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Jörg Ebner: Der rebellische Bauernführer und sein tragisches Schicksal

Roggenburg

Als der Ingstetter Rädelsführer seinen Kopf verlor

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    Der Roggenburger Heimatverein hat 1987 in Ingstetten einen Brunnen errichtet, der an den Anführer des sogenannten Leipheimer Haufens, Jörg Ebner, erinnert.
    Der Roggenburger Heimatverein hat 1987 in Ingstetten einen Brunnen errichtet, der an den Anführer des sogenannten Leipheimer Haufens, Jörg Ebner, erinnert. Foto: Manuela Rapp

    Jörg Ebner kennen viele – zumindest vom Vorbeifahren. Erinnert doch in Ingstetten ein Brunnen an ihn. Ziemlich genau vor 500 Jahren wurde er nach der Schlacht bei Leipheim als einer der Haupträdelsführer im Bauernkrieg in der hiesigen Region enthauptet. „Die Bauern waren hier weit aufrührerischer als ihre Leidensgenossen in der Umgebung“, resümierte Archivpfleger Lothar Mareis. Mit einem Vortragsabend gedachte die Gemeinde Roggenburg der Ereignisse des Jahres 1525 in der voll besetzten Alten Roggenschenke. Sein Motto bezog sich auf eine der Hauptforderungen der Bauern: „Dass wir frei sind und frei sein wollen“

    War Jörg Ebner ein Rebell oder ein Freiheitskämpfer?

    Mit von der Partie waren neben Roggenburgs Archivpfleger Lothar Mareis unter anderem die Autorin Corinna Seidler, die die geschichtlichen Fakten mit Textstellen aus ihrem Roman „Zorn und Zehnt“ plastisch untermalte, sowie Stefan Elischer mit seiner Drehleier und Musikanten des Musikvereins Meßhofen.

    Zurück zu Jörg Ebner. „War er ein Rebell oder ein Freiheitskämpfer?“ fragte Lothar Mareis. Dies zu bewerten sei eine „schwierige Sache“, meinte er. „Wo Recht gegen Unrecht stand, beurteilen wir nicht.“ Viel sei nicht bekannt über ihn. Er stamme wohl aus dem Bayerischen und „ist als Leibeigener ans Kloster Roggenburg gegeben worden.“ In Ingstetten, so der Archivar weiter, habe er vermutlich auf einem Bauernhof gearbeitet.

    Wie Jörg Ebner ausgesehen hat, ist unbekannt

    Ein originales Bildnis von Jörg Ebner ist laut Lothar Mareis nicht überliefert. Immerhin: Auf der Ostseite des Oberen Tores in Weißenhorn ist er verewigt – auf einem um das Jahr 1922 entstandenen Gemälde. Danach orientiere sich wiederum die aktuelle Darstellung auf dem Ingstetter Brunnen, den der Verein für Heimatpflege 1987 zum Gedenken an ihn errichtet hat, erläuterte der Archivpfleger.

    Die damalige Gesellschaft, erklärte Lothar Mareis, war feudal geprägt. Ganz unten in dieser Ständegesellschaft standen die Bauern, Dienstleister und die kleinen Handwerker – immerhin rund 80 Prozent der Bevölkerung. „Ein großer Teil der Bauern war ihrem Grundherrn hörig.“ Diese „Beeinträchtigung ihrer Freiheit durch die Leibeigenschaft“ sei besonders bedrückend für sie gewesen. Bis zu 30 Prozent der Erträge mussten abgegeben werden, hinzu kamen ständige Frondienstleistungen.

    Nur gemeinsam konnten die Bauern etwas erreichen

    „Die Gesuche der Bauern wurden konsequent abgelehnt“, erklärte der Archivar. „Nur in größeren Haufen ließ sich etwas erreichen.“ Diese Erkenntnis hätten die Bauern im Laufe der Zeit gewonnen. In den „Zwölf Artikeln“ benannten sie im März 1525 in Memmingen ihre Forderungen nach mehr Rechten und der Aufhebung der Leibeigenschaft.

    Eingebettet waren diese Geschehnisse in eine Zeit großer Umwälzungen. Nur ein Stichwort: die Reformation. Als Luther die Reform der Kirche forderte, entflammte der Konflikt zwischen den Herrschenden und den Bauern. Nur: Der Reformator stand, kurz zusammengefasst, nicht aufseiten der Bauern. Ihm ging es um die Freiheit im Jenseits, nicht auf Erden.

    Am 1. April 1525 jedenfalls plünderte der Leipheimer Haufen, dem sich die Roggenburger Bauern angeschlossen hatten, das Kloster, das der Abt und die Mönche zuvor verlassen hatten „Sie wüteten auf brutalste Weise“, erklärte Lothar Mareis. Beim Gelage machte sich Jörg Ebner sogar zum neuen Abt. Tags darauf, nach dem Abzug der Leipheimer, stürmte der Illertisser Haufen das Kloster zum zweiten Mal.

    „Nach der Schlacht bei Leipheim war der Widerstand der Bauern fast gebrochen“, sagte der Archivar. „Überlebende Bauern wurden hart bestraft.“ Der trostlose Zustand der Unterschicht sei dadurch öffentlich geworden. Die Leibeigenschaft, so Mareis, wurde aber erst nach weiteren 300 Jahren abgeschafft

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