
Ulm bekommt für B10-Baustellen so viel Fördergeld wie keine Kommune zuvor

Plus Baden-Württemberg zahlt 104,8 Millionen Euro für den Neubau von Wallstraßenbrücke und Blaubeurer-Tor-Tunnels. Neue Methode soll Kosten und Zeitplan sichern.

Eine Rekordsumme für ein Projekt der Superlative: Baden-Württemberg unterstützt den Neubau der Wallstraßenbrücke und des Blaubeurer-Tor-Tunnels in Ulm mit 104,8 Millionen Euro. Das sei in etwa so viel Fördergeld, wie im laufenden Jahr an alle anderen Kommunen im Land ausgeschüttet worden sei, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Freitag im Ulmer Rathaus. Es ist nicht der einzige Rekord. Bei der Planung für die Bauarbeiten setzt die Stadt auf ein neues Verfahren, das mehr Sicherheit bei Zeitplan und Kostenrahmen bringen soll.
207,7 Millionen Euro sollen die neue Brücke über die Bahngleise bei Ikea und der Tunnel kosten, der die Brücke über das Blaubeurer Tor ersetzen wird. Die neue Brücke soll etwas kürzer werden und mit dem 200 Meter langen Tunnel verbunden werden. Der Blaubeurer-Tor-Ring wird aufgelöst und durch zwei Kreuzungen mit Ampeln ersetzt. Die Idee für den Tunnel, der das historische Tor freilegt und Platz für einen Park samt breiteren Fuß- und Radwegen schafft, stammt von Gerhard Fraidel. Der Ingenieur und Brückenfachmann arbeitet für die städtische Koordinierungsstelle Großprojekte. Die Arbeit dieses Teams hob Baubürgermeister Tim von Winning am Freitag besonders hervor. Mit Blick auf das in acht Raten ausbezahlte Fördergeld sagte er: "Ich weiß nicht, wie wir das sonst hätten schaffen sollen."
Wallstraßenbrücke und Brücke über das Blaubeurer Tor sind marode
Bis zu 86.000 Fahrzeuge rollen täglich über die Wallstraßenbrücke und die Brücke über das Blaubeurer Tor. Dank Kennzeichenauswertung ist bekannt, dass es sich zu 90 Prozent um innerörtlichen Verkehr handelt. Die beiden Bauwerke stammen aus den Jahren 1967 bis 1969 und sind marode. Womöglich hätte zumindest die Wallstraßenbrücke noch für einige wenige weitere Jahre gehalten werden können – aber mit dem Risiko, dass sich ihr Zustand so weit verschlechtert, dass sie gesperrt werden muss. Solche Fälle hat es andernorts bereits gegeben. In Ulm und Baden-Württemberg sollte eine derartige Entwicklung unbedingt vermieden werden, betonte Verkehrsminister Hermann. Zumal die neue Gestaltung die Lebensqualität in der Stadt verbessern werde. "Wir machen das gerne", sagte der Grünen-Politiker. "Es ist mit Abstand die größte Überweisung, die eine Kommune zur Sanierung von Straßen und Brücken bekommt", hob er hervor.
Das Regierungspräsidium Tübingen hat den Förderantrag geprüft. Noch nie sei das in so kurzer Zeit geschehen und noch nie habe er einen Förderbescheid in dieser Höhe unterschrieben, sagte Regierungspräsident Klaus Tappeser (CDU). Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU), der für den Termin im Rathaus seinen Urlaub unterbrach, bekannte: "So einen Tag möchte man öfter erleben." Die Förderung gebe der Stadt bei ihren Projekten Rückenwind, die beiden Sanierungen seien für die Stadt lebenswichtig. Ulm will die Verkehrsachse B10 und ihr Umfeld bis zur Landesgartenschau 2030 umgestalten und muss darüber hinaus zwangsläufig viel Geld in die Sanierungen von Straßen und Brücken stecken: rund 330 Millionen Euro in den kommenden zehn Jahren und damit etwa ein Drittel aller Ausgaben in dieser Zeit. Üblicherweise gehe Sorgfalt vor Tempo, hier sei beides geglückt. Die Geschwindigkeit, in der der Förderantrag gestellt und bewilligt worden ist, bezeichnete er als "atemberaubend".
Tunnel statt Brücke an der B10 in Ulm
Dass es so schnell ging, liegt auch an der Koordinierungsstelle Großprojekte. "Dafür sind wir da", sagte deren Leiter Harald Walter. Weiter geht es mit einer anderen Methode als sonst. Üblicherweise beauftragt die Stadt zunächst ein Planungsbüro, danach werden die Bauleistungen ausgeschrieben – in diesem Fall angesichts der Projektgröße EU-weit. Ulm setzt nun erstmals auf das Partnering-Verfahren, auch partnerschaftliches Bauen genannt. Wie Walter erklärte, legt das Planungsbüro nur einen Entwurf vor. Dann wird ein Bauunternehmen gesucht, das die weiteren Schritte gemeinsam mit dem Planungsbüro vorantreibt. "Wir versprechen uns davon mehr Terminsicherheit und mehr Kostensicherheit", sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Das Bauunternehmen könne sich mit seinem Erfahrungsschatz aus vielen Projekten einbringen. In Baden-Württemberg seien so Krankenhäuser gebaut worden, in der Hamburger Hafencity habe es ein Verkehrsvorhaben gegeben. Dort habe man sehr gute Erfahrungen gemacht, berichtete Walter aus einem Austausch mit der dortigen Stadtverwaltung. Dass alles glattläuft, ist bei dem Umbau entlang der B10 noch wichtiger als sonst: "Wir können uns keine große Verzögerung leisten." Der Koordinierungsstellen-Chef verwies auf den eng getakteten Zeitplan bis zur Landesgartenschau 2030 und auf die immense Bedeutung der Bauwerke für den Verkehr in der Stadt.
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