
Das Münster lässt die Sonne rein

Zu Pfingsten soll in der Turmhalle Rafael Lozano-Hemmers „Solar Equation“ leuchten. Doch die Installation ist eine Herausforderung, vor allem wegen Denkmalschutz und Sicherheit.
Die richtige Sonne ist 200 Millionen mal größer. Doch ein wenig soll mit Rafael Lozano-Hemmers „Solar Equation“ im Münster schon die Sonne aufgehen – vor allem für das Turmjubiläum, das spätestens nach der Absage des Oratoriums eher von dunklen Wolken überschattet schien. Da kommt „Solar Equation“ gerade recht, schließlich ist die Installation, die ab Pfingstsonntag in der Turmhalle zu sehen sein wird, eine maßstabsgetreue Nachbildung der Sonne. Doch bis zu deren Aufgang müssen noch einige Herausforderungen gemeistert werden. Diese Woche soll der Aufbau beginnen.
Der Künstler selbst freut sich offenbar auf das Projekt in Ulm – zumindest ist das aktuelle Porträtfoto auf seiner Internetpräsenz unverkennbar auf dem Münsterplatz entstanden. Neu ist „Solar Equation“ allerdings nicht, die Installation war schon zweimal zu sehen: 2010 im australischen Melbourne und 2013 im englischen Durham. Doch es gibt einen Unterschied: In Ulm kann die Arbeit erstmals im Innenraum bestaunt werden, was nicht nur Auswirkungen auf die Größe hat: Statt zwölf Metern Durchmesser hat der mit Projektoren angestrahlte Ballon, der das Herzstück von „Solar Equation“ ist, in Ulm nur sechs Meter. Doch auch die Wirkung soll dadurch eine ganz andere sein. Sabrina Neumeister, Leiterin der Abteilung Kultur bei der Stadt Ulm: „Die Sonne befindet sich zwar im Münster, soll aber weit darüber hinausstrahlen.“ Die Installation solle einen neuen Blick auf das Gotteshaus und seine Bedeutung ermöglichen.
Doch bevor „Solar Equation“ diese metaphysischen Sphären erreichen kann, müssen zunächst die Handwerker loslegen. Während die Ballonhülle und zwei Ersatzhüllen Neumeister zufolge bereits gefertigt sind, hat die Anbringung des Kunstwerks im Vorfeld einiges Kopfzerbrechen ausgelöst. Denn in einem historischen Gebäude gelten natürlich ganz andere Voraussetzungen als unter freiem Himmel. Das weiß auch Dekan Ernst-Wilhelm Gohl: „So ein Kunstprojekt ist immer eine Herausforderung.“ Und „Solar Equation“ sei in Sachen Installation das bisher wohl aufwendigste im Münster. So musste erst eine Tragekonstruktion ausgetüftelt werden, die den Sonnenball trägt, ohne das Denkmal zu beschädigen. Ein weiteres Problem ist die echte Sonne: Vor allem am Nachmittag fällt das Licht so flach in den Kirchenraum, sodass die Wirkung der Arbeit dadurch beeinträchtigt wäre. Lozano-Hemmer bestand deshalb von Anfang an auf einer Verdunkelung, was wegen des Denkmalschutzes wiederum eine Kniffelaufgabe ist: Bohren oder Dübeln ist im altehrwürdigen Münster keine Option. Kulturdezernentin Neumeister: „Die Siemens-Lufthaken sind leider noch nicht erfunden.“
Doch das dringendste Problem ist die Sicherheit – und das nicht etwa, weil der Sonnenball im Fall eines Absturzes an sich eine Gefahr wäre: Der Ballon hat nur ein geringes Eigengewicht. Doch genau über diesem befindet sich im Gewölbe ein Loch, durch das im Notfall auf dem Turm Verletzte nach unten abgeseilt werden können, wie Dekan Gohl erklärt: „Die Kugel muss so aufgehängt werden, dass sie leicht wieder abgenommen werden kann.“ Wie die NUZ erfuhr, soll es in der Aufbauzeit eine Rettungsübung geben, bei der durchgespielt wird, was im Ernstfall zu tun ist.
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