Schmierereien mit antisemitischem Inhalt sind Anfang Dezember des vergangenen Jahres in Langenau aufgetaucht. Unter anderem waren die Martinskirche und das Rathaus mit der Parole „Boycott Israel, Juden vergasen“ besprüht worden. Außerdem waren fünf Papiercontainer in Flammen aufgegangen. Nachdem ein 29-jähriger Tatverdächtiger ermittelt werden konnte, teilt die Staatsanwaltschaft Ulm mit, sie werde keine Anklage gegen den Mann erheben und begründet ihre Entscheidung.
Letztere sorgte bereits in den vergangenen Tagen für Unmut: „Bei allem Respekt für die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft halte ich die Einstellung des Verfahrens für einen Skandal. Bei dieser Tat handelt es sich nicht um eine x-beliebige Straftat eines Kleinkriminellen, die nach den Handbüchern eines juristischen Seminars behandelt werden kann, sondern es geht um puren Antisemitismus, der gerade in der jetzigen Zeit durch einen starken und wehrhaften Staat konsequent geahndet werden muss“, bezieht der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir Stellung. „Selbst wenn das Verfahren nur vorläufig eingestellt wird, ist das ein fatales Signal in einer Zeit, in der antisemitische Hetze immer mehr um sich greift“, erklärt er. Auch Langenaus Bürgermeisterin Daria Henning (parteilos) zeigte sich angesichts der Einstellung des Verfahrens „überrascht“.
Jetzt erklärt die Staatsanwaltschaft: Gegen den Beschuldigten habe lediglich ein Anfangsverdacht bestanden. Dieser habe sich allein darauf gegründet, dass der Beschuldigte sich im mutmaßlichen Tatzeitraum in unmittelbarer Nähe zu zwei Tatorten der Schmierereien befunden hatte. „Auf Ansprache durch die Polizei ergriff der Beschuldigte die Flucht und konnte im Nachhinein aufgrund einer DNA-Spur an dem von ihm als Fluchtfahrzeug verwendeten Fahrrad ermittelt werden.“
Der Verdächtige hat die Taten bestritten
Weitere Umstände, die für seine Täterschaft an den Schmierereien oder Brandlegungen sprechen, lägen jedoch nicht vor. Der Beschuldigte habe die Taten bestritten und ansonsten keine Angaben gemacht. Tatmittel wie Sprühdosen konnten bei ihm nicht gefunden werden. „Der Umstand, dass dieser vor der Polizei flüchtete, ließe sich unschwer dadurch erklären, dass er sich als vielfach vorbestrafte Person, welche auch bereits im Betäubungsmittelbereich aufgefallen ist, allgemein einer polizeilichen Kontrolle entziehen wollte“, erklärt die Staatsanwaltschaft.
Bei dieser Beweislage komme eine Anklageerhebung nicht in Betracht, da „kein über einen bloßen Anfangsverdacht gehender hinreichender Tatverdacht“ vorliege. Da allerdings mit Blick auf seine Flucht ein gewisser Restverdacht gegen ihn nicht vollständig ausgeräumt werden konnte, gleichzeitig aber ein dringender Tatverdacht wegen eines Wohnungseinbruchsdiebstahls im Bereich der Staatsanwaltschaft Ellwangen besteht, wurde das Langenauer Ermittlungsverfahren mit Bezug auf das dortige, bei dem eine deutlich schwerere Strafe droht, vorläufig eingestellt, führt die Staatsanwaltschaft Ulm aus.
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