
Schlicht und ergreifend mit der Gitarre

Alejandro Carrillo Gamboa spielte „Lateinamerikanische Saitenklänge“ im Neuburger Schloss
Im weißen Saal im dritten Stock des Neuburger Schlosses spielte am Samstagabend Alejandro Carrillo Gamboa „Lateinamerikanische Saitenklänge“. Kurz zuvor hatte dichtes Schneetreiben die Altstadt in eine dicke Schneedecke gehüllt und die Anfahrt erschwert. Trotzdem fanden sich über hundert Zuhörer ein, um sich von Gamboa – vielen bekannt von den Gitarrenfestivals im Museumsgarten – musikalisch in wärmere Länder entführen zu lassen.
Mit zwei kräftigen Akkorden und anschließendem geschmeidigen Fingerpicking eröffnete er die Reise, die mit spanischen Gitarrenklängen aus der Renaissance begann und durch Raum und Zeit führte mit ausgiebigen Aufenthalten in Gamboas lateinamerikanischer Heimat. Ein Zwischenstopp in Nordamerika musste jedoch zuvor noch sein, denn seine Interpretation von Mason Williams 60er-Jahre-Hit „Classical Gas“ gehört zum Standardprogramm. „Musik aus Südamerika kann vieles sein“, erklärte Gamboa dem aufmerksamen Publikum, „Akzente, Dialekte, Harmonie und Dissonanzen können in einem Stück kombiniert werden.“ Manchmal etwas schräg und wehmütig klingt deshalb Musik aus Brasilien, sentimental die an eine Volksweise angelehnte Komposition aus Kuba. Einen Tag im November beschreibt der Kubaner Leo Brouwer, den Gaboa mit viel feinfühliger Poesie interpretiert. Es ist die Fähigkeit des Musikers, Bilder zu erzeugen, die den Abend so spannend macht. In einer Eigenkomposition bebildert er seine Kindheit in Mexiko: vom Kind, das vorsichtig laufen lernt, bis zum Jugendlichen, dessen Leben allmählich Tempo aufnimmt.
„Wie kann man eine Kultur in Musik beschreiben?“, das frage er sich immer wieder, sagte Gamboa. „Wir sind vielleicht nicht nur romantisch, sondern auch ein bisschen kitschig.“ Das amüsiert das Publikum und zum Beweis spielt er zwei Romanzen von Joacim Caspar Mertz und Nicolo Paganini mit viel zarter Romantik und reich an verspielten Varianten. Aus Argentinien kommt eine schwermütige Moll-Komposition, die Gamboa aufheitert mit einer eigenen Ergänzung am Ende, tänzerisch und mit beschwingtem Dreivierteltakt. Zurück in Spanien erinnerte Isaac Albeniz’ „Asturias“ an sonnenbeschienene Landschaften. Bis dahin lauschten die Zuhörer konzentriert und mit scheinbar angehaltenem Atem dem feinfühligen, hochsensiblem Spiel des Mexikaners. Dann löste sich die Anspannung und begeisterter Applaus brauste auf. Fünf Zugaben schenkte er dem Publikum – von Bésame Mucho bis La Bamba, von schwungvoll bis schwermütig – die ganze Bandbreite seines Könnens wiederholte er in Kurzform, unplugged, schlicht und ergreifend im wahrsten Sinn der Worte. (amei)
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