Sind die Fronten noch so verhärtet wie früher? Oder arbeitet womöglich gar der Faktor „Zeit“ für die Bürgerinitiative „Kein Flutpolder Bertoldsheim/Marxheim“? Die BI jedenfalls will das ihrer Meinung nach völlig überflüssige Projekt der Staatsregierung, bei dem Landwirte um ihre Äcker, Fischer um ihren Bestand, Grundeigner um ihren Besitz und die angrenzenden Dörfer um ihre Existenz fürchten, weiterhin um jeden Preis verhindern und glaubt nach wie vor an einen Erfolg. Nachdem das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Ingolstadt den aktuellen Planungsstand Anfang Mai der BI vorgestellt hatte, informierten deren Sprecher Angelika Gutmann (Bertoldsheim) und Robert Stuber (Marxheim) nun am Donnerstagabend die betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Die Resonanz auf den „Stammtisch“ sprach Bände: In der Bertoldsheimer Schlossgaststätte gab es keinen freien Platz mehr.
Natürlich ist der Ton auch im Sommer 2025 kämpferisch. „Die damische Landbevölkerung soll für die Leute in der Stadt bluten“, schimpfte Ewald Berner (Marxheim). „Wenn ein Amt solche Dinge plant, dann muss es sich auch um den Schutz der unmittelbar Betroffenen kümmern! Das tut es aber nicht!“ Berner selbst hatte vor einiger Zeit eine Planvariante auf der Südseite der Donau ins Spiel gebracht, die seiner Meinung nach im Katastrophenfall den geringsten Schaden bei den umliegenden Dörfern verursachen würde. Gerade im Süden gebe es deutlich weniger Ackerfläche und dafür jede Menge Staatswald. „Keiner will hier einen Polder, aber wenn er tatsächlich kommen sollte, dann muss er da hin“, forderte der Marxheimer. Derzeit stünden insgesamt fünf Möglichkeiten zur Prüfung an, drei auf der Nord- (Staupolder) und zwei auf der Südseite (Fließpolder), von denen sich nach Auskunft des WWA noch kein eindeutiger Favorit herauskristallisiert habe, berichtete Angelika Gutmann.
BI-Sprecherin Angelika Gutmann kritisierte das Flutpolderkonzept
Bei einer der Nordvarianten sei sogar der Sportplatz in Marxheim beim möglichen Staugebiet vergessen worden, während man übersehen habe, dass das Gelände dort bergauf gehe. „Aber was soll man schon erwarten, wenn das jemand zu Hause an seinem Computer plant, ohne je hier gewesen zu sein“, so Gutmann. Immerhin habe sich die voraussichtliche Einleitungsmenge auf 185 Kubikmeter verringert. Die BI-Sprecherin kritisierte ferner den unvermindert schleppenden Bürgerdialog und das kompromisslose Beharren von Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) auf dem Flutpolderkonzept. Die betreffende, 2002 von der Technischen Universität München erstellte Studie ist ihrer Meinung nach „veraltet, zu teuer, zu zentralisiert und hilft tatsächlich nur wenigen Städten“. Von ursprünglich 18 Standorten seien heute nur noch neun übriggeblieben, so Gutmann.

Interessant dabei: Während mit Riedensheim erst ein Polder fertiggestellt ist, steckt Bertoldsheim als bislang einziges Projekt noch in der Vorplanung. Danach könnte es mit dem Raumordnungsverfahren weitergehen, es würden die Entwurfsplanung, das Planfeststellungsverfahren, die Ausführungsplanung und dann die Bauphase folgen. Frühestens 2033 könnten theoretisch die ersten Bagger anrollen. Allerdings verstärkte sich im Laufe des Infoabends der Eindruck, dass die Menschen insgeheim darauf hoffen, dass sich die Sache bis dahin sowieso erledigt hat. Allein das Kompetenzgerangel zwischen den Wasserwirtschaftsämtern sorgte in der Schlossgaststätte für verständnisloses Kopfschütteln. Auf die Frage, wer denn beim Hochwasserschutz für die angrenzenden Gemeinden und Dörfer an der Donau verantwortlich sei, habe die Ingolstädter Behörde klargestellt, dass lediglich Stepperg und Bertoldsheim in ihren Zuständigkeitsbereich fallen würden, weil beide noch in Oberbayern lägen. Marxheim und Niederschönenfeld jedoch seien Sache des WWA Donauwörth, da sie zum Regierungsbezirk Schwaben gehören. In diesem Zusammenhang wollten die Betroffenen wissen, wer dann grundsätzlich bei Hochwasser darüber entscheidet, wann der Polder gefüllt werden soll? Ingolstadt oder Donauwörth, vielleicht die Landräte? „Oder womöglich Minister Glauber“, kam es sarkastisch aus der Runde.
Glauber steht stellvertretend für die Sprunghaftigkeit der Staatsregierung in der Polder-Diskussion
Glauber gilt in Bertoldsheim und Marxheim längst als erklärtes Feindbild, vor allem, weil er spätestens seit einem Ortstermin 2021 stellvertretend für die Sprunghaftigkeit der Staatsregierung in der Polder-Diskussion steht. Wie mehrfach berichtet, war der Bau der großen Donaupolder Bertoldsheim und Eltheim/Wörthhof 2018 zunächst aus dem Koalitionsvertrag zwischen CSU und den Freien Wählern gestrichen worden. 2021 wurde diese Entscheidung jedoch wieder einkassiert. Nicht nur deshalb lohne es sich auf jeden Fall, weiterhin Widerstand zu leisten und am Ball zu bleiben, betonte BI-Sprecherin Angelika Gutmann. „Sonst sind wir verloren. Wenn erst einmal das Planfeststellungsverfahren läuft, dann wird es eng.“ Einen gewichtigen Verbündeten weiß die BI weiterhin mit Landrat Peter von der Grün (FDP) an ihrer Seite, auch weil der in Bertoldsheim wohnhafte Neuburg-Schrobenhausener Kreischef vor seiner Amtsübernahme mit viel Herzblut das Amt des BI-Vorsitzenden bekleidet hatte. „Ich werde bis zur letzten Patrone mit euch kämpfen“, versprach von der Grün. „Ich glaube, dass es alles andere als sicher ist, dass der Polder kommt. Da werden einfach zu viele Rechte verletzt, vor allem beim Schutz der Anwohner und beim Naturschutz.“
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