Ein 21-jähriger Mann aus Neuburg ist am Dienstag vom Amtsgericht Neuburg wegen Besitzes und Drittbesitzverschaffung kinderpornografischer Inhalte in mehreren Fällen verurteilt worden. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Amtsrichter Schalk, die Staatsanwaltschaft, die Jugendhilfe und die Verteidigung waren sich einig: Die Tat sollte nach Jugendstrafrecht beurteilt werden. Als Grund wurde die fehlende erwachsene Eigenständigkeit im Leben des Angeklagten genannt, der noch zu Hause wohnt.
Laut Anklage soll der 2003 in Neuburg geborene Mann zwischen November 2021 und Juni 2022 über die sozialen Netzwerke Instagram und Telegram kinderpornografisches Material empfangen und an andere Personen weitergegeben haben. Bei einer Hausdurchsuchung im Juni 2022 wurden auf zwei sichergestellten Smartphones insgesamt 122 Dateien mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt gefunden – darunter Bilder und Videos, in denen sowohl Kinder unter 14 als auch Jugendliche unter 18 Jahren in gravierenden sexuellen Handlungen zu sehen waren.
Kriminalpolizist schildert Hausdurchsuchung: 122 strafbare Dateien auf Handy gefunden
Ein Ermittlungsbeamter von der Kriminalpolizei schilderte als einziger Zeuge die Durchsuchung, bei der neben elektronischer Datenträger auch eine Kleinstmenge eines Marihuana-Tabak-Gemischs sichergestellt wurde. Im Verlauf der Verhandlung schilderte der Angeklagte zunächst seine damalige Lebenssituation: eine schwierige Ausbildungszeit als Bäckergeselle, geprägt von Mobbing in der Berufsschule und dem Einstieg in Drogenkonsum. Er sei durch Schulfreunde erstmals auf Telegram aufmerksam geworden. Auf konkrete Fragen zu den Tatvorwürfen reagierte der Angeklagte zunächst mit Erinnerungslücken.
Unter den Zuschauern befand sich auch eine Schulklasse der Fachakademie für Sozialpädagogik – in Kombination mit den Schilderungen über Mobbingerfahrungen in der Schule führte dies zum vorübergehenden Ausschluss der Öffentlichkeit während der persönlichen Einlassung des Angeklagten. Nach einer kurzen Verhandlungspause und dem zwischenzeitlichen Ausschluss der Öffentlichkeit legte er laut Staatsanwaltschaft und Gericht schließlich ein vollumfängliches Geständnis ab.
Amtsgericht Neuburg: Die Staatsanwaltschaft erkennt „problematische Neigungen“
Die Staatsanwaltschaft forderte eine Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung sowie zwei Wochen Jugendarrest. Die gravierenden Inhalte und die „bestehenden problematischen Neigungen“ sprächen für eine klare Reaktion, so der Staatsanwalt. Pflichtverteidiger Martin Angermayr betonte dagegen den persönlichen Wandel des jungen Mannes: Er sei drogenfrei, befinde sich in einer neuen Ausbildung und habe den Führerschein gemacht, was laut Verteidigung „Willen und Zielorientiertheit“ zeige. Die Durchsuchungen und das seit 2022 laufende Verfahren hätten ihn zudem stark geprägt.
Die gerichtliche Jugendhilfe sprach sich ebenfalls für die Anwendung des Jugendstrafrechts aus. Zwar habe es vor dem Verfahren keinen Kontakt zum Angeklagten gegeben, dennoch sei eine „Reifeverzögerung“ erkennbar. Als Auflage schlug der Vertreter des Jugendamts eine psychologische Abklärung möglicher Neigungen sowie die Teilnahme am Präventionsprogramm „Kein Täter werden“ vor.
Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung – plus Jugendarrest und Therapieauflage
Der vorsitzende Amtsrichter Schalk folgte in seinem Urteil im Wesentlichen den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Freiheitsstrafe sei trotz Geständnis und fehlender Vorstrafen angemessen, weil es sich um eine kontinuierliche „schädliche Neigung“ handle, so das Gericht. Die verhängten zwei Wochen Jugendarrest seien notwendig, „damit der Angeklagte die Konsequenzen“ seines Handelns „spüre.“ Die einjährige Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt; die Bewährungszeit beträgt drei Jahre.
Die Verteidigung kann innerhalb einer Woche Berufung oder Revision gegen das Urteil einlegen. Ob sie von Rechtsmitteln Gebrauch machen wird, blieb vorerst offen. Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig.
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