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Neuer Professor für Game Studies an HNU: „Spielen ist meine Leidenschaft“

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Neuer Gaming-Professor an der Hochschule Neu-Ulm: „Spielen ist meine Leidenschaft“

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    Dr. Rudolf Thomas Inderst träumte lange von einer Professur. Jetzt ist sein Traum in Neu-Ulm wahr geworden.
    Dr. Rudolf Thomas Inderst träumte lange von einer Professur. Jetzt ist sein Traum in Neu-Ulm wahr geworden. Foto: Kilian Voß

    Die Videospielbranche boomt. Egal, ob auf dem Smartphone, der Konsole oder dem Computer, fast jeder zweite Deutsche zockt regelmäßig. Forscher begreifen das längst als gesellschaftliches Phänomen und schaffen neue Forschungsbereiche. Die Hochschule Neu-Ulm bietet seit einiger Zeit den Studiengang „Game-Produktion und Managment“ an. Mit Prof. Dr. Rudolf Thomas Inderst holt sich die Hochschule jetzt einen renommierten Experten an die Uni.

    Neu-Ulmer Professor betreute Spiele wie „Kingdom Come Deliverance“

    Inderst wurde vor 45 Jahren in München geboren. Schon als kleines Kind entdeckte er seine Leidenschaft für Videospiele: Bei einem Familienurlaub am Gardasee durfte er sich an Arcade-Automaten probieren. Diese Leidenschaft setzte sich bis in sein Studium fort. Inderst war fasziniert von der Idee, Videospiele und damit sein Hobby aus wissenschaftlicher Perspektive zu betrachten. Während seiner zwei Auslandssemester in Dänemark kam er das erste Mal mit „Game Studies“ in Berührung.

    Die frühen Zweitausender seien „eine ganz heiße Phase für Spielforschung“ gewesen. „Mir fiel auf, dass die Leute in Skandinavien Videospiele als legitimen Forschungsgegenstand betrachteten“. Nach seiner Promotion über Online-Rollenspiele arbeitete Inderst zuerst bei einem Subunternehmen des Gaminggiganten THQ Nordic. Hier betreute er bekannte Spiele wie Metro Exodus und Kingdom Come Deliverance. Zehn Jahre nach seinem Studium, mit dem zweiten Doktortitel in der Tasche, begann Inderst, an Hochschulen zu lehren.

    Aus Spielbegeisterten werden in Neu-Ulm Spieleanalytiker

    Nun verschlägt es ihn nach Neu-Ulm, wo er die neue Professur für Game Design und Game Studies übernimmt. „Ich habe mich drauf geschmissen, wie der Bär auf das Honigfass“, scherzt er. In seinem ersten Semester an der HNU gibt Inderst gleich vier Kurse. Ein wichtiger Teil: Game-Literacy. Dabei soll eine „Lesefähigkeit für Spiele“ hergestellt werden. Es ginge darum, kompetent mit dem Inhalt eines Spiels umzugehen. Zu verstehen, welche Aussagen durch das Spiel transportiert werden.

    „Da werden plötzlich Themen verhandelt, die vor 30 Jahren undenkbar gewesen sind.“ Spiele wie „Life is Strange“ tauchen tief in die Gefühlswelt und psychische Gesundheit ihrer Protagonisten ein. Die Wissenschaft stellt sich dabei unter anderem folgende Fragen: Wie werden Emotionen in Spielen verarbeitet? Wie übersetze ich Trauer in die Regelsysteme eines Games? „Die meisten Studenten kommen als Spielbegeisterte. Aber das reicht nicht, die müssen auch Spielanalytiker werden.“

    Die Spielforschung wird von vielen belächelt

    Von vielen werde die noch recht junge Disziplin belächelt. Doch Videospiele seien letztlich auch nur medial verarbeitete Texte, die wie Bücher oder Filme analysiert werden könnten. „Ich habe innerhalb der Game Studies sehr viele interessante Mitstreiterinnen und Mitstreiter gefunden. Und es waren durch die Bank Leute, die genau dieselbe Erfahrung gemacht haben, wie ich. Nämlich, dass sie in ihrer Forschung nicht für voll genommen werden“, sagt Inderst. „Spielen ist für viele nur in Ordnung, wenn du ein Kind bist oder es zu Gewinn führt, wie es im E-Sport der Fall ist. Aber Videospiele sind mehr als Unterhaltung oder Competition, nämlich ein gesellschaftliches Phänomen, das erforscht werden sollte.“

    Währenddessen boomt die Spielebranche. Laut Inderst zocken heute deutlich mehr Menschen als noch vor zehn Jahren. Das liege auch an Corona – während der Pandemie verbrachten viele Menschen ihre Freizeit mit Videospielen – und an dem starken Trend zum Handyspiel, auch Mobilegame genannt. Generationenübergreifend spielen Väter, Mütter und Kinder, sogar Großeltern Candy Crush, Farmville, Pokémon Go und andere erfolgreiche Handygames. Der Münchener versichert: „Das Smartphone ist die Spieleplattform Nummer Eins.“

    Die Kehrseite von Videospielen: In-Game-Käufe und Isolation?

    Obwohl Inderst ein großer Spielliebhaber ist, gibt es auch Aspekte an Videospielen, die er kritisch sieht: „Ich glaube schon, dass Games zum Problem werden können. Wenn ein Kind beispielsweise bereits Schwierigkeiten hat, Freunde zu finden, wenn die Lust, soziale Kontakte zu knüpfen, bereits gering ist.“ Dann könne übermäßiges Spielen auch zur sozialen Isolation beitragen. Hier sieht er die Eltern in der Verantwortung: „Prinzipiell ist eine verantwortungsbewusste Begleitung von Medien durch die Erziehungsberechtigten notwendig.“

    Auch sogenannte In-Game-Käufe sieht der 45-Jährige kritisch. Innerhalb eines Videospiele können dabei virtuelle Gegenstände und Gimmicks mit Echtgeld erworben werden. Manche Spieler investieren dabei hunderte Euros zusätzlich in In-Game-Käufe – in virtuelle Gegenstände, die unwiederbringlich verloren gehen, wenn die Entwickler die Server abschalten. Hier müsse man die Publisher stärker in die Verantwortung nehmen, erklärt Inderst. Notfalls müsste der Gesetzgeber einschreiten. „Man kann nicht die komplette Verantwortung auf den Endverbraucher abschieben.“

    Möglicherweise bald Promotion an der Hochschule Neu-Ulm möglich

    Gemeinsam mit seinen Kollegen möchte Inderst es Studierenden ermöglichen, an der HNU im Game-Bereich zu promovieren. Vorerst steht für ihn aber ein weiteres Projekt an: sein dritter Doktortitel. Die Doktorarbeit werde gerade geprüft. Dann habe er aber oft genug promoviert, sagt Inderst, während er bereits einen Schritt weiter denkt: „Jetzt müsste man eigentlich noch habilitieren.“

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