Ein perfektes Trio
„In a Land called Honalee“: Ein Folk-Abend in Ingolstadt mit höchstem Unterhaltungswert. Wie es die Musiker schafften, selbst Folk-Gegner zu überzeugen
Mal ehrlich, die schmucklosen Auftritte, die anstrengenden Texte zur Gitarre und die auf Dauer nervenden Stimmen – Folk-Musik ist nicht jedermanns Sache. Und doch vermochte es dieses Multi-Kulti-Genre aus eingewanderten Musikstilen, in besonderer Weise die Herzen der Zuhörer zu öffnen, ihre Seelen zu treffen. Die internationale Protestbewegung der 1960er-Jahre ist ohne die Folk-Szene nicht denkbar – oder umgekehrt. Eine der erfolgreichsten US-amerikanischen Musikgruppen dieser Zeit, war das gecastete Trio Peter, Paul and Mary. Seine Geschichte ist eine Geschichte von Zufall und Zaghaftigkeit, Selbstzweifeln und Sendungsbewusstsein, von großem Können und viel Glück.
Einen absoluten Glücksgriff hat auch der getan, der das Ingolstädter Trio gecastet hat, das die Protestsong-Ikonen in „In a Land called Honalee“ im Kleinen Haus des Stadttheaters Ingolstadt verkörpert: die absolut unblonde, stimmstabile Sarah Horak, der nur vordergründig leise Marc Simon Delfs, ein Könner an der Gitarre, und das Kraftpaket Matthias Zajgier harmonieren nahezu perfekt. Dieses Idealklang-Trio versucht sich erst gar nicht an der Imitation der zwei schnauzbärtigen Softies und der hochgewachsenen Blondine, weder im Erscheinungsbild, noch im Ton, sondern liefert eine ebenso gefühl- wie effektvolle Interpretation ihres Repertoires auf musikalisch hohem Niveau (Musikalische Leitung: Nina Wurman). Regisseur Niko Eleftheriadis will die Songs der drei feiern, wie er sagt, aber auch die Menschen hinter der Musik und die Zeitläufte anschauen. Lied für Lied vollzieht man die mit viel Charme und Selbstironie erzählte Karriere der drei nach, 18 Songs, die hin und wieder mit schrägen musikalischen Zitaten aus der Zukunft angereichert werden. Ob das Publikum unbedingt auch noch durch Mitmachaktionen und Freibier animiert werden muss, darüber kann man streiten. Die Premierenbesucher sind sowieso von Beginn an in Konzertstimmung und schon der erste Song vom Zitronenbaum schlägt ein. Spätestens bei „This Land is your Land“ muss mit Taub- und Blindheit geschlagen sein, wer nicht die Bezüge zur Gegenwart entdecken wollte, die während der rund 100 Minuten immer wieder in Ton und Bild den Horizont der nostalgischen Show erweitern. Per Kamera schaut man im doppelten Sinn hinter die Kulissen, die Backstage-Slapstick-Nummern liefern die Hintergründe der Erfolgsgeschichte im Schnellvorlauf. Die Widersprüche in Leben und Werk der drei Protest-Künstler lässt die Inszenierung nicht aus. Das markanteste Beispiel, die wunderbar doppelbödige Drachen-Performance zum vermeintlichen Kinderlied „Puff, the magic Dragon“. Die Frage, ob man mit Liedern über das Leid der Welt Geld verdienen darf, zeigt die Skrupel, mit denen das Trio sich immer wieder beschäftigte. Letztlich ersparte das der „braven weißen Band“ sowohl den Riesenskandal als auch die Heiligsprechung. Der Ingolstädter Peter, Paul and Mary-Abend ist ein Best-of-Ereignis von höchstem Unterhaltungswert mit viel Witz und Wahrheit, der das Zeug hat, die Spielzeit zu überdauern und Folk-Gegner zu Fans zu machen.
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