Am Ende stand Aussage gegen Aussage. Bis zuletzt blieb der heute 20-Jährige vor dem Amtsgericht Neuburg bei seiner Version, seine damalige Freundin im April 2023 nicht vergewaltigt zu haben. Doch das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Christian Veh hatte keine Zweifel an seiner Schuld und der Aussage des Opfers und verurteilte den Schrobenhausener zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er in zwei wenige Tage voneinander entfernten Fällen seine schlafende Freundin im Haus seiner Eltern gegen ihren Willen penetriert hatte.
Nachdem am ersten Prozesstag Mitte Mai noch keine Zeugen ausgesagt hatten, kamen diese am Montagnachmittag zu Wort. Schnell wurde dabei klar, dass die beiden damals 18-Jährigen keine normale, von gegenseitigem Vertrauen und Respekt geprägte Beziehung geführt hatten. „Der hat ständig gelogen“, sagte der Vater des Opfers. Richter Veh schlussfolgerte: „Eines stimmt auf jeden Fall – diese Beziehung war toxisch.“
Die junge Frau leidet auch heute noch unter der Vergewaltigung
Laut mehreren Zeugen leidet die junge Frau noch heute unter der Tat. „Immer wieder hat sie Alpträume, schläft schlecht und weint“, berichtete ihre Mutter. Nach der Tat habe ihre Tochter ihr lange nichts davon erzählt. Und als sie davon erfuhr, habe sie ihr davon abgeraten, zur Polizei zu gehen – aus Zweifeln daran, dass Täter ohne Beweise überhaupt verurteilt werden können. „Ich wollte auch nicht, dass sie das alles noch einmal durchleben muss“, sagte die Mutter. Ihre Tochter leide schon lange unter verschiedenen psychischen Problemen, nimmt starke Medikamente, die sie auch in den Tatnächten früh schläfrig machten. Nach den Taten sei alles noch viel schlimmer geworden. Deshalb war sie auch selbst nicht beim Prozess anwesend und wurde von ihrem Anwalt vertreten.
Nur ihrer älteren Schwester gegenüber öffnete sie sich. Bereits in der ersten Tatnacht schrieb sie ihr eine Nachricht: „Können wir über etwas Schlimmes reden? Mama darf aber nichts wissen.“ Wenige Tage später telefonierten die beiden. „Das klang für mich nicht so, als sei da irgendwas konstruiert gewesen“, sagte die ältere Schwester bei der Verhandlung. Die Schwester überredete sie schließlich, sich Unterstützung bei einer Fachberatungsstelle für sexualisierte Gewalt zu holen und die Taten anzuzeigen.
Das Schöffengericht hatte keine Zweifel an der Aussage des Opfers
Auch Richter Veh begründete das Urteil unter anderem mit der sehr detailreichen Aussage der jungen Frau. „Das erfindet man nicht einfach so.“ Je länger das Schöffengericht der etwa zweistündigen bei der Polizei aufgezeichneten Aussage des Opfers folgte, desto mehr „waren wir überzeugt, dass das auf eigenem Erleben beruht.“ Auch dass die junge Frau kein großes Strafverfolgungsinteresse zeigte, spreche dagegen, dass sie sich die Taten einfach ausgedacht hat. „Wir haben absolut keinen Zweifel daran“, sagte Veh. Das Urteil ist erst rechtskräftig, wenn keine Rechtsmittel dagegen eingelegt werden.
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