In der Stadt Pfaffenhofen haben sich zwei Männer mit dem Borna-Virus infiziert. Einer der Männer ist verstorben, der zweite ist schwer erkrankt und wird aktuell intensivmedizinisch behandelt. Die beiden Fälle im Nachbarlandkreis sorgen bei manchen Menschen in der Region für Verunsicherung. Verena Eubel, stellvertretende Leiter des Neuburger Gesundheitsamts, klärt darüber auf, wie wahrscheinlich eine Infektion tatsächlich ist.
Was ist zu dem Fall aus Pfaffenhofen bekannt?
Bei den beiden Erkrankten handelt es sich nach Auskunft des Pfaffenhofener Landratsamts um zwei Männer Mitte 50. Beide sind nicht miteinander verwandt, ob sie anderweitig Kontakt hatten, ist bislang nicht bekannt. Es gibt auch keine Erkenntnis darüber, wann und wo sie sich infiziert haben. Der Infektionsweg ist auch deshalb oft schwer nachvollziehbar, weil die Betroffenen meist erst Wochen oder gar Monate nach einer Infektion erkranken. Vom Laborergebnis des aktuell erkrankten Mannes haben die Behörden am Montag erfahren. Weitere Auskünfte gibt das Landratsamt aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht.
Wie ist eine Ansteckung möglich?
Der einzig bislang bekannte Weg der Übertragung auf den Menschen geht über die Feldspitzmaus. Die Tiere selbst erkranken nicht, allerdings können sich Menschen nach Auskunft des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) über den Kot, Urin, Speichel oder die Haut der Tiere infizieren. Der genaue Übertragungsweg von der Feldspitzmaus auf den Menschen ist aber aktuell nicht bekannt. Eine Ansteckung über andere Tiere, die ebenfalls erkranken können, und auch von Mensch zu Mensch wurde bislang nicht beobachtet. Der Erreger selbst ist seit rund 250 Jahren als Tierseuche bekannt. Das Virus namens BoDV-1 wurde erstmals im Jahr 2018 als Ursache schwerer Gehirnentzündungen, medizinisch Enzephalitiden, beim Menschen identifiziert.
Gesundheitsamt gibt nach Todesfall durch Borna-Virus Entwarnung
Ist nach den beiden Fällen in der Region besondere Vorsicht geboten?
Es gelten nach den beiden aktuellen Fällen keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen in der Region, betont Verena Eubel. Sie zitiert dabei den Pfaffenhofener Landrat Albert Gürtner, der die beiden Fälle in Pfaffenhofen als einen „negativen Sechser im Lotto“ bezeichnet hatte. Denn eine Ansteckung kommt generell sehr selten vor. Im Kreis Neuburg-Schrobenhausen ist in den vergangenen Jahren kein Fall aufgetreten. Eubel verweist auf Schutzmaßnahmen, die generell gelten sollten.
Wie kann man sich vor einer Ansteckung schützen?
Eine Impfung gegen das Virus gibt es nicht. Und so plädiert Eubel für Hygienemaßnahmen, wenn es zu Kontakt mit Feldsitzmäusen oder deren Ausscheidungen kommen könnte. Schleppt beispielsweise eine Katze eine tote Maus an, sollte diese mit guten Handschuhen und in einer Plastiktüte entsorgt werden. In Innenräumen sollen die betroffenen Flächen nach der Entsorgung desinfiziert werden. Werden Schuppen, Garagen oder Kellerräume, in denen sich Feldspitzmäuse aufhalten könnten, gekehrt, sollte eine gute Maske getragen werden. Denn eine solche schützt vor dem Staub.
Wie verläuft in der Regel eine Infektion mit dem Borna-Virus?
Zwar ist eine Ansteckung sehr selten, doch wenn sie vorkommt, verläuft sie laut Eubel zumeist tödlich. Ein Großteil der bekannten an BoDV-1 erkrankten Personen litt zu Beginn an Kopfschmerzen, Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl. Innerhalb weniger Tage kam es laut LGL zu neurologischen Symptomen, wie Verhaltensauffälligkeiten, Sprach- und Gangstörungen. Im weiteren Verlauf entwickelten die Erkrankten eine schwere Enzephalitis und fielen binnen Tagen bis Wochen in ein tiefes Koma. Bis auf bisher vier Erkrankungsfälle, die teilweise mit schwersten Folgeschäden überlebten, verstarben alle bekannten Fälle an der Infektion. Laut Eubel sind unerkannte Infektionen beim Menschen bislang nicht bekannt. Das bedeutet, wer sich infiziert, erkrankt auch.
Borna-Virus wird durch Feldspitzmäuse übertragen
Wie häufig stecken sich Menschen mit dem Borna-Virus an?
Eine Ansteckung gilt als äußerst selten. Deutschlandweit sind bis September vergangenen Jahres 55 Fälle registriert worden, der überwiegend Teil davon aus Bayern. Denn hier kommt das Virus in den Feldspitzmauspopulationen gehäuft vor. Seit im Jahr 2020 eine Meldepflicht eingeführt worden ist, sind dem Robert-Koch-Institut bis zu sieben Fälle von BoDV-1 Enzephalitis pro Jahr gemeldet worden. Einzelne Fälle gab es bislang auch im Osten Deutschlands. Allerdings ist laut Eubel nicht bekannt, wieviel Prozent der gesamten Feldspitzmaus-Population tatsächlich den Erreger in sich trägt.
Woran erkennt man eine Feldspitzmaus?
Spitzmäuse haben nach Auskunft des Landratsamts Pfaffenhofen deutlich spitzere Nasen beziehungsweise Gesichter als echte Mäuse. Typisch sind ein stechender Geruch sowie relativ kleine Augen und Ohren. Feldspitzmäuse sind sehr selten, sie leben auf Brachgebieten wie beispielsweise Straßenböschungen, Steinmauern oder unter Hecken. Sie gelten als scheu und nachtaktiv. Garten- und Hausspitzmäuse sind mit der Feldspitzmaus eng verwandt, allerdings ist bislang nicht klar, ob auch diese das Virus übertragen können.
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