
Abhöraffäre: Mobbing oder Dienstvergehen?


Ein Angeklagter gibt zu, Gespräche im Landratsamt Neuburg heimlich mit seinem Diktiergerät aufgezeichnet zu haben. Er rechtfertigt das damit, von Kollegen und Vorgesetzten gemobbt worden zu sein.
Der Fall des suspendierten Landratsamt-Beamten, der seit Mittwoch erneut unter anderem wegen geheimer Gesprächsmitschnitte vor dem Neuburger Amtsgericht steht, bleibt auch im zweiten Anlauf mühsam. Denn obwohl der Angeklagte uneingeschränkt einräumt, zwischen 2004 und 2009 Gespräche mit Kollegen, Vorgesetzten und Verhandlungspartnern heimlich mit seinem Diktiergerät aufgezeichnet zu haben, rechtfertigte er sein Tun erneut damit, von Kollegen und Vorgesetzten gemobbt worden zu sein. Mit den Aufzeichnungen wollte er sich vor falschen Behauptungen schützen.
Während der Angeklagte von einem „katastrophalen Arbeitsklima“ sprach, das ihn nervlich so sehr belastete, dass er sich letztlich in psychotherapeutische Behandlung begeben musste, zeichnete seine ehemalige Vorgesetzte Anette Lenz ein ganz anderes Bild. Sie hatte den ehemaligen Sachgebietsleiter als schwierigen Menschen in Erinnerung, der unstrukturiert und uneffektiv arbeitete und damit bei seinen Mitarbeitern Frust hervor rief. Oder, wie Oberstaatsanwalt Christian Feh die Ausführungen der Zeugin in einfachen Worten zusammenfasste: „Während seine Mitarbeiter die ganze Arbeit machten, war der Angeklagte auf gut Deutsch ein fauler Hund, der nur in der Gegend rum gefahren ist.“ Denn nach Einschätzung von Lenz standen bis zu 7000 Kilometer Abrechnungskosten für Außendiensttermine im Jahr in keiner Weise mit seinen Arbeitsergebnissen im Einklang.
Schon Lenz’ Vorgänger Ralf Rick sammelte Informationen
Um diese Vermutungen zu untermauern, sollte der Sachgebietsleiter Arbeitsnachweise führen, in denen er deklarierte, was er wann wie lange machte. Außerdem wurde ihm die allgemeine Dienstreiseerlaubnis entzogen. Das wiederum hätte nach den Worten von Lenz bei dem Beamten ein sehr provokatives Verhalten ihr gegenüber ausgelöst, das letztlich in einen Mobbingvorwurf gemündet sei.
Parallel zu diesen Ereignissen habe Lenz begonnen, sich Unregelmäßigkeiten im Dienstablauf oder offenkundige Verfehlungen des Beamten zu notieren. Darunter etwa die Beobachtung, dass das Privatauto des Angeklagten, das er auch für Dienstfahrten nutzte, zu Hause gesehen wurde, obwohl er laut Fahrtkostenabrechnung zu dieser Zeit einen Außentermin hatte. Wie Lenz gestern erstmals erwähnte, war sie jedoch nicht die erste, die solche Informationen über den Beamten sammelte. Schon ihr Vorgänger Ralf Rick, heute Jurist bei der Stadt Neuburg, hätte ihr eine „grüne Mappe mit losen Notizen“ übergeben und von einer „schwierigen Situation“ mit dem Beschuldigten gesprochen. Darüber hinaus hätten sie Kollegen auf Unregelmäßigkeiten bei Fahrtkostenabrechnungen und Zeiterfassungen aufmerksam gemacht. Außerdem hätten sich Mitarbeiter des Sachgebietsleiters gegenüber ihr beschwert, dass bereits früher Gruppengespräche mit der Webkamera aufgezeichnet worden seien, was die Vertrauensbasis nachhaltig geschädigt hätte.
Personalrat bestätigt Differenzen als Mobbing
Der Angeklagte jedoch begründete die Aufzeichnungen damit, dass man ihn systematisch schikaniert hätte – sei es durch den Entzug von Kompetenzen oder durch falsche Behauptungen in Protokollen, die Lenz nach Krisengesprächen im Beisein des Personalrats angefertigt hatte. Dass solche Gesprächsmitschriften teilweise falsch wiedergeben wurden, bestätigte Personalratsvorsitzende Sonja Auer-Strobl in ihrer Zeugenaussage. Darin kommt sie auch zu dem Schluss, dass man die Differenzen tatsächlich als Mobbing bezeichnen könne.
Neben dem Vorwurf der „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ ist der Beamte auch der Unterschlagung von Dienstakten angeklagt. Allerdings war es mühsam zu klären, ob es sich bei den Akten lediglich um persönliche und damit redundante Notizen handelt oder ob es doch offizielle, behördeneigene Unterlagen sind. Eine Antwort darauf sowie auf die Frage einer möglichen Vorteilnahme sollen weitere Zeugen nächste Woche geben.
Termin Die Verhandlung wird am Mittwoch, 23. März, um 9 Uhr fortgesetzt.
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