
Fadumo Korn klärt als Betroffene über Genitalverstümmelung auf

Plus Fadumo Korn wurde als Kind Opfer von Genitalverstümmelung. Mehr als 1500 Frauen in der Region sind davon betroffen. Vortrag und Ausstellung in Ingolstadt.

Danach hatte Fadumo Korn keine Lust mehr zu leben. Sie hatte Selbstmordgedanken - und das mit sieben Jahren. In diesem Alter wurde Korn in ihrem Heimatland Somalia Opfer von Genitalverstümmelung. Eine grausame Tradition, die auf Mythen beruht und dazu dient, die weibliche Sexualität einzuschränken. In der Region 10 sind laut Gleichstellungsstelle der Stadt Ingolstadt rund 1520 Mädchen und Frauen davon betroffen, in Ingolstadt 645. In Deutschland sollen es ungefähr 70.000 sein, global sind es laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 200 Millionen.
Fadumo Korn kämpft seit einem Vierteljahrhundert gegen die Beschneidung von Mädchen. Dazu hat sie den Verein "Nala e. V." gegründet, der sich das Motto "Bildung statt Beschneidung" auf die Fahnen geschrieben hat, da gebildete, selbstständige und selbstbewusste Frauen, die nicht von einem Mann als "Versorger" abhängig sind, Korns Ansicht nach leichter selbst über ihren Körper entscheiden können. Außerdem arbeitet die inzwischen 59-Jährige bei Donna Mobile, einem Verein, der sich schwerpunktmäßig der Gesundheitsförderung und Prävention sowie der beruflichen Qualifizierung von Migrantinnen widmet.
Fadumo Korn wäre nach der Genitalverstümmelung fast gestorben
Korn leidet bis heute unter den Folgen der Genitalverstümmelung. Ihren größten Wunsch, Mutter zu werden, konnte sie sich trotzdem erfüllen. Mit ihrem deutschen Mann Walter hat sie vor 32 Jahren einen Sohn bekommen. Aber leicht war es nicht, bei der Geburt wäre sie fast verblutet. Korns Geschichte ist schwer zu ertragen, so grausam ist das, was ihr als Kind angetan wurde.

Fadumo Korn zog damals mit ihrer Familie als Nomadin durch die Steppe Somalias. Schon der Abend vor der Verstümmelung kam ihr komisch vor. Es wurde gefeiert, alle bekamen zu essen - nur sie nicht. Ihr großer Bruder war extra aus der Stadt gekommen und hatte ihr Geschenke mitgebracht. Am nächsten Tag lotste ihre Mutter sie weg von den anderen. Da tauchte eine alte Frau mit einem schmutzigen Tuch voller furchteinflößender Utensilien auf. Während diese eine Rasierklinge und Stacheln von einem Dornbusch auswickelte, hielt Fadumos Mutter ihre Tochter am Arm fest, damit sie nicht weglaufen konnte. Die Tante kam auch noch dazu. Dann sei alles wahnsinnig schnell gegangen, sagt die 59-Jährige. Eine der Frauen spreizte ihre Beine auseinander, die andere steckte ihr ein Beißholz in den Mund, damit sie sich vor Schmerzen nicht die Zunge abbeißen würde. "Es gibt kein Wort, für das, was man beim ersten Schnitt fühlt", erzählt Fadumo Korn. Sie spürte noch, wie ihr das Blut hinunterlief. Sie weiß noch, wie sie versuchte zu schreien - dann fiel sie in Ohnmacht. Als sie wieder zu sich kam, hatte die alte Frau ihre Vagina komplett zugenäht - mit fatalen Folgen. "Ich konnte nicht mehr Pippi machen." Also zog man zwei der Stacheln heraus, die in der Steppe als Ersatz für Fäden dienten. Fadumo fiel ins Koma und wachte erst wieder auf, als ihre Familie schon ihre Beerdigung vorbereitete.
Fadumo Korn und Christian Ude kommen nach Ingolstadt
Danach erschien ihr ihr Körper nur noch wie eine leblose Hülle, am liebsten hätte sie sich von ihrem Unterleib getrennt, erinnert sich die 59-Jährige. Besser ging es ihr erst, als ihr Onkel sie nach Deutschland schickte, wo sie auch ihren Mann Walter kennenlernen sollte. Ihr Onkel ermöglichte ihr auch, sich zu bilden. Bildung und Aufklärung ist für die gebürtige Somalierin der Schlüssel. In diesem Sinne leistet sie mit "Nala" Aufklärungsarbeit. Erst kürzlich reiste sie mit Münchens Ex-Oberbürgermeister Christian Ude nach Burkina Faso, wo der Verein tätig ist. Anlässlich des internationalen Tages gegen weibliche Genitalverstümmelung am 6. Feburar, hält Fadumo Korn am 10. Februar einen Vortrag an der Ingolstädter Volkshochschule (Vhs), auch Ude wird dabei sein und über die Reise berichten. Außerdem stellt Fadumos Ehemann Walter Korn vom 10. Februar bis 15. März im Eingangsbereich des neuen Rathauses, im Bürgerhaus Alte Post, im Neuburger Kasten und im Foyer der Vhs Fotografien aus, die Momentaufnahmen aus Burkina Faso zeigen.
Sie haben nicht die Berechtigung zu kommentieren. Bitte beachten Sie, dass Sie als Einzelperson angemeldet sein müssen, um kommentieren zu können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an moderator@augsburger-allgemeine.de.
Um kommentieren zu können, gehen Sie bitte auf "Mein Konto" und ergänzen Sie in Ihren persönlichen Daten Vor- und Nachname.
Bitte melden Sie sich an, um mit zu diskutieren.