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Betrug, Pornografie und Hate Speech: Staatsanwaltschaft Ingolstadt zieht Bilanz zu 34.000 Fällen in 2024

Ingolstadt

Betrug, Pornografie und Hate Speech weiter auf dem Vormarsch

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    Seniorinnen und Senioren werden nach wie vor häufig Opfer von Schockanrufen, auch in Ingolstadt und Umgebung.
    Seniorinnen und Senioren werden nach wie vor häufig Opfer von Schockanrufen, auch in Ingolstadt und Umgebung. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa/Illustration (Symbolbild)

    Eine junge Frau, die eine andere umbringt, um ihren eigenen Tod vorzutäuschen - der sogenannte Doppelgängerinnen-Mordprozess hat das Jahr 2024 bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt dominiert. Wie erst kürzlich die Präsidentin des Ingolstädter Landgerichts bezeichnete nun auch der Leitende Oberstaatsanwalt Nicolas Kaczynski in seiner Bilanz zum vergangenen Jahr das Verfahren als „außergewöhnlich“. Allerdings habe sich die 25-köpfige Staatsanwaltschaft auch mit etlichen anderen Fälle beschäftigt. 34.000 Verfahren gingen 2024 bei der Behörde ein, 20.000 gegen bekannte, 14.000 gegen unbekannte Personen. 3000 Stunden verbrachten die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei Verhandlungen im Gerichtssaal. Während Delikte aus dem Betäubungsmittelbereich und Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht zurückgegangen sind, haben Sexualdelikte, Körperverletzungen und Betrügereien zugenommen, berichtet der Behördenleiter.

    Dass die Betäubungsmitteldelikte um fast 50 Prozent abgenommen habe, liege an der Gesetzesänderung, erklärt Kaczynski. Seit Juli ist der Anbau von Cannabis bis zu einer bestimmten Menge in Deutschland legal. Viel weniger Arbeit bedeute dies aber nicht, denn diese Verfahren hätten in der Vergangenheit nur einen geringen Aufwand verursacht. Die Legalisierung sorgte zunächst sogar für einen Mehraufwand, da Straftaten, die noch nicht vollständig vollstreckt waren, nachträglich neu bewertet werden mussten, erläutert der Leitende Oberstaatsanwalt. Diese „Zusatzaufgabe“ sei inzwischen weitestgehend erledigt.

    Staatsanwaltschaft Ingolstadt: Trotz Prävention fallen viele Senioren auf Schockanrufe herein

    Eine Steigerung um ein Drittel gibt es laut Kaczynski bei der Kinder- und Jugendpornografie. Sexualdelikte sind um ein Viertel gestiegen, Körperverletzungen um sechs Prozent. Im Bereich Betrug, Geldwäsche und Diebstahl bewege man sich „weiter auf hohem Niveau“, sagt der Behördenleiter. Insbesondere Internetkriminalität spiele hier eine Rolle. Sorge bereitet der Staatsanwaltschaft das Thema Enkeltrick beziehungsweise Schockanrufe. „Wir klären hier sehr viel auf. Aber wenn die Seniorinnen und Senioren einen Anruf bekommen, scheinen sie alles, was sie gehört oder gelesen haben, zu vergessen“, erzählt Petra Osthoff, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Ingolstadt. Zu 46 vollendeten Taten kam es im vergangenen Jahr, die insgesamt einen Schaden von rund 1,5 Millionen Euro zur Folge hatten. In zehn Fällen konnte ein Täter ermittelt werden, in vier davon schnappte man ihn oder sie auf frischer Tat. Meist werden allerdings nur die Abholerinnen oder Abholer - oft sind es Frauen - erwischt und nicht die kriminellen Hintermänner. Einige Abholende wurden 2024 zu empfindlichen Haftstrafen verurteilt, die bis zu fünf Jahre reichten, so Osthoff. Doch auch das schrecke offenbar nicht ab, denn das Phänomen sei in Ingolstadt und Umgebung sehr verbreitet. Kaczynski setzt hier weiterhin auf Prävention, räumt allerdings ein: „Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.“

    Taten von Strafunmündigen (Jugendliche unter 14 Jahre) gingen um zehn Prozent zurück, fährt Osthoff fort. Dies führt die Behörde auf folgende Maßnahme zurück: Seit 2022 fährt die Staatsanwaltschaft Ingolstadt die Kampagne „Mach‘ dein Handy nicht zur Waffe“, die sich mit Beleidigungen, Bedrohungen und Pornografie in Whatsapp-Gruppen beschäftigt. Einen leichten Rückgang verzeichnet die Staatsanwaltschaft ebenfalls bei Körperverletzungen von Jugendlichen und Heranwachsenden bis 21 Jahre. Deutlich abgenommen haben in dieser Altersgruppe Raub und räuberische Erpressung, berichtet Kaczynski. Dies habe man durch eine hohe Polizeipräsenz an kritischen Punkten in der Stadt, ein entschiedenes Vorgehen und gute Ermittlungsarbeit erreicht. Insbesondere gegen Jugendbanden gehe man streng vor.

    Hass im Netz stellt die Staatsanwaltschaft Ingolstadt vor Herausforderungen

    Vor Herausforderungen stellt die Staatsanwaltschaft das Thema Hate Speech, also Hass im Netz. Im vergangenen Jahr waren es 70 Verfahren. Sie reichen von Volksverhetzung über Beleidigung bis hin zu Verleumdung, zum Beispiel von Politikern. Hier trage die Behörde bei der Einordnung eine große Verantwortung, findet der Leitende Oberstaatsanwalt. Denn einige dieser Täter seien psychisch krank und könnten zu einer physischen Gefahr werden. Zudem müsse stets abgewogen werden, ob eine Äußerung noch unter die Meinungsfreiheit fällt.

    Mit dem Doppelgängerinnen-Mordprozess musste sich die Staatsanwaltschaft Ingolstadt 2024 mit einem sehr aufwendigen Verfahren auseinandersetzen. Und im laufenden Jahr wird die Arbeit nicht weniger: Derzeit wird am Landgericht der Prozess um den Diebstahl des Manchinger Goldschatzes verhandelt, der ebenfalls viel Zeit in Anspruch nimmt. Derlei Verfahren seien belastend, machten aber auch Freude, sagt Osthoff. Derzeit beschäftigt die Behörde zudem noch etwas ganz anderes, wie der Leiter erzählt: Im Dezember wurde in Ingolstadt die elektronische Akte im Strafrecht eingeführt. Das System sei derzeit allerdings noch mit Problemen verbunden.

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