
Königsblaue Pracht im Neuburger Auwald

Plus Die spannende biologische Vielfalt der Donau-Auen zeigt gerade einen seltenen Bewohner: den Kreuz-Enzian.
Der Donau-Auwald zwischen Neuburg und Ingolstadt bietet vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten eine Heimat. Das Aueninstitut Neuburg erforscht seit über zehn Jahren dieses besondere Ökosystem und unterstützt so die Arbeit des Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt und der Naturschutzbehörde Neuburg und Ingolstadt bei deren Bemühungen, den Auwald und seine natürlichen Bedingungen zu erhalten. Die Neuburger Rundschau wird regelmäßig über besondere Arten, fragile Beziehungen und Kuriositäten aus der Aue vor unserer Haustüre berichtet. Heute, im ersten Teil der kleinen Serie: der Kreuz-Enzian.
Derzeit kann der gefährdete Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata L.) als seltener Bewohner der Trockenrasen in den Neuburger Donau-Auen beim Blühen bewundert werden. Diese Pflanze ist auf immer seltener werdende, konkurrenzarme und lichte Standorte angewiesen. Er ist ausschließlich auf warmen Trockenrasen, Heiden beziehungsweise lichten Wäldern mit nährstoffarmem, kalkhaltigem und durchlässigem Boden zu finden.
Der auf der Roten Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten stehende mehrjährige Vertreter der Enziangewächse (Gentianaceae) sticht innerhalb dieser Gruppe dadurch hervor, dass er vier statt der üblichen fünf strahlend blauen Blütenblätter besitzt. Auch die Blätter sind kreuzartig angeordnet. Der Botaniker spricht von gekreuzt-gegenständig oder dekussiert, sodass die Pflanze dem Christentum des Mittelaltes als Erlösungssymbol diente.
Neuburger Auwald: Kreuz-Enzian bietet Nektarquelle
Der Kreuz-Enzian stellt Hummeln und verschiedenen Wildbienenarten eine großzügige Nektarquelle zur Verfügung, eine Besonderheit ist aber vor allem die Dreiecksbeziehung zwischen der Pflanze, einem Schmetterling und einer Ameise. In dieser Lebensgemeinschaft spielt der Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Maculinea rebeli), ein Tagfalter, die Hauptrolle. Dieser ist stark gefährdet und zählt zu den seltensten Tagfaltern Europas. Die Weibchen legen ihre weißen Eier ausschließlich auf blühende Kreuz-Enziane, deren Blüten der Schmetterlingsraupe als Nahrung dienen. Der Tagfalter-Nachwuchs labt sich an der Pflanze so lange, bis er sich mehrmals häuten musste, um nicht aus allen Nähten zu platzen. Sodann lässt er sich zu Boden fallen, um dort vom dritten Mitglied des Trios, einer spezifischen Knotenameisen-Art, gefunden zu werden. Die Ameisen werden durch Nachahmung ihres eigenen Geruches getäuscht, sodass sie die Raupe in die Kolonie schaffen und dort etwa zehn Monate bis zur Verpuppung füttern und pflegen. Danach schlüpft die nächste Ameisenbläuling-Generation und das Schauspiel beginnt (hoffentlich) von vorne. Anderen Ameisenarten dient die Schmetterlingslarve übrigens lediglich als Proteinquelle, ungefährlich ist dieses Täuschungsmanöver also nicht.
Das Überleben des Tagfalters ist abhängig vom Fortbestand der Knoten-Ameisen und der letzten Kreuz-Enzian-Vorkommen. Verbuschung der Magerrasen durch fehlende Bewirtschaftung auf der einen Seite und die Überdüngung der Böden durch intensive Landwirtschaft auf der anderen Seite führten bayern- und deutschlandweit zu einem starken Rückgang der Art. Auf den Trockenrasen rund um das Schloss Grünau konnten die Bestände durch eine einmalige Mahd im Spätsommer/Herbst erhalten werden, die das Überwuchern der lichtbedürftigen Pflanze verhindert. Dabei werden auch wechselnde Streifen als Überwinterungsmöglichkeit für Insekten stehen gelassen.
Kreuz-Enzian ist eine gefährdete Art
Der Kreuz-Enzian ist nur eine von schätzungsweise einer Million weltweit gefährdeter Arten. Verschwände er, so wäre mindestens der Kreuzenzian-Ameisenbläuling als weitere Art dem Untergang geweiht.
Der Erhalt und die Pflege der Brennen im Neuburger Auwald können dazu beitragen, nebst anderen auch diese beiden Arten vor ihrer endgültigen Auslöschung zu bewahren, sodass die königsblaue Pracht hier auch weiterhin erstrahlen kann.
Die Schönheit, die die Natur hervorbrachte und weiter hervorbringt, ist atemberaubend. Diese für uns und nachfolgende Generationen zu bewahren, ist ein ehrbares Privileg, das uns allen ein großes Anliegen sein sollte.
Die Diskussion ist geschlossen.