Ein länger schwelender Nachbarschaftsstreit, der sich in einer Gemeinde im südlichen Ries zugetragen hat, hat am Dienstag vor dem Nördlinger Amtsgericht einen Höhepunkt erreicht. Ein 65-Jähriger soll seinem Nachbarn nach einem verbalen Streit einen drei bis vier Zentimeter großen Stein an den Oberschenkel geworfen und anschließend mit einem Golfschläger Schlagbewegungen ausgeführt haben, um dem Opfer Angst zu machen. Deshalb musste er sich jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung verantworten, so die Anklage der Staatsanwaltschaft. Das Pikante daran: Der Angeklagte ist der neue Freund der Ex-Frau des Geschädigten. Zur Tatzeit lebte die Frau mit dem Angeklagten in dessen Haus in der Nachbarschaft des Geschädigten. Mittlerweile ist das Paar nach Baden-Württemberg umgezogen, um den Anfeindungen des Ex-Partners zu entgehen, so der Angeklagte. Denn der Nachbar sei zu dieser Zeit etwa sechs- bis achtmal am Tag an seinem Haus vorbeigefahren und habe Beleidigungen wie „Drecksmutter“ gerufen.
Und so beschreibt der Angeklagte das Geschehen am Vatertag vergangenen Jahres: Sein Nachbar sei wieder einmal zusammen mit seinem Sohn an seinem Haus mit dem Fahrrad vorbeigefahren und habe ihn und seine neue Partnerin beschimpft. Hier seien Worte wie „Kinderschänder“ und der Satz „Komm raus, wenn du ein Mann bist“ gefallen. Anschließend habe sein Kontrahent den Sichtschutz am Zaun eingedrückt, das Übergewicht bekommen und sei über den Zaun gefallen. „Ich bin dann ins Haus gelaufen und habe mir einen Golfschläger gegriffen“, so der Angeklagte weiter. Diesen habe er aber lediglich in der Hand gehalten. Einen Stein habe er nicht geworfen.
Streit um Ex-Frau
Die Schilderungen seines Kontrahenten zeichnen ein anderes Bild: Er sei mit seinem Sohn am Haus des Nachbarn vorbeigefahren, weil der Sohn lernen wollte, wie man auf dem Hinterrad fährt. Sein Nachbar habe an der Mauer gestanden und ihn beschimpft. Er sei dann hin und habe gefragt, was er wolle. Nach einem Streitgespräch, bei dem es unter anderem um die Ex-Frau des Geschädigten ging, habe der Angeklagte „Du Drecksau“ gerufen und einen Stein geworfen. Anschließend sei er ins Haus, mit einem Golfschläger zurückgekommen und habe damit gedroht.
Als weiterer Zeuge war ein Nachbar geladen. Aus dem Grundstück sei ein Stein geflogen, „in etwa so groß wie mein Daumen“, sagte der Nachbar. Er konnte aber nicht genau sagen, wer ihn geworfen hat.
Stein oder „Dreckbollen“?
Der Anwalt des Angeklagten befragte den Geschädigten und den Nachbarn vor allem zum Stein, den der Angeklagte geworfen haben soll, eingehend. Es könnte auch ein „Dreckbollen“ gewesen sein, oder ein kleiner, gelblicher Stein, so der Nachbar. Der Geschädigte konnte keine genauen Angaben zum Wurfgeschoss machen, hätte aber bei der Polizei ausgesagt, dass es ein Stein gewesen war.
Staatsanwalt Markus Klatt sagte, der Sachverhalt der Anklage habe sich im Wesentlichen bestätigt. Allerdings konnte nicht mehr klar dargestellt werden, ob es sich um einen Stein oder einen Dreckbrocken gehandelt habe. Im Unterschied zu einem Stein handle es sich hier nicht um ein gefährliches Werkzeug. Somit liege eine einfache und keine schwere Körperverletzung vor.
Verteidiger fordert Freispruch
Der Verteidiger des Angeklagten hingegen plädierte auf Freispruch. Der Sachverhalt habe sich nicht bestätigt, die Aussagen der Zeugen seien kritisch zu betrachten und enthielten seitens des Geschädigten immer wieder Bedrohungen. So habe er unter anderem seine Ex-Frau als „Mülleimer“ bezeichnet.
Richterin Angela Gastl folgte in ihrem Urteil vollumfänglich dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft und verwarnte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung. Eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 140 Euro bleibt auf Bewährung vorbehalten. Zu Gunsten des Angeklagten spreche unter anderem auch, dass es sich um einen lang andauernden Nachbarschaftsstreit gehandelt habe und der Angeklagte mittlerweile weggezogen sei, um sich diesem zu entziehen. Zudem gebe es keine Voreintragungen im Bundeszentralregister und die Sozialprognose sei günstig.
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