Frische Bio-Produkte, am besten noch regional produziert und vermarktet, sind so etwas wie der Goldstandard des bewussten Verbrauchers. Wie viel Bewusstsein sich der Verbraucher leisten kann und will, schwankt zwar – auf den Bio-Boom der Coronapandemie folgte beispielsweise eine Flaute – tendenziell aber wächst der Bio-Markt weiter. Eine nachhaltige Landwirtschaft ist auch politisches Ziel, denn geht es nach der Staatsregierung, sollen 2030 bereits 30 Prozent der Flächen ökologisch bewirtschaftet werden. Die Realität sieht allerdings anders aus, und das gilt insbesondere für den Landkreis Neuburg-Schrobenhausen: Nirgendwo sonst in Bayern finden sich prozentual so wenige Betriebe, die ökologische Landwirtschaft betreiben.
Weniger als 5 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe arbeiten nach Öko-Richtlinien
Nach Zahlen der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) arbeiten lediglich 4,2 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis nach den Öko-Richtlinien. Damit ist Neuburg-Schrobenhausen das Schlusslicht auf einer Karte des Freistaates, die offenbart, wie unterschiedlich die ökologische Landwirtschaft in Bayern verteilt ist. Vom Ackerbau geprägte Gegenden hinken dabei generell den Landkreisen hinterher, die viele Grünflächen bewirtschaften. Doch warum schneidet der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen auch unter denen so schlecht ab? Fehlt es schlicht an Motivation für mehr Bio?
An mangelnder Einstellung zum Umweltschutz liege es sicher nicht, dass die Umstellung auf den ökologischen Landbau in der Region so schleppend vorankommt, sagt Martin Wendl, Kreisobmann des Bauernverbandes. Vielmehr sei es der speziellen Struktur der Landwirtschaft im Kreis geschuldet. „Die ist stark vom Kartoffel- und Spargelanbau geprägt. Beide Früchte sind als Bio-Produkte nur schwer zu erzeugen und in großen Mengen zu vermarkten.“ Landwirte seien diesbezüglich sehr pragmatisch, sagt Wendl, wenn sich lukrative Gelegenheiten ergeben, seien sie gut darin, diese schnell zu nutzen, wie seinerzeit bei PV-Anlagen auf Dächern. Generell entscheide aber der freie Markt, was Landwirte produzieren. „Wenn im Supermarkt beispielsweise nur noch Bio-Eier gekauft werden, stehen bald auch nur noch solche im Regal. Niemand will schließlich Ladenhüter produzieren.“
Für die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft sind hohe Investitionen nötig
Ewald Pieringer berät für den Öko-Landbau-Verband „Naturland“ Landwirte, die umstellen wollen, und hat damit nicht gerade den leichtesten Job. Er weiß genau, vor welch großen Herausforderungen gerade Kartoffelbauern stehen, die den Schritt wagen. Da ist zum einen das finanzielle Risiko, denn den hohen Investitionen stehen zwei Übergangsjahre gegenüber, in denen Landwirte zwar bereits ökologisch produzieren, die Ware aber nicht als solche teurer vermarkten können. Und die Investitionen gehen schnell in Millionenhöhe, nicht nur im Hinblick auf die nötige Technik, sondern auch im Bereich Lagerung und Aufbereitung der Ware. „Eine Halle, in der für lange Zeit konventionell produzierte Kartoffeln unter Einsatz von Lagerschutzmitteln gelagert wurden, ist für ökologisch produzierte Kartoffeln oft nicht mehr geeignet. Rückstände der Schutzmittel könnten dann dazu führen, dass die Ware nicht mehr den Bio-Standards genügt“, erklärt Pieringer.
Ein weiterer Aspekt sind die viel engeren Fruchtfolgen, die im konventionellen Kartoffelanbau gefahren werden, in der Regel nur zwei bis drei Jahre. Im ökologischen Ackerbau ist dies nicht möglich, dort sind vier bis fünf Jahre üblich, weil synthetische Hilfsmittel fehlen. „Bio-Landwirte dürfen zwar bis zu drei Kilogramm Kupfer als Pflanzenschutzmittel ausbringen, das ist allerdings nichts im Vergleich zu den Waffen, mit denen konventionelle Landwirte arbeiten können“, sagt Pieringer. Und damit zurück ins Donaumoos, wo die landwirtschaftliche Struktur – wie üblich in Süddeutschland – sehr kleinteilig ist. „Entsprechend groß ist der Krankheitsdruck bei feuchter Witterung.“
Einer, der es trotz aller Widrigkeiten gewagt hat, im Donaumoos auf ökologische Landwirtschaft umzustellen, ist Walter Humbold aus Königsmoos. Und zwar nicht aufgrund finanzieller Überlegungen, wie er lachend erzählt. „Auf einem Seminar im Haus im Moos meinte die Referentin, dass ökologische Landwirtschaft im Donaumoos unmöglich ist. Das habe ich dann als Herausforderung gesehen.“ 2017 war das, und in den Augen vieler schien Humbold zum Scheitern verurteilt. „Es liefen damals sogar Wetten, wie lange ich das durchhalten würde. Nach 2021 fühlten sie manche schon bestätigt. Aber die Stimmung hat sich schon etwas gedreht, weil man jetzt sieht, dass auch funktionieren kann.“
Ein Königsmooser Landwirt beweist, dass auch im Donaumoos Bio-Landbau möglich ist
2021 hatte es insbesondere in seinem Eck des Donaumooses viel geregt und Humbold nahezu seine ganze Ernte verloren. „Aber da musste ich halt dazulernen, und ich musste das auch alles selbst lernen, weil es keine Erfahrungswerte für das Donaumoos gab. Ich habe 30 Jahre lang konventionelle Landwirtschaft betrieben und dann etwas Neues ausprobiert, wobei mir niemand helfen konnte, auch nicht in den Beratungen.“
Acht Jahre nachdem er den Entschluss gefasst hat, ist Humbold trotzdem zufrieden mit seiner Entscheidung und auch stolz, bewiesen zu haben, dass es eben doch funktionieren kann. Dazu gehöre allerdings auch eine gute Portion Idealismus, denn der rein finanzielle Anreiz sei vergleichsweise gering. „Der Umweltschutz ist mir das Wichtigste daran, und das muss es auch sein, wenn man das machen will. Vieles in der konventionellen Landwirtschaft ist in Ordnung, wie es ist, manches aber steht in keinem Verhältnis zum Nutzen, wenn man sich die Folgen für die Umwelt anschaut“, sagt Humbold. Zwar wünsche er sich, dass mehr Landwirte seinem Beispiel folgen, allerdings wisse er auch, wie individuell diese Entscheidung ist. „Jeder Betrieb, der von der Landwirtschaft lebt, muss selbst entscheiden, ob er umstellen will oder nicht. Da gibt es so viele unterschiedliche Faktoren, die es für manche auch finanziell unmöglich machen, gerade im Donaumoos. Die Voraussetzungen sind einfach viel zu unterschiedlich.“
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