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Vorstand Kathy Dalinger im Gespräch: Wie die Stiftung Dianiño an Diabetes erkrankten Kindern und ihren Eltern hilft

Weichering

Diabetes-Stiftung Dianiño: Gegen die Überforderung und gegen das Stigma

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    Auch wenn Kinder über eine Pumpe mit Insulin versorgt werden, bleibt der Alltag von an Diabetes erkrankten Kindern eine Herausforderung – vor allem auch psychisch.
    Auch wenn Kinder über eine Pumpe mit Insulin versorgt werden, bleibt der Alltag von an Diabetes erkrankten Kindern eine Herausforderung – vor allem auch psychisch. Foto: Jörg Carstensen, dpa (Symbolbild)

    Noch immer erinnert sich Kathy Dalinger gut an den Moment, als für ihre Familie eine Welt zusammenbrach. Nachdem ihre damals fünfjährige Tochter Leonie in den Wochen davor immer mehr trinkt, immer mehr Gewicht verliert und schließlich starke Bauchschmerzen bekommt, geht sie mit ihr zur Kinderärztin. Die hat die richtige Idee, misst den Blutzucker des Kindes und schickt die beiden umgehend ins Krankenhaus. Dort diagnostizieren die Ärzte, wie jährlich bei rund 4000 anderen Kindern und Jugendlichen, Typ-1-Diabetes bei Leonie und stellen damit das Leben der Familie auf den Kopf.

    Nach einer Diabetes-Diagnose sind Eltern und Kinder oft komplett überfordert

    „Zu Beginn ist man komplett überfordert. Sie bekommen gesagt, dass ihr Kind nun dauerhaft krank ist, für immer Insulin spritzen und jedes Essen durchrechnen muss“, sagt Dalinger heute, 13 Jahre später. In zehn Tagen bekommen die Eltern einen Crashkurs, lernen die medizinische Technik kennen und die durchstrukturierten Tagesabläufe – viele Informationen in einer kurzen und schwierigen Zeit. So recherchiert Kathy Dalinger weiter, tauscht sich in entsprechenden Internet-Foren, Facebook-Gruppen und schließlich in einer Selbsthilfegruppe für Eltern mit anderen Betroffenen aus. „Oft können die anderen Eltern im eigenen sozialen Umfeld damit wenig anfangen und belächeln den Aufwand sogar“, erzählt die 51-Jährige. Eben jene Erfahrungen, die schiere Überforderung der Eltern und Kinder zu Beginn und die Unwissenheit und das Stigma, mit denen sie konfrontiert sind, inspirieren Dalinger, sich fortan selbst zu engagieren und betroffene Familien zu unterstützen.

    Zunächst in der Donauwörther Selbsthilfegruppe von Mandy Leinfelder, die mittlerweile eine gute Freundin ist und mit der sie lange auch einen Blog betreibt, und schließlich in der Stiftung Dianiño, bei der sie sich erfolgreich als Diabetes-Nanny bewirbt. „Weil ich hauptberuflich im Online-Marketing arbeite, wurde ich gefragt, ob ich die Stiftung in diesem Bereich unterstützen möchte. Dann wurde ich Teil des Kuratoriums und habe die Stiftung schließlich übernommen“, beschreibt Dalinger ihren ehrenamtlichen Werdegang. Seit 2023 leitet sie die Stiftung Dianiño, für die Elke Büdenbender, die Ehefrau des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, als Schirmherrin fungiert und die mittlerweile in Weichering beheimatet ist.

    Kathy Dalinger auf der Terrasse ihres Hauses in Weichering. Wenn es warm genug ist, ist es auch der Arbeitsplatz ihres ehrenamtlichen Engagements.
    Kathy Dalinger auf der Terrasse ihres Hauses in Weichering. Wenn es warm genug ist, ist es auch der Arbeitsplatz ihres ehrenamtlichen Engagements. Foto: Florian Lang

    Für Dianiño koordiniert sie die Arbeit von aktuell 250 Diabetes-Nannies, die in ganz Deutschland Familien dabei helfen, den Alltag mit der Krankheit zu bewältigen. Sie werden vom zuständigen medizinischen Diabetes-Team beauftragt und decken den psychosozialen Bereich der Unterstützung ab. In der Regel sind sechs Besuche eingeplant, in schwierigen Fällen können es auch mehr sein. „Oft sind es Akzeptanzprobleme, beispielsweise, wenn die Kinder in die Pubertät kommen. Da ist ohnehin alles schwer, dann kommt Krankheit dazu und man wird vielleicht noch gemobbt deswegen. Wenn die Eltern dann nicht mehr weiterwissen, kommen wir ins Spiel“, erklärt Dalinger.

    Viele Betroffene von Typ-1-Diabetes erleben eine Stigmatisierung – auch aus Unwissenheit

    Oft rühren Ausgrenzung und Akzeptanzprobleme auch von den eingangs erwähnten Stigmata, die eine Diabetes-Erkrankung mit sich bringt. „Da wird in der Öffentlichkeit, auch teilweise von den Medien gefördert, oft alles über einen Kamm geschert“, ärgert sich Dalinger. Die meisten Menschen wüssten nicht zwischen Typ-1 und Typ-2-Diabetes zu unterscheiden. Immer wieder werde das Bild des dicken Kindes bemüht, das sich nur von Chips und Fastfood ernährt und nicht vor die Tür geht.

    Allerdings handelt es sich bei Typ-1-Diabetes, wie auch bei Leonie diagnostiziert, um eine Autoimmunerkrankung, bei der die insulinproduzierenden Zellen des Körpers zerstört werden. Betroffene sind ein Leben lang auf eine Insulintherapie angewiesen. Typ-2-Diabetes hingegen kann, auch genetisch bedingt, durch einen ungesunden Lebenswandel mit Übergewicht und falscher Ernährung ausgelöst werden. Mit einer Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und Medikamenten (gegebenenfalls auch Insulin) kann die Erkrankung behandelt werden.

    Auch beim zweiten Schwerpunkt der Stiftung, der Schulung von pädagogischem Fachpersonal in Schulen und Kindergärten, ist Aufklärung ein wesentlicher Bestandteil. „Tatsächlich kann es passieren, dass Kindergärten betroffene Kinder nach der Diagnose ablehnen, weil das Personal damit nicht umgehen kann“, sagt Dalinger. In einem besonders kuriosen Fall habe der Kindergarten von einer Mutter verlangt, ständig für Notfälle unmittelbar verfügbar zu sein. „Die Frau verbrachte die komplette Zeit in der Besenkammer des Kindergartens, damit ihre Tochter und die anderen Kinder nichts davon mitbekommen.“ Eigentlich eine untragbare Situation, für die Dalinger aber auch Verständnis hat. „Da herrschen oft große Ängste davor, Fehler zu begehen und sich womöglich rechtlich angreifbar zu machen.“ Da sei es an der Politik, für Pädagogen Klarheit zu schaffen.

    Künftig wird die Stiftung Dianiño mit der Alexander Zverev Foundation zusammenarbeiten

    Dieses Angebot wird Dianiño künftig auch auf Freizeiteinrichtungen und Sportvereine ausdehnen, in Zusammenarbeit mit der Alexander Zverev Foundation. Der deutsche Tennis-Profi machte im Jahr 2022 seine Erkrankung an Typ-1-Diabetes öffentlich und setzt sich mit seiner Stiftung seither insbesondere für betroffene Kinder ein. „Viele Kinder glauben, keinen Leistungssport betreiben zu können. Manche Trainer setzen sie auch weniger ein, weil sie glauben, die Kinder schützen zu müssen“, sagt Dalinger. Diese Ängste wolle man gemeinsam mit dem Tennisstar abbauen.

    Ihre Tochter Leonie ist mittlerweile 18 und hat ihre Krankheit so weit im Griff, wie es eben möglich ist. „Klar, ich checke immer noch den Insulin-Vorrat und stehe mit Rat und Tat zur Seite, aber alles andere bekommt sie selbst hin“, sagt Dalinger. Umso mehr Zeit bleibt der 51-Jährigen, die sich an jedem einzelnen Tag zusätzlich zu ihrer 35-Stunden-Woche mehrere Stunden um die Stiftung kümmert, um Familien zu helfen, die diesen steinigen Weg noch vor sich haben.

    Info: Wer daran Interesse hat, die ehrenamtliche Arbeit der Stiftung Dianiño mit einer Spende oder durch Mitarbeit zu unterstützen, findet unter www.stiftung-dianino.de alle nötigen Informationen.

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