen.“
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Da hat der BBV durchaus Recht: Nicht allein die Landwirte sind schuld. Aber es ist nun einmal Fakt, dass mehr als die Hälfte der Fläche in Deutschland landwirtschaftlich genutzt wird (Quelle: Umweltbundesamt). Bereits 2011 hat der EU-Rechnungshof bemängelt, dass Landwirte Gelder aus EU-Umweltprogrammen bekommen , ohne dafür entsprechende Leistungen bringen zu müssen. 2018 erneuerte er die Kritik, dass der größte Teil der Gelder, falls diese weiterhin Direktzahlungen auf Grundlage der Größe der genutzten Fläche wären, viele Umweltbelange nicht berücksichtigen könnte (Quelle: proplanta). Einige Maßnahmen sind Geldverschwendung bzw. honorieren Selbstverständliches (z.B. Mulchsaat als Erosionsschutz - oder: Welcher Häuslesbesitzer bekommt denn Zuschüsse dafür, sein Dach neu zu decken, damit seine Wohnung nicht an Wert verliert?), andere sind zu gering dotiert (z.B. extensive Grünlandnutzung). Und Nitrat im Grundwasser oder Sedimente in Fließgewässern stammen nicht nur, aber überwiegend aus der Landwirtschaft. Deshalb muss man in der Fläche ansetzen. Mit Freiwilligkeit hat man in Bayern in den letzen Jahrzehnten nur die Ausgaben erhöht, aber kaum etwas erreicht. Wiesenbrüter wie Kiebitz und Brachvogel bringen keinen Fuß mehr auf den Boden, weil sie früh brüten, aber immer früher gemäht, geackert und geeggt wird. Und was nützen Zwischenfrüchte im August (die vielfach erst im September zu blühen beginnen), wenn im Frühjahr alles blütenleer ist? Sollen Bienen und andere Insekten bis dahin Diät machen? Liebe BBVler, gebt doch einfach zu, dass nicht alles optimal ist! Immerhin habt Ihr ja selber dieses Jahr die Biodiversität als Schwerpunktthema erkoren. Zieht gemeinsam mit den Naturschutzverbänden an einem Strang und sorgt dafür, dass große und kleine Bauern gutes Geld für wirklich sinnvolle Maßnahmen zum Erhalt unserer Artenvielfalt bekommen. Und wenn dann günstiger UND naturverträglicher produziert werden kann, wird der Markt das dann auch aufnehmen.
Das Volksbegehren richtet sich nicht gegen die Landwirte. Zu den Unterstützern gehören der Kleinbauernverband AbL und die Bio-Erzeugerverbände; auch wenn es den BBV-Funktionären schwerfällt, das anzuerkennen: Auch Klein- und Biobetriebe gehören zur Landwirtschaft.
Für die Landwirtschaft insgesamt ist das Volksbegehren eine große Chance; Höfesterben und Artensterben sind zwei Seiten derselben Medaille. Bauern und Naturvielfalt leiden unter demselben System mit seinen Zwängen zur immer intensiveren Bewirtschaftung und zur Maximierung der Erträge. Die im Volksbegehren vorgeschlagenen Maßnahmen sind noch nicht der Systemwechsel, können aber eine Initialzündung dafür sein. Ausschlaggebend dafür ist dann, wie die Staatsregierung die neuen gesetzlichen Vorgaben umsetzt.
Außerdem bietet das Volksbegehren den bayerischen Landwirten die Möglichkeit zur Imagekorrektur. Weite Teile der Bevölkerung sehen in den Landwirten nur noch undankbare Subventionsempfänger, die staatliche Zuwendungen dafür einsetzen, die Heimat zu zerstören. Ich bemühe mich immer, wenn ich auf solche Ansichten treffe, sie unter Verweis auf die geschilderten Systemzwänge und die Leistungen der einzelnen Landwirte und ihre Aufgeschlossenheit für den Naturschutz zu korrigieren; aber die öffentliche Gegnerschaft der Bauernverbands-Funktionäre zu nötigen Korrekturen am System nährt die Vorurteile.
Zu dem Vorwurf, die Unterstützer des Volksbegehrens würden die Schuld einseitig bei den Bauern suchen, kann ich nur auf die Arbeit der beteiligten Naturschutzverbände (z.B. www.lbv.de) verweisen: Diese bemühen sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit, die Menschen in Bayern umfassend (d.h. auch zu Gartengestaltung und Einkaufsverhalten) zu informieren; diese Arbeit werden sie bestimmt nicht mit dem Erfolg des Volksbegehrens einstellen. Dass die industrialisierte Landwirtschaft besonders großen Anteil am Artenschwund hat, ist gut belegt (s.u. die Linksammlung). Zudem kann man durch Änderungen des Regelungsrahmens für die Landbewirtschaftung Effekte für eine sehr große Fläche erzielen.
Für die Fakten, die den im Volksbegehren Artenvielfalt angestrebten Regelungen zugrundeliegen, möchte ich nur beispielhaft auf ein paar Veröffentlichungen der letzten Wochen verweisen:
www.faz.net/aktuell/wissen/leben-gene/mehr-als-die-haelfte-der-feldvoegel-in-europa-ist-verschwunden-16004132.html
www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/pestizide_kleingewaesser/ (Die ANL ist eine Institution des Landes Bayern.)
Sehr differenzierte Diskussion: www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-forum/kann-die-landwirtschaft-es-verbrauchern-noch-recht-machen/-/id=660214/did=22987494/nid=660214/g0pclg/index.html