Generationen, Grenzen und Stile zu überwinden, ist eine der besten Eigenschaften des Jazz. Das zeigte sich einmal mehr beim Birdland-Gig des noch jungen Geigers Sandro Roy mit dem Gitarren-Altmeister Martin Taylor. Nicht zu vergessen der ausgezeichnete Bassist Stefan Rey, der mit leichter Hand zusammenband und -hielt, was zusammengehört.
Gypsy-Swing und Mainstream-Jazz gingen Hand in Hand in einem Konzert, das sich von Stück zu Stück steigerte und schließlich pure Begeisterung hinterließ. Der eine oder andere Gitarrist im Publikum schnalzte anerkennend mit der Zunge, so souverän und gelassen zeigte sich Martin Taylor, der Schotte mit den Sinti-Wurzeln, einmal mehr im Birdland als absolute Koryphäe der Fingerstyle-Gitarre.

Sir Martin, wie er sich seit der Verleihung des MBE durch Queen Elisabeth nennen darf, besticht weniger durch Geschwindigkeit als durch die Macht der Reduktion, erzeugt mit minimalem Aufwand maximale Wirkung. Untadelige Technik und zweifelsfreie Virtuosität stets zu Diensten stehen Ausdruck, Feeling und Musikalität unangefochten im Vordergrund. Taylor beherrscht alles, was die Jazzgitarre ausmacht, vor allem das faszinierende In- und Auseinander des Wechselspiels von Akkorden und Singlenotes, verbunden mit expressiver Wärme, grandioser Gelassenheit und unbezwingbarem Optimismus.
Kein Skalenreiter, jeder Ton sitzt wohlüberlegt und mit höchster Akkuratesse, erklingt dabei voller Leben, Gefühl und Herzlichkeit. Vor allem in den Solofeatures, u.a. mit »They Can‘t Take That Away From Me« und »Someday My Prince Will Come« fängt Taylor reinen märchenhaften Zauber ein.
Im Trio spielen sich der Schotte und sein Augsburger Kompagnon Sandro Roy die Bälle zu, von Jung zu Alt, von Gypsy zu Mainstream, von Stephane Grappelli zu Henry Mancini in Balladen, Bossa, Blues und natürlich mit Gründervater Django Reinhardt, dessen Signatur »Nuages« in wunderbarer Innigkeit erklingt.
Roy verbindet Temperament und Verve, Expressivität, Esprit und Eleganz, Souveränität, Schwung und Stil. Da zeigen sich Perfektion und Reife in einer Meisterschaft, die seinen jungen Jahren trotzt und dem großen Vorbild aller Gypsy-Geiger, Stephane Grappelli und dessen lichtdurchfluteter Grandezza in sonst selten gehörter Intensität nahe kommt: Nicht nur »You Are The Sunshine of My Life« und »Faszinating Rhythm« sprechen für sich, auch im »Valse manouche« zeigen sich alle guten Geister des Jazz.
Der Dritte im Bunde, Stefan Rey, Garant für Stabilität, Halt und Groove am Kontrabass, überrascht – fast ein wenig zu selten – mit ungewöhnlichen, erstaunlich variablen Soli, Hummelflügen übers Griffbrett, die zwischen rundem Volumen und federleichtem Flageolett changieren und wie auf Zehenspitzen durch den Keller tanzen.
Ein Abend also für Feinschmecker, angefüllt mit Nuancen, Varianten, kleinern, feinen Wendungen, raffinierten Zutaten und bemerkenswerter Würze. Und damit nicht genug: Mit Jermaine Landsbergers »Paris Trio« ist nächsten Samstag eine weitere überaus spannende Facette des modernen Gypsy Jazz im Birdland zu erleben.
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