
E-Auto im Test: Komfortabel von Dresden nach Karlshuld?

Plus Unsere Autorin und ihr Mann haben sich einen E-Golf zugelegt. Nicht aus ideologischen Gründen, sondern weil es praktisch war. Das neue Auto holten sie in Dresden ab – und fuhren es von dort nach Karlshuld.
„E-Autofahren ist etwas für Asketen“, sagt mein Mann und schaltet die Heizung aus, sodass die Reichweitenanzeige uns wieder 190 statt 150 Kilometer vorhersagt. Ich habe schon damit gerechnet und sitze in meiner dicksten Winterjacke mit griffbereiter Mütze und Handschuhen auf dem Beifahrersitz. Am Vortag haben wir unseren funkelnagelneuen E-Golf in der Gläsernen Manufaktur in Dresden abgeholt – mit abgespecktem Corona-Programm.
Andrea Hammerl und ihr Mann aus Karlshuld entschieden sich für ein E-Auto
Unsere Entscheidung für einen Stromer ist keine ideologische gewesen – wird die Herstellung eingerechnet, fährt das E-Auto wahrscheinlich erst nach sechs bis zehn Jahren klimafreundlicher als der Verbrenner. Nein, wir haben uns ganz pragmatisch für den dank Auslaufmodell, Umweltbonus und niedriger Mehrwertsteuer auf etwa 50 Prozent vergünstigten E-Golf entschieden. Zehn Jahre Steuerfreiheit, danach 62 Euro pro Jahr, wenig Wartungskosten und kostenloses Laden beim Arbeitgeber meines Mannes. Und nicht nur dort, werden wir unterwegs erfreut feststellen. Die Heimfahrt haben wir uns für den nächsten Tag aufgespart, wer will schon die allererste E-Autofahrt in die Nacht hinein angehen?

Wir starten kurz vor 10 Uhr gut gelaunt in unser Abenteuer. Für den Tag ist weiter nichts geplant, 402 Kilometer liegen vor uns, mit einem Benziner oder Diesel wäre die Strecke in knapp vier Stunden zu schaffen. Wer E-Auto fährt, muss planen. Wir haben fünf verschiedene Apps, die Ladesäulen finden und zahlen, dazu zwei eigene und drei geliehene Ladekarten dabei. Plauen im Vogtland peilen wir als erstes an, bis dorthin sind es 150 Kilometer.
Ohne Heizung ist das locker zu schaffen, nur die Füße werden trotz warmer Winterstiefel langsam kalt. Die Apps hatten behauptet, die Ladestationen in der Tiefgarage im Landratsamt wären frei. Sind sie aber nicht. Wir zahlen 50 Cent Parkgebühren und kreiseln noch einmal durchs Einbahnstraßennetz. Erleichtert verbinden wir Auto und Ladesäule am Einkaufszentrum und bummeln knapp zwei Stunden durch Plauen, das wir ohne E-Auto nie aus der Nähe gesehen hätten. Altstadt und Thüringer Rostbratwürste sind es wert. Der Strom ist zwar kostenlos, beschert uns aber nur 60 Kilometer.
E-Mobilität: Die Schwierigkeit, eine Schnellladesäule zu finden
Es ist 15 Uhr, wir sind fünf Stunden unterwegs und haben 150 von 400 Kilometern geschafft. Jetzt muss eine Schnellladesäule her. Die einzig sicher erreichbare steht 50 Kilometer entfernt auf dem Autohof Münchberg. Der ist leicht zu finden, doch alle Ladesäulen sind defekt, das Problem sei bekannt, verrät die Hotline. Wir fahren zweimal quer durch Münchberg, langsam wird uns heiß, denn wir haben nur noch 20 Kilometer Reichweite. An der nächsten öffentlichen Säule, die erst neu gestartet werden muss, treffen wir einen Leidensgenossen vom Autohof wieder. Auch er ist mit seinem neuen E-Auto auf dem Heimweg – offenbar der einzige Grund, mit einem Stromer auf die Autobahn zu fahren.

Im BMW-Autohaus bekommen wir den Tipp, am Kaufland stehe eine kostenlose Schnellladesäule. Der Akku meines Smartphones geht langsam in die Knie, doch es führt uns noch zuverlässig auf den Kaufland-Parkplatz. Die Säule ist frei, problemlos zu starten und versorgt uns innerhalb von 50 Minuten mit 100 Prozent Akkuleistung für 200 Kilometer – 214 haben wir noch vor uns. Die Wartezeit verbringe ich im Supermarkt, zwischen Putzeimer und Gemüsewaage stehend, mit dem Smartphone in der Handtasche, aus der das Ladekabel in die Steckdose führt. Mein Mann kauft derweil Proviant. Anschließend fährt er nur noch 90 Stundenkilometer, in der Hoffnung, dass wir es ohne Heizung und mit gedrosseltem Tempo knapp bis nach Hause schaffen. Die Idee geben wir bald auf und steuern den Autohof bei Hilpoltstein an.
Andrea Hammerl: "Vielleicht fahren wir doch mal zur Oma in den Odenwald"
Mein Wunsch, die Heizung einzuschalten, wird mir gnädigerweise von Zeit zu Zeit erfüllt. Es ist stockfinster auf dem Autohof, wie in Münchberg stehen die Ladesäulen in der hintersten Ecke. Immerhin lässt sich die nächstbeste problemlos mit einer unserer Ladekarten starten. Nach 24 Minuten haben wir zusätzliche 16,5 Kilowattstunden für 8,19 Euro im Akku, womit wir leicht nach Hause kommen. Während wir uns bislang einig waren, „nie wieder Langstrecke, schon gar nicht Autobahn mit diesem Auto“, gewinnen wir auf der letzten Etappe wieder Humor und Freude daran zurück. Vielleicht fahren wir doch mal zur Oma in den Odenwald mit dem E-Golf. Für 280 Kilometern müsste eine Schnellladesäule unterwegs reichen.
Eine App verrät, dass es in Reichweite eine solche auf einem Discounterparkplatz gibt. Kostenlos, leider auch alternativlos, denn ringsum stehen allenfalls Typ 2 Säulen wie in Plauen. Aber im Sommer, wenn es schön warm ist und die Cafés wieder offen, dürfte das kein Problem sein.
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Die Diskussion ist geschlossen.
>> Ohne Heizung ist das locker zu schaffen, nur die Füße werden trotz warmer Winterstiefel langsam kalt. <<
Das ist doch einfach unbequem? Ein E-Auto ohne Wärmepumpe würde ich mir vielleicht als Gastwirt auf einer griechischen Insel zulegen. Im real existenten mitteleuropäischen Winter ist es auch mit Klimawandels schlicht zu kalt.
>> Es ist 15 Uhr, wir sind fünf Stunden unterwegs und haben 150 von 400 Kilometern geschafft. <<
Mit Tempo 90 dicht hinter einem LKW wäre mehr drin gewesen...
>> Die Wartezeit verbringe ich im Supermarkt, zwischen Putzeimer und Gemüsewaage stehend, mit dem Smartphone in der Handtasche, aus der das Ladekabel in die Steckdose führt. <<
Powerbank?
>> Nach 24 Minuten haben wir zusätzliche 16,5 Kilowattstunden für 8,19 Euro im Akku <<
So teuer ist das gar nicht...
Der alte E-Golf ist tolles Auto für Stadt und Umgebung - zum Abholen würde ich aber ein Gespräch bzgl. des alten Autotransporters mit dem rumänischen Autohändler in der Straße führen ;-)
P.S.
Zehn Jahre Steuerfreiheit, danach 62 Euro pro Jahr? Ich zahle für meinen Benziner Opel Astra 38 Euro pro Jahr. Mir scheint, da holt sich jemand das Geld später wieder zurück...