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Caritas-Suchtberatung Neuburg bekommt neuen Leiter: Angela Lauer geht nach 24 Jahren in den Ruhestand

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„Beziehungsarbeit ist das A und O“ – Angela Lauer hört nach 24 Jahren bei der Caritas-Suchtberatung auf

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    Angela Lauer (re) übergibt nach 24 Jahren die Leitung der Caritas-Suchtberatungsstelle Neuburg-Schrobenhausen an ihren Nachfolger Sascha Hellwich.
    Angela Lauer (re) übergibt nach 24 Jahren die Leitung der Caritas-Suchtberatungsstelle Neuburg-Schrobenhausen an ihren Nachfolger Sascha Hellwich. Foto: Paul Pfaffel

    Die Suchtberatungsstelle Neuburg-Schrobenhausen steht vor einem bedeutenden Wechsel an der Spitze: Angela Lauer, seit 2001 das Gesicht und Herz der Einrichtung, verabschiedet sich in den Ruhestand. Ihr Nachfolger ist Sascha Hellwich – 41 Jahre alt, bisher als Streetworker im Landkreis tätig und überzeugt davon, dass soziale Arbeit nie bloß Verwaltung ist, sondern „eine Frage des gesellschaftlichen Miteinanders.“

    24 Jahre Leitung bei der Caritas-Suchtberatung Neuburg: Angela Lauer blickt zurück

    Wenn Lauer über ihre Zeit bei der Caritas spricht, wird schnell klar, warum sie so lange geblieben ist. „Ich wollte nie einfach nur ‚helfen‘. Ich wollte verstehen, was Menschen zu dem macht, was sie sind“, erklärt die 66-Jährige. „Die Menschen, die mir gegenübersitzen, kennenzulernen, war schon immer meine Haupt-Motivation.“ Und das hat sie über zwei Jahrzehnte hinweg getan – mit Hingabe, Geduld und dem Willen, Menschen selbst dann noch eine Chance zu geben, wenn andere sie längst aufgegeben hätten. Man wisse nie, wer es im Endeffekt schafft, die Sucht zu besiegen – deshalb solle man sich nicht „von sozialen oder kulturellen Merkmalen“ beeinflussen lassen, sondern jedem „dieselbe Chance“ geben. Darin sind sich Lauer und Hellwich mehr als einig.

    Die Bilanz der 66-Jährigen ist keine in Zahlen – auch wenn die Suchtberatungsstelle jährlich rund 360 Menschen begleitet. Stattdessen resümiert sie auf menschlicher Ebene: „Beziehungsarbeit ist das A und O. Manche kommen nicht aus eigenem Antrieb – Gericht, Führerschein oder Partner setzen sie unter Druck. Aber Hauptsache, sie kommen“, so Lauer. „Erst wenn sie da sind, kann ich etwas für sie tun.“ In Einzel- und Gruppengesprächen wird dann informiert, beraten und vor allem Vertrauen aufgebaut – egal ob bei Alkoholproblemen, Drogenkonsum, Glücksspielsucht oder exzessiver Mediennutzung. Die verschiedenen Herausforderungen sind komplex und „erfordern immer eine individuelle Betrachtung.“ 

    Angela Lauer: Alkohol bleibt Hauptursache in der Caritas Suchtberatung Neuburg

    Dabei bleibt Alkohol das mit Abstand größte Thema in der Caritas Suchtberatungsstelle – bundesweit, aber eben auch in Neuburg: Rund drei Viertel der Hilfesuchenden kommen wegen Alkoholproblemen. Drogen wie Cannabis oder Opiate, Medikamentenabhängigkeit, Spielsucht und andere Verhaltenssüchte folgen mit klarem Abstand – nicht weniger gefährlich, aber oft weniger sichtbar. Gerade deshalb sei es wichtig, dass die Beratungsstelle weiterhin besteht, sagt Lauer: „Es wäre fatal, an dieser Stelle zu sparen. Wir helfen denen, die sonst keine Hilfe haben.“

    Diese Mahnung richtet sich nicht zuletzt an die Politik – sowohl auf kommunaler als auch auf Landes- und Bundesebene. Die Arbeit der Beratungsstelle wird maßgeblich vom Bezirk Oberbayern getragen. Dass bei steigenden Personalkosten die Zuschüsse nicht wachsen, bereitet nicht nur der scheidenden Leiterin Sorge. Ihr Nachfolger Sacha Hellwich sieht darin eine zentrale Herausforderung seiner künftigen Arbeit – und formuliert es deutlich: „Wir leben in einer Gesellschaft, in der zunehmend nach unten getreten wird. Dabei brauchen gerade die Menschen am sozialen Rand stabile Hilfsangebote.“

    Streetworker Sascha Hellwich übernimmt – und warnt vor gesellschaftlicher Ausgrenzung

    Er selbst kennt diese Realitäten aus seiner bisherigen Arbeit mit Jugendlichen. Prävention, Aufklärung, aufsuchende Hilfe – das sind Themen, die dem 41-Jährigen am Herzen liegen. Doch in seiner neuen Funktion wird es auch um etwas anderes gehen: Konsolidieren, Bestehendes erhalten, Netzwerke pflegen. Die Beratungsstelle, so Hellwich, sei gut aufgestellt – das solle auch so bleiben. Noch ist sein wichtigstes Ziel: „lernen“ und „zuhören.“ Aber der Streetworker freut sich auf seinen neuen Job. „Ich wollte mich nach einigen Jahren mal wieder verändern.“ Der Sozialpädagoge weiß aber auch, dass mit der Leitung der Suchtberatungsstelle keine leichte Aufgabe auf ihn zukommt. „Ein gut geführtes Schiff zu übernehmen ist schön – bedeutet aber auch, dass man es in diesem guten Zustand halten muss. Die Arbeit von Frau Lauer zu ersetzen, wird sicherlich nicht leicht.“

    Angela Lauer wird der Einrichtung fehlen – ihre ruhige, aber klare Haltung, ihr tiefes Verständnis für die Brüche im Leben ihrer Klientinnen und Klienten, ihre Überzeugung, dass Beziehung der erste Schritt zur Veränderung ist – all das hat die Beratungsstelle in den letzten 24 Jahren geprägt. „Wir erfahren hier manchmal mehr als der Ehepartner“, sagt sie. „Weil viele uns hier zum ersten Mal überhaupt erzählen, was sie erlebt haben.“ Wenn sie daran denkt, dass in zwei Wochen ihr letzter Arbeitstag an der Suchtberatungsstelle sein wird, wird sie schon etwas nachdenklich: „Wenn man sich ganz bewusst so einen Beruf aussucht, fällt natürlich schon auf einen Schlag viel weg.“ Und trotzdem freut sich die künftige Rentnerin darauf, mit ihrem Wohnmobil auf Reisen zu gehen.

    Dass sie nach all den Jahren nicht ausgebrannt oder verbittert ist, sondern mit leiser Freude und viel Zuversicht an ihren Nachfolger übergibt, hat auch mit ihrem Mantra zu tun. „Man muss nicht jeden retten“, sagt sie. „Aber jedem zuhören – das ist schon sehr viel.“

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