In den Münchener Medien wurde Gordon Herbert vorab mit dieser Aussage zitiert: „Der Dienstag ist mir egal. Wir spielen, weil es im Plan steht.“ Wer Bayern München sowieso nicht mag, der wird das triumphierend als weiteren Beleg für die angebliche Arroganz dieses Vereins werten. Aber es ist auch eine andere Sichtweise zulässig: Der Trainer der Bayern-Basketballer spricht Klartext, wo viele seiner Kollegen rumfloskeln würden. Das Spiel gegen Ratiopharm Ulm war für die Bayern vielleicht nicht völlig egal, aber wichtig war es auch nicht. Wichtig ist für sie das am Donnerstag gegen Fenerbahce Istanbul. Dann geht es um die direkte Qualifikation für die Play-offs in der Euroleague und damit möglicherweise darum, ob die erste Herbert-Saison in München im Rückblick als eine gelungene oder eine verkorkste gewertet wird. Deutscher Meister werden die Bayern dagegen wahrscheinlich sowieso, obwohl sie an diesem bewussten Dienstag das nominelle Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga in der Ratiopharm-Arena mit 94:109 verloren haben. Die Ulmer und ihr Anhang in der mit 6000 Zuschauern und Zuschauerinnen ausverkauften Halle feierten trotzdem völlig zurecht das Ergebnis, ihre Mannschaft und deren erneut starke Leistung gegen einen Gegner, der nicht den Eindruck machte, als sei ihm dieses Spiel egal.
Bayern München ohne Trainer Gordon Herbert
Angereist war der Bayern-Tross diesmal erst am Spieltag - das entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten bei der sportlichen Weltmarke. Aber der Terminplan ist eben voll und die Prioritäten sind, wie sie sind. Devin Booker, Vladimir Lucic und Shabazz Napier waren gar nicht erst mitgekommen nach Ulm. Auch Herbert selbst fehlte wegen einer Augenentzündung. Trotzdem steckt in dieser Mannschaft immer noch so viel Bayern München, dass man als Ulmer Fan auch stolz sein darf auf einen Sieg gegen dieses Starensemble in der Besetzung vom Dienstagabend.
Ratiopharm Ulm spielt wieder mit Nelson Weidemann
Die Ulmer ihrerseits traten übrigens wieder in bestmöglicher Besetzung an. Also auch mit dem Ex-Münchener Nelson Weidemann, der zwei Tage zuvor gegen Chemnitz noch krank gewesen war. Ein ganz so grandioses erstes Viertel wie gegen Chemnitz spielten sie trotzdem nicht, aber ein immer noch sehr gutes. Nach diesem Spielabschnitt führten sie zweistellig mit 28:16 gegen ein Bayern-Team, bei dem immer noch Kaliber wie Carsen Edwards, Nick Weiler-Babb und Johannes Voigtmann auf dem Parkett standen. Nach einem anschließenden 13:2-Lauf war der amtierende deutsche Meister zwar wieder bis auf einen Punkt ran gekommen, nach einem mehr als fragwürdigen unsportlichen Foul von Justinian Jessup an Edwards ging er dann sogar mit 43:41 in Führung. In die große Pause nahmen die Ulmer dann aber wieder einen 57:51-Vorsprung mit. Was viel zu tun hatte mit Alfonso Plummer, der in den ersten beiden Vierteln 20 Punkte machte und vier Dreier ohne Fehlversuch versenkte. Apropos Dreier: Mit zehn Treffern bei 14 Versuchen hatten die Ulmer auch als Mannschaft eine herausragende Quote.
Im dritten Viertel war er dann erstmals von den Rängen in der Ratiopharm-Arena zu vernehmen, der Evergreen von den Bayern und den Lederhosen. Das beeindruckt natürlich eine Mannschaft wenig, die es gewohnt ist, in der Euroleague in den Hexenkesseln von Belgrad, Athen und Kaunas zu spielen. Aber München kam auch nicht entscheidend ran an die Ulmer, die mit einer wieder zweistelligen 85:75-Führung in den Schlussabschnitt gingen. In dem kämpften die Bayern weiter mit aller Kraft gegen die Niederlage an, obwohl sie zwei Tage vor Fenerbahce alles weniger hätten gebrauchen können als eine durchaus mögliche Verlängerung. Aber die blieb ihnen auch deutlich erspart, nachdem zunächst Plummer seinen siebten Dreier eingenetzt hatte und dann Philipp Herkenhoff, Karim Jallow und Justinian Jessup von draußen nachlegten zum 109:94. Am Ende holte sich Ulm nach der Achtpunkte-Niederlage im Hinspiel sogar den direkten Vergleich.
Beste Ulmer Werfer waren Alfonso Plummer mit 29 und Justinian Jessup mit 21 Punkten.
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