Es ist eine traurige Zahl: Rund 97 Prozent der befragten Frauen in Deutschland geben an, dass sie mindestens einmal in ihrem Leben von sexueller Belästigung betroffen waren (Quelle: www.statista.com). Egal ob durch Worte, Berührungen oder andere Handlungen, sexuelle Belästigung ist schließlich ein breites Spektrum. Damit es künftig bessere und niedrigschwellige Anlaufstellen für Betroffene gibt, wurde 2016 vom Münsteraner Frauen-Notruf die Luisa-Kampagne ins Leben gerufen. Sie soll Frauen dort Sicherheit geben, wo sexuelle Belästigung unmittelbar geschieht: in Bars oder Clubs. Gerade in der Faschingszeit kommt dieses Thema nun auch wieder in Neuburg auf.
Zum ersten Mal kam „Luisa“ bereits 2023 nach Neuburg. Damals hatte sich FW-Stadträtin Sissy Schafferhans für die Kampagne starkgemacht. Anlass waren ihre eigenen Erlebnisse an Weiberfasching. Vor allem dann habe sie gemerkt, wie schnell Situationen entstehen können, in denen sich Frauen unwohl fühlen. „Ich hätte mir damals eine entsprechende Anlaufstelle gewünscht“, hatte Schafferhans 2023 gesagt. Also suchte sie nach bereits bestehenden Hilfsangeboten für Frauen und wurde auf die Luisa-Kampagne aufmerksam. Um diese auch im Landkreis bekanntzumachen, hatte Schafferhans zusammen mit anderen Unterstützerinnen direkt an Weiberfasching eine Anlaufstelle im Gasthaus Pfafflinger angeboten.
In Neuburg-Schrobenhausen ist mittlerweile seit 2024 das Kreisjugendamt für die Luisa-Kampagne zuständig. Denn nur, wer über eine entsprechende Lizenz verfügt, darf „Luisa“ anbieten. Und Lizenzen werden nur an Organisationen vergeben, die mit Beratungsstellen zusammenarbeiten, was im Fall von Neuburg-Schrobenhausen „Wilma“ ist. Koordinatorin im Landkreis ist Viktoria Walder, die sich um die Kommunale Jugendarbeit und den Jugendschutz kümmert. Sie betont, dass es bei „Luisa“ darum geht, „ein flächendeckendes Netzwerk von Schutzräumen zu schaffen, in denen Menschen sich sicher fühlen können“.
Luisa-Kampagne wird in Neuburg von mehreren Gastronomen unterstützt
Und genau dieses Netzwerk muss auch in Neuburg langsam wachsen. Denn bisher kann man die Anlaufstellen noch an einer Hand abzählen. Mitglied der Luisa-Kampagne sind das Fly, das Bootshaus, das Huba, das Jugendzentrum und das Hertlein. Laut Walder werden aber bereits weitere Gastronomen kontaktiert, ob diese sich auch an „Luisa“ beteiligen wollen. Erkennen kann man die teilnehmenden Lokalitäten leicht, denn diese kennzeichnen dies mit einem Aufkleber oder Plakat mit der Aufschrift „Luisa ist hier“.
Gastronomen, welche mit „Luisa“ werben, machen damit deutlich, dass das eigene Personal für den Ernstfall geschult ist. Diese Schulungen führt Walder persönlich durch. Sie erklärt den Mitarbeitern, wie diese reagieren müssen, wenn eine Person Hilfe benötigt und wie sie unauffällig entsprechende Maßnahmen einleiten können. „Dies kann beispielsweise bedeuten, dass die betroffene Person in einen sicheren Bereich gebracht, die Eltern oder ein Taxi gerufen oder sogar die Polizei verständigt wird“, erklärt Walder.
Besonders wichtig ist ihr dabei, dem Personal klarzumachen, dass es unterstützend und nicht urteilend handelt, wenn es um Hilfe gebeten wird. „In Situationen von Belästigung oder Bedrohung fällt es vielen Menschen schwer, offen um Hilfe zu bitten – aus Angst, aus Scham oder weil sie die Lage nicht eskalieren lassen möchten. Deshalb ist es umso wichtiger, das Geschehene nicht zu bewerten, sondern den Betroffenen die verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen, über diese sie selbst entscheiden können.“ Gemeinsam mit einer Hilfe suchenden Person wird also überlegt, welche Maßnahme angebracht ist.
Walder erklärt dem Personal im Rahmen der Schulung, wie die Kampagne überhaupt funktioniert. Betroffene können leicht auf sich aufmerksam machen: Beim Bar- oder Servicepersonal können Hilfesuchende die einfache Frage stellen „Ist Luisa hier?“. Mit diesem Code wissen die Angestellten Bescheid, dass Hilfe benötigt wird und können die Situation entschärfen.
„Luisa“ soll in Neuburg sichere Schutzräume im Fall von sexueller Belästigung bieten
Ist die Schulung dann durchgeführt, wird das jeweilige Lokal mit Infomaterial vom Landratsamt versorgt. Für die Gastronomen selbst soll kein Aufwand entstehen und so erhalten die Betreiber Plakate oder Aufkleber kostenlos. Zudem ist den Gastronomen überlassen, auf eigene Kosten noch mehr auf die Aktion aufmerksam zu machen. Zum Beispiel, wenn Großveranstaltungen bevorstehen oder zu Zeiten, in denen das Weggehen besonders beleibt ist.
Ob der Bedarf an „Luisa“ im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen groß oder klein ist, lässt sich aus Sicht des Kreisjugendamtes nicht mit Zahlen belegen, da keine Daten über die Inanspruchnahme erhoben werden. In informellen Gesprächen mit den Gastronomen zeige sich aber laut Walder, dass Frauen sich an Orten mit „Luisa“ sicherer fühlen würden. Es habe bereits Gastronomen gegeben, welche aus Eigeninitiative „Luisa“ angefragt hätten.
„Luisa“ sei natürlich zum Fasching ein notwendiges Angebot, doch die Kampagne ziele selbstverständlich nicht nur auf bestimmte Phasen im Jahr, macht Walder klar: „Keineswegs gilt Luisa nur an bestimmten Abenden. Es sollen vor allen Dingen sichere Orte für Frauen geschaffen werden.“ Und das nicht nur in Neuburg - das Ziel sei, in den kommenden Jahren ein engmaschiges Netz in Neuburg, Schrobenhausen, Ingolstadt aber auch in vielen anderen deutschen Städten aufzubauen. Noch fokussiere man sich dabei laut Walder auf die Gastro-Szene, langfristig wäre aber auch eine Erweiterung beispielsweise in Fitnessstudios, Schwimmbädern und ähnlichen Einrichtungen denkbar.
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