Wenn der Geduldsfaden reißt...
...dann kann es auch in der Pflege zu Gewaltübergriffen kommen, auch wenn diese als „rein menschlich“ betrachtet werden können. Ein Vortrag klärt auf.
Wenn Hannelore morgens aufsteht, weiß sie nie, was sie erwartet. Wird es ein guter oder ein schlechter Tag? Darüber entscheidet allein ihr Mann Hans. Der 75-Jährige ist vor Jahren an Parkinson erkrankt, eine Krankheit, die nur eine Richtung kennt: nach unten. Seit drei Jahren braucht Hans deshalb zunehmend Hilfe von seiner Frau: beim Anziehen, beim Waschen oder beim Streichen der Brote. Auch das Laufen fällt Hans zunehmend schwer. Manchmal klappt es gut, manchmal gibt es aber auch Tage, an denen der Befehl vom Gehirn nicht in den Beinen ankommt. Dann steht er wie versteinert da und schafft es einfach nicht, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
In Momenten wie diesen verliert Hannelore manchmal die Geduld. Wenn minutenlang nichts mehr geht, dann packt sie ihren Mann auch mal am Arm oder erhebt ihre Stimme. Doch davon wird es nicht besser. Im Gegenteil: Hans wird nervös und ärgerlich zugleich – weil er will und doch nicht kann. „Lass mich!“, ruft er dann und schiebt ihren Arm grob weg. Auch bei Hannelore liegen mittlerweile die Nerven blank. Der Tag war lange und anstrengend, denn es kostet Kraft, immer Verständnis zu haben und Ruhe auszustrahlen – und jetzt das noch. „Dann bleib’ doch meinetwegen stehen bis morgen früh“, entgegnet die 72-Jährige und dreht sich weg. Was folgt, ist immer dasselbe: Es fließen Tränen, weil die Pflege des Ehepartners einfach unendlich Kraft kostet. Und es fließen Tränen der Reue, weil sie sich für einen Moment nicht im Griff hatte. Sie kehrt zurück, entschuldigt sich und wartet geduldig, bis Hans’ Körper wieder funktioniert. Sie bringt ihn ins Bett, spricht versöhnliche Worte und legt sich dann daneben. Wenn sie am Morgen danach aufwacht, wird sie nicht wissen, ob es ein guter oder ein schlechter Tag wird...
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