Zuerst fährt er seinen Enkel Aaron in die Schule, dann steuert Gunter Weinrich das Dorf Baiern bei Rohrenfels an. Auf einem einsamen Feldweg Richtung Donaumoos flattern zwei Störche heran. Der Neuburger Naturfreund füttert sie seit 20 Jahren in der Winterzeit.
Das Paar ist 2005 beringt worden und brütet seit 2006 auf dem Kirchturm von Baiern. Es gehört zu den 18 Störchen im Landkreis, die weite Reisen meiden und im Winter lieber hierbleiben. Gunter Weinrich versorgt sie mit Delikatessen: gekochte Hähnchenherzen und -mägen. Früher hat er die Schlachtabfälle von Metzgermeister Hans Schmid geschenkt bekommen, jetzt kauft er sie auf dem Wochenmarkt.
Die Störche in Baiern warten morgens bereits auf den Besuch von Gunter Weinrich
Wenn Weinrichs blauer Ford im Morgengrauen auftaucht, fliegen die Störche in der Regel sofort heran. Der Fütterer verteilt sein Festmahl stets am gleichen Fleck auf einer Wiese und wartet in einiger Entfernung, bis „aufgegessen“ worden ist. Die Störche nehmen das Futter gern, aber zahm sind sie deswegen nicht. „Eine gewisse Verbundenheit“ mit dem Paar in Baiern will Gunter Weinrich nicht leugnen, aber mit der Winterfütterung hatte er 2006 nur begonnen, weil sich ein Baierner Storch am Flügel verletzt hatte und kaum mehr fliegen konnte. „Seitdem sind sie meine besonderen Schützlinge.“

2024 verletzte sich die Störchin an einer Stromleitung und konnte nicht mehr laufen. Gunter Weinrich brachte den Vogel zu Andreas Kopernik von der „Tierhilfe Jonathan“. Der Spezialist konnte der Störchin helfen. Sie hinkt aber etwas, wie bei der Fütterung zu beobachten ist. Der Vogel stammt laut Beringung aus einem tschechischen Ort bei Prag, während sein Partner im französischen Elsaß geboren worden ist.
Einige Störche fliegen im Winter nicht nach Süden, sondern bleiben in der Region
Die Baierner gehören zu den 18 Winterstörchen, die jetzt im Landkreis zu finden sind. Das Gros der 45 bis 50 Brutpaare zieht allerdings nach Süden. Die Westzieher fliegen normalerweise über Gibraltar nach Tunesien, Marokko oder Algerien. Die Ostzieher steuern über die Türkei, den Libanon und Ägypten afrikanische Länder wie den Sudan an. Die bis zu 10.000 Kilometer lange abenteuerliche Reise ist mit vielerlei Gefahren verbunden. Etwa ein Drittel der Störche verliert dabei das Leben. Die Türkei ist ein wichtiger Rastplatz. Zudem werden sie in der Türkei als „Mekka-Pilger“ verehrt und nicht verfolgt.
Seit Jahren zeigt sich allerdings, dass die Storchenschwärme nicht mehr bis nach Nordafrika segeln, sondern in Spanien landen und sich dort auf Müllkippen ernähren. Dieser Trend trifft auch auf „innerdeutsche“ Störche zu, die große Deponien nach Fressbarem absuchen. Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) ist davon nicht sonderlich begeistert, zumal es zwischen den standorttreuen Paaren und jungen Neuankömmlingen zu harten Kämpfen um die Brutplätze kommen kann, wie Storchenexpertin Oda Wieding vom LBV weiß.
Storchenbestand in Bayern ist 2024 stark gewachsen, 50 davon kommen aus dem Landkreis
Der Bestand in Bayern ist 2024 laut LBV extrem gewachsen, auf mittlerweile 1200 Brutpaare. Der Kreis Neuburg-Schrobenhausen steuert dazu rund 50 Paare bei, die sich vorwiegend im Donaumoos und in der „Storchen-City“ Schrobenhausen niederlassen. Die Naturschützer gehen außerdem von aktuell 300 Winterstörchen in Bayern aus. Dazu gehören die Brutpaare in Hörzhausen, Karlskron, Langenmosen, Baiern, Burgheim, Hollenbach, Rennertshofen, Rohrenfels und Bertoldsheim. Eine Beobachterin in Stengelheim hat Gunter Weinrich zudem einen neuen Storch auf einem Mast gemeldet. Es könnte sich um den ersten Rückkehrer aus dem Winterquartier handeln. Er wird in den kommenden Wochen Gesellschaft bekommen, wenn seine Artgenossen aus Spanien oder Afrika eintreffen. Beim Neuburger „Storchen-Opa“ Gunter Weinrich wird dann wieder häufiger das Telefon klingeln und seine „Späher“ melden, was rund um die Storchennester so passiert.
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