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Unverwechselbare Lieder von Georg Kreisler: Theatergruppe Schrobenhausen begeistert mit humorvollem Programm

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Als wäre Georg Kreisler ein Schrobenhausener

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    Helmut Fischer, Uwe Pojda, Erwin Rabuser, Martha Trompler und Marianne Paul (von links) stürzten sich lustvoll in den Strudel der Liedtexte.
    Helmut Fischer, Uwe Pojda, Erwin Rabuser, Martha Trompler und Marianne Paul (von links) stürzten sich lustvoll in den Strudel der Liedtexte. Foto: Reinhard Köchl

    In seinen Liedern ließ er Tauben vergiften, Kinder zertrampeln und Atomkraftwerke explodieren. Georg Kreisler war der eigenwilligste und abgedrehteste Liedermacher, den es je gab, mit kabarettistischen Songs voller Witz und Tücke, grausam, grenzenlos, gemein und genial. Manchmal gab es bei ihm bloß surrealistische Wortspiele, manchmal lieferte er Trauriges wie in „Mein kleines Mädele“, manchmal Nachdenkliches bei „Das Mädchen mit den blauen Augen“, Bitterböses oder herrlich Durchgeknalltes. Wenn er sang, hämmerten seine Finger mit enormer Virtuosität auf das Piano ein – auf Tonträgern kann man das selbst 14 Jahren nach seinem Tod immer noch bewundern. Und bisweilen sogar beim Theaterverein Schrobenhausen, denn dort hat Kreisler-Fan Georg Berger zusammen mit einigen Gleichgesinnten ein höchst vergnügliches, launiges Programm in Erinnerung an den österreichischen Chansonier zusammengestellt. Dieses präsentierten die Sangesbrüder und -schwestern nun quasi als Premiere auch in Neuburg im gut besuchten Birdland-Jazzclub.

    Georg Berger ehrt den Chansonier Georg Kreisler im Birdland-Jazzclub in Neuburg

    Berger kennt den Weg von der Lenbachstadt durch das Donaumoos Richtung Donau ganz genau, schließlich durchmaß er ihn drei Jahrzehnte lang nahezu täglich, um zur Arbeit als Richter am Neuburger Amtsgericht zu gelangen. Inzwischen ist einer der ersten „Landkreis-Kosmopoliten“ fast 70, Zweiter Bürgermeister von Schrobenhausen, Vorsitzender des Theatervereins Schrobenhausen und in letzterer Eigenschaft ein bislang offenbar unentdecktes Vokaltalent.

    Alles auswendig! Georg Berger kennt die verqueren Kreisler-Texte, als wären es seine eigenen.
    Alles auswendig! Georg Berger kennt die verqueren Kreisler-Texte, als wären es seine eigenen. Foto: Reinhard Köchl

    Der kunstsinnige Jurist und Kommunalpolitiker übernimmt beim außerplanmäßigen Gastspiel im Hofapothekenkeller das Gros der Gesangsparts, er lebt „seinen“ Kreisler spürbar mit jeder Silbe und Faser seines Körpers. Gleich zu Beginn kredenzt Berger den Ohrwurm per se, den sein Vorbild einst mit dem harmlos anmutenden Titel „Frühlingslied“ überschrieb, in dem es aber den armen Täubchen mithilfe von Arsen oder Zyankali an den Kragen geht. Alles hat der pensionierte Richter im Kopf, er braucht keine Vorlage, selbst das völlig durchgeknallte englisch-deutsche Kauderwelsch von „Frikashta Sni“ sprudelt aus seinem Mund, als wärs sein eigenes Gedankenkonstrukt: „Dumbasso notorious and so to bed. A grish ban dish ban pitto pratto vodka. A rungaleiter gruppenweiter shut-up.“

    Dass Kreisler aber nicht nur ein Gaudibursch mit sadistischen Neigungen war, sondern oft mit klugen, politischen Texten den Finger in zeitlose Wunden legte, belegt unter anderem „Der Hund“, das 1976 entstand: „Am besten is, die Russen bleibn woʼs grad stehn. Und die Chinesen bleibn in China, dort isʼs schen! Denn so ein Kriag ist doch auf kaan Foll gsund. Mir kannʼs ja wurscht sein, aber sagnʼs, was macht mein Hund?“

    Kreisler-Erinnerungen in Neuburg: Theatergruppe Schrobenhausen begeistert mit Programm

    Dass Georg Berger und seine singenden Mitstreiter Uwe Pojda, Helmut Fischer, Erwin Rabuser, Martha Trompler und Marianne Paul ihren Hang zu Detailversessenheit derart ausleben können, liegt auch an der Besetzung des Klavierparts. Mit dem Aichacher Arnold Fritzscher hat sich die Schrobenhausener Crew einen Pianisten geangelt, der die erst auf den zweiten Blick ziemlich fingerbrecherischen Kompositionen Kreislers ebenso emphatisch begleitend wie eigenständig virtuos interpretiert.

    Uwe Pojda, in Neuburg auch durch die Theatergruppe „Mimenfeld“ bekannt, besang die „Triangel“.
    Uwe Pojda, in Neuburg auch durch die Theatergruppe „Mimenfeld“ bekannt, besang die „Triangel“. Foto: Reinhard Köchl

    Und Berger und Co. haben sicht- und hörbar Spaß an ihrem Tun, setzen (was bei Kreisler wichtig ist!) fast überall die richtigen Betonungen, etwa im frotzeligen „Was für ein Ticker ist der Politiker“, bei dem der Chor unschuldig lächelnd fragt: „Ist er wirklich so vonnöten, wie er glaubt?“. Sie erwecken das Schmählied auf die Ruhrpott-Metropole „Gelsenkirchen“ noch einmal zu kohlebestäubtem Leben, besingen liebevoll den „Guden oiden Franz“, während Georg Berger die „Telefonbuchpolka“ mit all „seine Freind“ herunterrattert, die in Wien unter dem Buchstaben V zu finden sind: „Vondrak, Vortel, Viplaschil, Voytech, Vozzek, Vimladil, Viora, Vrabel, Vrtilek…“ Wie gesagt: Alles auswendig! Nicht nur dafür gibt es am Schluss langanhaltenden Applaus und völlig zurecht verdiente Bravo-Rufe!

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