
Ulm
Ulmer Dekan bekommt Hass-Post gegen Juden

Bei den Gottesdiensten im Ulmer Münster soll am Sonntag den Opfern des Nationalsozialisten gedacht werden - eine Antwort auf Hetzschriften und Tabubrüche.

Die Münster-Gottesdienste am Sonntag, 27. Januar, sollen im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gefeiert werden. Dekan Ernst-Wilhelm Gohl hat diese Entscheidung getroffen, weil er zum wiederholten Mal Hass-Post mit judenfeindlichen Aussagen und Theorien in seinem Briefkasten gefunden hat. Darin sei unter anderem von der angeblichen jüdischen Weltverschwörung die Rede gewesen, berichtet der Geistliche.
Am 27. Januar 1945 wurde das KZ Auschwitz befreit. Deshalb wird an diesem Datum international der Opfer des Holocaust gedacht. Seit kurzem ist der Tag auch in der Evangelischen Kirche ein Gedenktag für diese Opfer. Weil der Jahrestag der Befreiung von Auschwitz auf einen Sonntag fällt, sieht Gohl eine gute Gelegenheit, das Gedenken in Gottesdienste einfließen zu lassen. Doch er betont: „Das ist keine politische Diskussion, die Predigt wird nicht missbraucht.“
Holocaust-Gedenken im Ulmer Münster
Der Theologe erinnert daran, wie die Sprache schon vor Beginn des Holocaust verrohte. Er beobachte nun wieder verstärkte und forschere Tabubrüche – zum Beispiel durch AfD-Politiker Björn Höcke. Auch die antisemitischen Äußerungen des baden-württembergischen AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon spricht Gohl an. Beschuldigen wolle er aber niemanden, versichert der Dekan: „In uns schlummert viel mehr im Verborgenen als wir uns zugestehen. Bei Vorurteilen und Feindbildern sind fast alle anfällig.“ Er sieht es als Aufgabe einer christlichen Gemeinde an, diese Probleme aufzugreifen.
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Anfang Oktober hatten Unbekannte Hakenkreuze und rechte Parolen auf eine Tür und auf Kirchenbänke im Ulmer Münster geschmiert. Seitdem, berichtet Gohl, seien drei oder vier Mal Briefe mit antisemitischem Inhalt bei ihm eingegangen. Auch früher habe er solche Hass-Post erhalten. Doch die Häufigkeit habe zuletzt zugenommen.
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