Megesheim feiert Monster-Gaudiwurm
Der größte nordschwäbische Faschingsumzug wird von rund 10000 Zuschauern bejubelt
von Werner Kunzmann
Megesheim 73 Gruppen zogen am gestrigen Nachmittag durch die Megesheimer Hauptstraße und bildeten mit dem mittlerweile größten Faschingsumzug Nordschwabens zudem einen der längsten Gaudiwürmer in der Vereinsgeschichte der „Schafrupfer“. Für die Nordrieser Gemeinde mit 850 Einwohnern ist dies allein nicht zu schaffen. Deshalb gibt sich seit einigen Jahren das ganze Ries ein närrisches Stelldichein. So hörte man neben dem heimischen Schlachtruf „Ho Ho Ho – Rupfido!“ das Harburger „Ho Ho Horreburg“, das Huisheimer „Huisi – Helau“, Herblingens „He Ho“, das „Hanoi – Hajo“ aus Kösingen, das Baldinger „Baldi Balda – Baldonia“ und schließlich auch das „Helau Hela – Wemdosia“ aus Wemding. Die beiden Musikkapellen aus Wemding und Reimlingen und die vier so lautstarken wie ausgelassenen und prächtig kostümierten Guggenmusiken aus Utzmemmingen, Mönchsdeggingen, Maihingen und Kösingen bliesen den Aktiven den Marsch. Blickfänge waren natürlich wieder die zwölf aufwändig gestalteten Themenwagen, an denen in gewohnter Weise scharf „geschossen“ wurde. Dabei gerieten selbstverständlich nicht die gut 10 000 Zuschauer ins Kreuzfeuer, vielmehr flogen hier dem aktuellen Zeitgeist verbale Giftpfeile um die Ohren. So steigt ein vor Kraft und Selbstgefälligkeit strotzender Ex-Bundesligatorwart nach dem Genuss eines salatfreien Anabolika-Steaks als Tim Riese in den Wrestling-Ring mit dem Kommentar: „Für Tim sind Verträge wie diese eine g’mähte Wiese“. Beim Megesheimer Bahnstreik sind selbst Jim Knopf und Lukas samt ihrer Lok Emma zur Untätigkeit verdammt: „Es ist doch wirklich allerhand, die Bahn streikt selbst in Lummerland.“ Ein Bananen-werfender Mogli und Balu in der Hängematte geben im Dschungelbuch „den Beat“ vor, die „Wilden vom Sachsenhart“ finden vornehmlich unter den hübschen weiblichen Besucherinnen kurzzeitig bedauernswerte „Opfer“ und natürlich wird „unser vierter WM-Stern“ mit einem nahezu haushohen Gefährt samt begeh- und drehbarem Fußball und noch weit größerer Segens-Statue gefeiert. Die Besatzung des scheinbar friedlich dahintuckernden Wellness-Dampfers entpuppt sich bei näherer Betrachtung als lautstarke Punk-Rocker. „Uschis Resterampe“ mit Fahrrad-Ersatzreifen am Panzer beklagte sich mit dem hintersinnigen Knittelreim: „Wir hatten eine heile Wehr, doch das ist eine Weile her.“ Schließlich findet die harte dorfinterne Auseinandersetzung in Sachen Mobilfunkmast eine sehr augenfällige Lösung: „Weil keiner gern am Masten wohnt, schießen wir ihn auf den Mond“ steht auf dem täuschend echt nachgebauten Space-Shuttle, der sich zum Countdown mittels Hydrauliktechnik Richtung Weltraum aufrichtet. Doch auch die kunterbunten und kreuzfidelen Fußgruppen waren stets mehr als einen flüchtigen Blick wert. Wie der „Wanderzirkus Politico“, der sogar ein lebendes Federvieh mitreisen ließ: „Eine Gans! Guck mal da! Heißt die etwa Angela?“, in Sachen Maut auch kein Blatt vor den Mund nahm: „Kamel, Gans, Affe, Kuh – Dob-RIND passt gut dazu!“ und mit emsigen Blasen-Bläsern die große Politik veräppelte: „Im Bundestag, was hört man da? Seifenblasen und Bla-Bla.“ In einer wahren Wolke aus Federn hatte der Tierarzt mächtig zu tun: „Fallen die Hühner von der Stange, ist die Vogelgrippe voll im Gange.“ Federn lassen musste selbstverständlich auch Uli Hoeness, der erst im Kreis seiner gestreiften Knackibrüder mitmarschierte und ein paar Gruppen weiter neben Franziskus und weiteren Promis den begehrten Facebook-Daumen bekam. Die Horreburger Schlosshexen trieben mit ihren Besen ihr Unwesen, zum Fürchten waren auch die Megesheimer „Wufel“, die Wemdinger Huaderle, die Kösinger Wetterhexen und die vogelwilden Zündele, die artistischerweise einen dreifachen Knieumschwung an einem festgehaltenen Besen vorführten. Staunen durfte man auch über Tanzeinlagen der Nördlinger New Style Dancers, der Wassertrüdinger Europa Showtanzgarde und des Baldonia-Männerballets. Die Riesenfriesen in der Achterbahn fuhren, saßen und liefen gleichzeitig, das Tierreich war mit hübschen Majas, Calamaris zum Anbeißen, süßen Kratermäusen, wunderlichen Waldwesen, pfiffigen Pinguinen und langhalsigen Fantasy-Birds reich vertreten. Punkrock-Heino gab‘s gar im Sechserpack und die Gruppe mit dem Thema „zwölf Stämme“ demonstrierte augenfällig das Motto „Hiebe statt Liebe“. Eine gute Stunde wälzte sich ein wieder bunter, vielseitiger, sorgfältig gestalteter und von Schafrupfer-Präsident Thomas Aust engagiert kommentierter Gaudiwurm durch Megesheims Hauptstraße, kehrte am Dorfausgang zum Gegenzug um und feierte seinen neuerlichen Höhepunkt mit einer Disco-Party an der 30-Meter-Theke in der Turnhalle.
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