Ganze 2 Stunden und 20 Minuten ließ die ehemalige Grünenchefin Ricarda Lang die Zuschauerinnen und Zuschauer im Roxy auf sich warten. Dennoch erntete sie für ihre rhetorisch beeindruckende Rede großen Applaus. Grünenkadidat Marcel Emmerich bemühte sich, die lange Wartezeit zu überbrücken – auch mit Freigetränken.
Ricarda Lang lässt wegen Zugverspätung auf sich warten
Schon um kurz vor sechs füllte sich die Café-Bar des Roxys. Hier wollten politisch interessierte Bürgerinnen und Bürger den Auftritt von Ricarda Lang sehen. Doch wenig später stand nur ein sichtlich nervöser Marcel Emmerich auf der Bühne und verkündete, dass die ehemalige Bundesvorsitzenden der Grünen mit deutlicher Verspätung eintreffen wird. Ursprünglich sollte Lang um 18 Uhr in der Konzertlocation auftreten, doch die Deutsche Bahn und ein ausfallender Halt in Stuttgart verhinderten einen pünktlichen Start der Veranstaltung. „Wir wissen, dass sich viele Leute freuen, dass sie kommt. Deswegen möchten wir das heute nicht absagen“, beruhigte Emmerich das Publikum.
Und tatsächlich zeigten die meisten Besucher Durchhaltevermögen. Ein DJ, eine Rede und eine Fragerunde mit Direktkandidat Emmerich und Freigetränke auf Kosten der Partei überbrückten Wartezeit. Dann, um 20.20 Uhr, endlich die Ankunft von Ricarda Lang, die mit Applaus in dem nach wie vor gut gefüllten Foyer des Roxys empfangen wurde. Nach einer kurzen Entschuldigung und dem Hinweis, dass in der Schweiz siebenmal so viel Geld in die Bahn investiert wird, wie in Deutschland, begann Lang mit ihrer rhetorisch und thematisch ausgefeilten Rede.
Auch die Grünen tragen Schuld an starker AfD
Dabei sprach sie vorrangig bundespolitische Themen an: Die Antwort auf „America First“ müsse „Europa United“ – ein vereinigtes Europa – sein. Klimaschutz dürfe nicht auf Kosten der Mitmenschen vernachlässigt werden, denn Klimaschutz sei in erster Linie „Menschenschutz“. Mit Blick auf Techmilliardär Elon Musk sagte Lang: Man dürfe „die Zukunft nicht den Egoisten überlassen“. Superreiche müssten stärker besteuert werden. Auch auf die aktuelle Wirtschaftslage kam sie zu sprechen. Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, müsse mehr investiert werden. Stichwort: Reform der Schuldenbremse und Deutschlandfonds.
Aber Lang räumte auch Versäumnisse zu ihrer Zeit als Bundesvorsitzende der Grünen ein: Rückblickend hätte sie sich gewünscht, dass sie auf viele Fragen konkreter geantwortet hätte. „Ich hatte so starke Angst, etwas Falsches zu sagen, dass ich nicht wirklich auf die Fragen antworten wollte.“ In der Politik brauche es aber Ehrlichkeit und Mut zur Fehlerkultur. Und sie machte ein weiteres Eingeständnis: Auch die Grünen hätten eine Teilschuld daran, dass die AfD so erstarkt ist. Die Alternative für Deutschland habe es zu sehr geschafft, den politischen Diskurs vorzugeben. Im Anschluss an ihre Rede stellte sich Lang in einer kurzen, aber intensiven Fragerunde den Sorgen der Wählerinnen und Wähler.
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