Wie die Fußball-WM Russland verändert
Plötzlich wechselt die Staatspropaganda den Ton, Polizisten ihre Art. Viele Russen erleben eine ungekannte Stimmung.
Moskau Die Moderatoren in einer russischen Talkshow geben sich einer gespielten Fassungslosigkeit hin. „Schau, sie freuen sich. Sie freuen sich mit uns“, sagt der eine. Sie, die Mexikaner, die Dänen, die Franzosen, die Deutschen, die Südkoreaner. „Ja, sogar die Briten!“ Die Briten, die doch nicht erst seit dem Giftgas-Anschlag auf den Ex-Geheimagenten Sergej Skripal so russenfeindlich sein sollen, feiern mit den Russen zusammen die Siege der WM-Spiele. „Sie mit uns!“, wiederholt der andere Fernsehmann. Es sind die gleichen Moderatoren, die in den vergangenen vier Jahren ihren Zuschauern eher klare Feindbilder gepredigt haben.
Jahre, in denen Russland seit der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion immer stärker eine Wagenburg-Mentalität zum Ausgangspunkt seiner Politik machte. Die Staatspropaganda wollte der Bevölkerung verinnerlichen, das „Wir“ lobzupreisen und die „Anderen“ bloßzustellen, zuweilen zu ächten. Es war die typische Abgrenzung, um sich seiner selbst zu vergewissern. Die Kreml-Propagandisten haben diese schlichte Formel zu einem hohen Gut erhoben: „Wir“ gegen den Rest der Welt. Nun, in diesen fröhlichen Wochen der Fußball-Weltmeisterschaft, dieser Zeit eines geordneten Kontrollverlustes, trifft das selbstbewusste und doch so unsichere „Wir“ auf das unbekannte „Sie“ der anderen. Eine Konstellation, die in den Augen aller Überraschendes zutage fördert. Plötzlich lässt sich ein russischer Polizist von einem Mexikaner einen Sombrero-Hut aufsetzen, um ein Foto zu machen. Der Polizist lächelt. Kein mürrisches „Papiere! Wo ist die Registrierung?“ mehr.
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