Es ist einer der spektakulärsten Einbrüche in ein deutsches Museum, den es je gab: der Diebstahl des Goldschatzes aus dem Kelten- und Römermuseum im oberbayerischen Manching. Der Fall steht damit in einer Reihe mit dem Diebstahl der 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum im Jahr 2017 und dem Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden 2019. Ab Dienstag sitzen nun vier Männer auf der Anklagebank im Landgericht Ingolstadt, weil sie beschuldigt werden, den Keltenschatz im November 2022 gestohlen zu haben. Ein Großteil des Schatzes ist nach wie vor verschwunden – deshalb sind mit dem Prozess hohe Erwartungen verbunden.

Sowohl der leitende Kunstfahnder des bayerischen Landeskriminalamts, Christian Klein, als auch Museumsleiter Tobias Esch sind der Ansicht: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Einer der Verteidiger der Angeklagten, der Ingolstädter Klaus Wittmann, ließ aber bereits durchblicken, dass zumindest am Anfang des Prozesses nicht mit einer Äußerung der Männer zu rechnen sei. Auch in den Vernehmungen haben alle vier bislang geschwiegen.
Numismatiker bezeichnet Manchinger Goldschatzdiebstahl als „Desaster“
Aus den Ermittlungen ist allerdings bereits einiges bekannt: Die Diebe brachen in der Nacht auf den 22. November 2022 gegen 1.30 Uhr in das Museum ein, nachdem sie in der Telefonzentrale in Manching Kabel gekappt hatten, um die Alarmanlage außer Gefecht zu setzen. Die Angeklagten hatten das Objekt vorab sorgfältig ausgespäht und wohl bereits ein Jahr zuvor einen missglückten Versuch unternommen, im Museum einzusteigen. In jener Nacht im November war die Bande dann erfolgreich. Die Männer hebelten laut Staatsanwaltschaft zwei verriegelte Türen mit Brecheisen auf und arbeiteten sich bis zur runden, in den Boden eingelassenen Vitrine des Keltenschatzes im oberen Stockwerk vor.

Aus der Glasvitrine entnahmen die Diebe 483 Goldmünzen, einen sogenannten Goldgusskuchen und drei Bronzeringe. Bei dem 217 Gramm schweren Gusskuchen handelt es sich um Goldmasse, die vermutlich später noch zu Münzen verarbeitet werden sollte. Ein solcher Goldgusskuchen hat Experten zufolge Seltenheitswert. Überhaupt handelt es sich beim Manchinger Goldschatz, der aus der Zeit um 100 vor Christus stammt und 1999 entdeckt wurde, um den größten keltischen Goldfund des 20. Jahrhunderts. Der reine Goldwert beträgt 250.000 Euro, der Handelswert mindestens 1,5 Millionen Euro. Der kulturhistorische Wert sei unermesslich, wie Bernward Ziegaus, Numismatiker der Archäologischen Staatssammlung, zu der das Kelten- und Römermuseum gehört, sagt. Der Diebstahl sei ein „Desaster“, klagt Ziegaus, der den Schatz drei Jahre lang erforscht hat, bevor er ausgestellt wurde, und ihn gerne noch weiter erforscht hätte.
Bemerkt wurde der Einbruchdiebstahl, der nur neun Minuten gedauert hatte, erst am nächsten Morgen durch Mitarbeiter des Museums, die sofort die örtliche Polizei verständigten. Schnell wurde auch das LKA hinzugezogen, das bei Verbrechen aus dem Kunst- und Kulturbereich im öffentlichen Raum zuständig ist. Fortan ermittelte die 25-köpfige „Soko Oppidum“. Im Juli 2023 wurden die vier Tatverdächtigen festgenommen. Dabei stellte die Polizei bei einem von ihnen 18 Goldklumpen sicher, die den Ermittlungen zufolge aus einigen der Manchinger Münzen zusammengeschmolzen worden sind und möglicherweise übergeben oder verkauft werden sollten.
Goldschatz-Prozess: Am Landgericht Ingolstadt sind Termine bis Juni angesetzt
Die Bande soll für ungefähr 30 weitere Einbruchdiebstähle in Deutschland und Österreich seit 2014 verantwortlich sein. Auch diese Fälle - Einbrüche in Tankstellen, Supermärkte, Fastfood-Restaurants und Zulassungsstellen - werden im Ingolstädter Prozess mit verhandelt. Sie bilden eine Indizienkette, die die Täter letztlich überführen sollen. Denn diese gingen immer nach demselben Muster vor: Im Herbst oder Frühjahr erkundeten sie ihre Ziele mit einem Leihwagen, bei den Taten trugen sie immer schwarze Overalls mit Sturmhauben und Rucksäcke. Stets zerschnitten sie Internet- und Telefonkabel in Verteilerkästen, um die Alarmanlagen lahmzulegen, und sie benutzten türkise Brecheisen, die sie in nahegelegenen Gewässern entsorgten.

Eine sichergestellte DNA-Spur brachte die Ermittler auf einen der Tatverdächtigen, Überwachungsmaßnahmen führten die Polizei zur restlichen Bande. Drei der Männer kommen aus dem Raum Schwerin, einer aus Berlin. Die deutschen Angeklagten sind zwischen 43 und 52 Jahre alt und sollen im Alltag ordentlichen Berufen nachgegangen sein.
Während die Täter der Diebstähle in Berlin und Dresden bereits zu Haftstrafen zwischen dreieinhalb Jahren und sechs Jahren und drei Monaten verurteilt sind, gilt bei den vier Männern im Manchinger Fall noch die Unschuldsvermutung. Mit einem Urteil ist erst in ein paar Monaten zu rechnen. Bisher sind 31 Verhandlungstermine bis Anfang Juni angesetzt. Das Verfahren gilt allerdings als sehr umfangreich und könnte auch deutlich länger dauern.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden