
Die unendliche Verkehrsgeschichte von Schrobenhausen

Im Landkreissüden wird um den Lückenschluss der Ortsumfahrung gestritten. Zwei Varianten der Bürgerbeteiligung sind vom Tisch, eine dritte in der Warteschleife.
Seit vier Jahrzehnten beschäftigt sich die Schrobenhausener Stadtpolitik mit dem Projekt Umgehungsring, längst droht die Hängepartie zur unendlichen Geschichte zu werden. In den Jahren haben sich die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen verändert, Bürgermeister Karlheinz Stephan ist von der Notwendigkeit einer Umfahrung aber nach wie vor überzeugt. Ein Mosaikstein ist die Süd-West-Tangente durch die Paarauen, das sogenannte „Goachat“. Um die Akzeptanz des Projektes zu stärken, hat der Stadtrat zuletzt mehrere Varianten einer Bürgerbeteiligung diskutiert – und verworfen. Nun will man den Ausgang des laufenden Planfeststellungsverfahrens abwarten.
Die Vision des Bürgermeisters, den Verkehr von und zur B300 auf einem Ring um die Stadt herum zu leiten, ist lückenhaft. Im Norden fehlt die Ortsumfahrung von Mühlried und deren Realisierung ist in weite Ferne gerückt. Die Regierung hat die Trassenführung in weitem Bogen um den Stadtteil mit Querung der Paar im ersten Verfahren zurückgewiesen. Begründung: Mit dem Bau werde die Erheblichkeitsschwelle im FFH-Gebiet Paar und Ecknach gerissen. Das bedeutet, durch diese zusätzliche Maßnahmen im Schutzraum, der weit über die Landkreisgrenzen hinaus reicht, werde der Auwald in einer Größenordnung von mehr als 1000 Quadratmeter als „prioritärer Lebensraumtyp“, so Karlheinz Stephan, beeinträchtigt. Der Bürgermeister schnauft: „Das ist ein Kampf gegen Windmühlen. Ich komme mir vor wie Don Quijote.“ Diese Straße ist nach aktuellem Stand gestorben. Falls man sich zu einem neuen Anlauf entschließe, so Stephan, dann mit einer siedlungsnäheren Trasse.
In Schrobenhausen herrscht die Meinung vor, auch im Goachat geht es nicht
Als Blaupause für die Süd-West-Tangente tauge dieses Scheitern aber nicht, glaubt Karlheinz Stephan. „Es herrscht allgemein die Meinung vor, wenn Mühlried nicht genehmigungsfähig ist, geht es im Goachat auch nicht. Das glaube ich nicht.“ Dieses „extrem wichtige Infrastrukturprojekt“ erfülle den Ausnahmetatbestand. Die Trasse entlaste die Innenstadt und schließe das Umland besser an die Bundesstraße an. Auf etwa 900 Meter soll das Paartal südlich von Schrobenhausen auf Brückenbauwerken gequert werden – zunächst über Bahnlinie und Paarkanal, dann noch über den eigentlichen Fluss. „Es wird einen Erörterungstermin von der Regierung geben, bei dem alles aufbereitet und gehört wird“, sagt der Bürgermeister.
In den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist das 21-Millionen-Projekt wieder im Januar mit der Planeinreichung bei der Regierung. Ein Aktionsbündnis „Rettet das Goachat“ formierte sich. Es wurden 4000 Unterschriften gesammelt und im Rathaus übergeben. Allerdings, kolportiert Karlheinz Stephan, sollen eine ganze Reihe von Unterstützern Auswärtige sein. Das politische Sprachrohr der Gegner im Stadtrat ist die SPD. Martha Schwarzbauer, Fraktionssprecherin und zugleich Verkehrsreferentin verweist auf das Gutachten des Münchener Verkehrsexperten Professor Harald Kurzack aus dem Jahr 2016. „Darin kann man ganz klar rauslesen, dass die Entlastung durch eine Süd-West-Tangente viel zu gering ausfällt. Wenn man die Steuergelder und den Grad der Naturzerstörung aufwiegt, ist das nicht sinnvoll“, argumentiert die SPD-Stadträtin und denkt an die Zukunft. „Mobilität wird sich völlig ändern.“
Kommt doch noch eine Bürgerbeteiligung in Schrobenhausen?
Auch die Befürworter haben sich mittlerweile organisiert, angeführt vom CSU-Ortsvorsitzenden Peter Banzhaf. Alle Seiten hatten sich dafür stark gemacht, den Prozess mit verschiedenen Arten der Bürgerbeteiligungen zu moderieren: Die CSU machte sich für eine nicht verbindliche Bürgerbefragung stark, die SPD wollte ein Ratsbegehren initiieren, das die Kommunalaufsicht am Landratsamt bei einer früheren Einschätzung für nicht möglich hielt. Mittlerweile hat man in der Behörde dieses Urteil revidiert. Und das Aktionsbündnis strebt ein Bürgerbegehren an. Ein Vorentwurf wurde bei der Stadtverwaltung eingereicht, um die rechtliche Zulassung prüfen zu lassen. Ob das passieren wird, war bis gestern aber nicht sicher. Nun befürchtet das Bündnis, ausgebremst zu werden. Die Verwaltung prüfe nur Anträge, so ein BI-Sprecher gestern gegenüber der NR.
Nach der letzten Stadtratssitzung wurde alles auf Eis gelegt. Die Verwaltung möchte den Prozess künftig besser steuern, Bürgermeister Stephan künftig agieren, statt nur zu reagieren. Teil einer Lösung soll eine Mobilitätsstudie sein, die Bürger über Workshops beteiligen soll. Außerdem hat die Stadt eine Visualisierung der Brückenbauwerke der Tangente bei einem Büro in Auftrag gegeben. Bis 23. September soll das Modell vorliegen.
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