Sowohl bereits international bekannte als auch aufstrebende junge Künstlerinnen und Künstler am Anfang ihrer Laufbahn, Großformatiges und Kleinformate, unterschiedlichste Materialien und viel zum Staunen: Dem Ulmer Kunstverein gelingt mit seiner „Jahresgaben 2025“-Ausstellung, die derzeit im Schuhhaussaal zu sehen ist, eine enorme Bandbreite. Die gezeigte Kunst ist zum Preis zwischen wenigen hundert Euro und rund 15.000 Euro zu erwerben; der Erlös unterstützt den Kunstverein.
Gehörlose Künstlerin verarbeitet ihrer Biografie in ihrem Werk
So verschieden und breit gefächert die gezeigte Kunst ist: Michael Günzer, Zweiter Vorsitzender des Ulmer Kunstvereins, und der Berliner Künstler Dennis Buck haben Werke von 13 Künstlern zusammengetragen, die eines verbindet: Sie sind spannend, überraschend. Man habe sogar bereits Kaufinteresse aus dem Ausland signalisiert bekommen, so Günzer. Zum Beispiel ist da ein Gemeinschaftswerk der 1980 in Kalifornien geborenen und in Berlin lebenden Künstlerin Christine Sun Kim und ihres Ehemannes Thomas Mader. Die Arbeit in warmen und kalten Tönen spricht zunächst aufgrund ihrer Ästhetik an. Betrachtend erkennt man dann die in die Farben geschriebenen Laute „hoo“ und „haa“: Das Werk hat viel mit der Biografie der gehörlos geborenen Künstlerin zu tun, die diese Laute in Therapien als Kind sprechen sollte, und damit mit Wahrnehmung und Kommunikation, dem Thema des Künstlerpaares.
Seine eigene Biografie strahlt auch beim 1991 in der Elfenbeinküste geborenen und in Berlin lebenden Künstler Robin Rapp aus. In seinen Arbeiten tauchen immer wieder er selbst und Menschen aus seinem Umfeld auf. Rapp schuf das großformatigste der gezeigten Bilder, das sich auf eine Kindheitserinnerung des Künstlers beziehen dürfte, wie Michael Günzer vermutet. Ein Mensch mit europäischer Physiognomie beugt sich mit ausgestrecktem rechtem Arm zu dem Kind hinunter. Ist die Geste gönnerhaft? Helfend? Man kann lange stehen und rätseln.
Metallarbeiten von Antonia Nannt geben Rätsel auf
Rätsel gibt dem Betrachter auch Antonia Nannt auf, die aus Metzingen stammt und in Berlin lebt. Von ihr sind Arbeiten zu sehen, die beide mit ihrem hohen Anteil an Metall etwas mit der Kindheit der Künstlerin als Tochter eines Gebrauchtwagenhändlers zu tun haben können. Das eine Werk wirkt mit seinen Rosen, durchbrochenen Spitzen und in seiner Formgebung wie ein kleinbürgerliches Kissen aus dem Schrank der Urgroßmutter. Die aufgeschweißte Schrift: „My husband was my pillow.“ „Was“, nicht „is“? Ja, Rätsel – auf wen als Ehemann mag sich die Schrift beziehen? Eine Metallblüte mit bewusst zu Boden gefallenem Blatt weist Schriftzüge auf, die den Betrachter nach Erklärungen suchen lassen.
Auch bei dem aus Waiblingen stammenden Peter Böhnisch und bei der in Neu-Delhi geborenen Künstlerin Amrita Dhillon sucht man – weniger nach Interpretationen, sondern zuallererst danach, auf welch faszinierende Weise die Kunstwerke zustande gekommen sein mögen. Amrita Dhillons Ölgemälde entstehen auf Velourssamt. Dieses weiche und sehr saugfähige Material schluckt viel von der aufgetragenen Farbe und lässt die – ein wenig an indische Filme erinnernden – gemalten Szenen tief, mystisch und rätselhaft wirken. Peter Böhnischs Bilder sind nicht gemalt. Das in der Ausstellung gezeigte Portrait beispielsweise entstand aus Sand und Pigmenten aus dem sehr harten Mineral Korund, unter dessen Varietäten Saphir und Rubin sind. Die bekannteste ausgestellte Künstlerin dürfte die Berliner Malerin Conny Maier sein, deren kleinformatige Gabe auch das teuerste unter den erwerbbaren Bildern ist.
Info: Die „Jahresgaben 2025“-Ausstellung ist bis zum 30. März im Ulmer Kunstverein im Schuhhaus zu sehen.
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