Es ist nur ein kleiner Strich - aber der sorgte im März 2021 für viel Aufregung. Damals begann der Ingolstädter Automobilhersteller Audi, in der internen und externen schriftlichen Kommunikation den sogenannten Gender Gap zu verwenden. Beim Gender Gap handelt es sich um einen Unterstrich zwischen der männlichen Form eines Wortes beziehungsweise dem Wortstamm und der weiblichen Endung. Dieser steht symbolisch für Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann sehen. So sollen sich Personen jeglichen Geschlechts angesprochen fühlen und niemand diskriminiert werden. Alle „Audianer_innen“ sollten von da an diesen Unterstrich benutzen. An die Hand gab es einen Leitfaden für die Mitarbeitenden mit entsprechenden Vorgaben. Dagegen regte sich allerdings schnell Widerstand. Ein VW-Mitarbeiter klagte - und verlor. Das Gericht gab Audi Recht. Nun rudert der Autobauer aber trotzdem zurück.
Schon seit Längerem finden sich in Pressemitteilungen des Unternehmens keine Unterstriche mehr. Auf Nachfrage begründet ein Sprecher von Audi dies so: „Aufgrund unserer Erfahrungen in der schriftlichen Verwendung des Gender Gap in den vergangenen Jahren und der großen Bandbreite unterschiedlicher Methoden, geschlechtersensible Sprache sichtbar zu machen, hat sich das Unternehmen entschieden, dieses Sonderzeichen nicht mehr zu verwenden.“ Der Gender Gap habe bei der Übernahme von Pressetexten durch Medien sowie bei Übersetzungsprogrammen und Screenreadern Probleme verursacht, erklärt der Sprecher. Texte sollten in erster Linie verständlich und lesbar sein. Man setze aber weiterhin auf gendersensible, inklusive und respektvolle Formulierungen, betont der Sprecher. Nur eben in etablierter Form und ohne Sonderzeichen wie etwa „Beschäftigte“ statt „Mitarbeiter“ und „Team Audi“ statt „Audianer“. Zudem achte man auf generisch neutrale Formulierungen wie beispielsweise „Studierende“. Diese neuen, abgeschwächten Gender-Regelungen gelten laut Unternehmen bereits seit Juli 2024 - nur wurden sie nicht so offensiv nach außen kommuniziert wie vor vier Jahren die Einführung des Gender Gap.
Der Gender Gap beim Ingolstädter Autobauer Audi war umstritten
Audis Entscheidung für den Unterstrich war 2021 nicht unumstritten gewesen. Es gab zwar Befürworter wie die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti), es gab aber auch hartnäckige Gegner. Daher dürften nun einige Menschen über die Entwicklung froh sein. Zumindest der VW-Mitarbeiter, der nach der Einführung geklagt hatte, und der Verein Deutsche Sprache, der sich grundsätzlich gegen Gendern ausspricht und den Mann bei seiner Klage unterstützt hat. Als Mitarbeiter des Mutterkonzerns VW hatte der Kläger häufig mit Audi zu tun, wollte sich aber nicht genderneutral ansprechen lassen. Er sah darin eine Verletzung seiner allgemeinen Persönlichkeitsrechte. Da Audi keine Unterlassungserklärung abgeben wollte, hat der Mann geklagt. Vergeblich. Der VW-Mitarbeiter scheiterte mit seiner Klage nicht nur vor vor dem Landgericht Ingolstadt, sondern anschließend auch vor dem Oberlandesgericht in München.
Audi hat kürzlich übrigens noch einen anderen Rückzieher gemacht, und zwar bei der Nomenklatur der Modelle. Gerade Ziffern sollten für elektrische Modelle reserviert sein, ungerade für Verbrenner. Doch diese Entscheidung hat Audi ebenfalls wieder gekippt. Es gab zu viel Verwirrung. Künftig steht die Ziffer - unabhängig von der Antriebsform - für die Größe des Modells. Die Karosserievariante wird durch Zusätze wie Limousine, Avant oder Sportback angegeben. Die bekannten Kürzel e-tron, TFSIe, TFSI oder TDI kennzeichnen die Art des Antriebs. Der Buchstabe Q wird nach wie vor für SUV-Modelle genutzt.
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