Sicher geht es in den Sitzungen von Stadt- und Gemeinderäten manchmal hoch her – es wird diskutiert, lamentiert und gestritten. Doch dass eine Kontroverse gleich zu einer Orgie ausartet, das gibt es wohl nur auf der Theaterbühne. „A bisserl was geht allerweil“ heißt die spritzige Komödie, die das Chiemgauer Volkstheater vor 350 Zuschauern im fast ausverkauften Nördlinger Klösterle zur Aufführung brachte.
Darin möchte Hans Huber (Andreas Kern), Bürgermeister von Schnackselhausen, zur Sanierung der Gemeindefinanzen ein „Filet-Grundstück“ verkaufen. Dabei ist der Rathauschef allerdings den Begehrlichkeiten und persönlichen Interessen von mehreren Gemeinderäten ausgesetzt. Der geldgierige Baulöwe Franz Schwarz (Peter Fritsch) will eine Spielhalle bauen lassen, die exaltierte Dr. Gabriele Angelbauer-Lüders (Kristina Helfrich) möchte futuristische Sozialwohnungen errichten und der leutselige Feuerwehrkommandant Alois Frey (Hanno Sollacher) träumt von einem neuen Feuerwehrhaus. Das „Blumenkind“ Susi Grünberger (Simona Mai) will gar eine große Cannabis-Plantage anlegen und bringt sogleich eine Pflanze zur Anschauung mit.
Turbulente Komödie des Chiemgauer Volkstheaters: Sitzung läuft aus dem Ruder
Die Angelegenheit soll in einer Sitzung des Bauausschusses entschieden werden, unter der strengen Aufsicht des diensteifrigen Bauamtsleiters Schmidt (Flo Bauer). Doch als die „Facility-Managerin“ Uschi (Mona Freiberg) Tee serviert, wird die Stimmung im Gremium immer lockerer. Zu spät stellt sich heraus, dass der gereichte Tee aus der mitgebrachten Cannabis-Pflanze aufgebrüht wurde. Die Sitzung läuft derweil komplett aus dem Ruder, anstatt diskutiert wird getanzt, die enthemmte Gemeinderätin („Gabi-Hasi“) geht auf Tuchfühlung zum Bürgermeister („geiles Schnittchen“) und am Ende fallen sogar einige Hüllen.
Mit der Komödie „A bisserl was geht allerweil“ präsentieren die Chiemgauer einmal mehr ein Stück im Stil des traditionellen bayerischen Volkstheaters. Theaterchef Bernd Helfrich, Autor und Regisseur in Personalunion, hat die üblichen Zutaten zu einem pfiffigen Lustspiel gemixt: spritzige Dialoge, witzige Pointen und markige Sprüche im altbayerischen Dialekt („Wir sind in Bayern, da findet Opposition überhaupt nicht statt“). Und auch wenn so mancher Gag nicht mehr ganz neu ist, sorgt er für Heiterkeit und Gaudi beim Publikum.
Chiemgauer Ensemble begeistert im Nördlinger Stadtsaal
Beim Ensemble setzen die Oberbayern seit jeher auf Kontinuität. Die meisten Akteure sind seit vielen Jahren dabei und spielen ihre Rollen ebenso leidenschaftlich wie souverän. Dabei überzeugen vor allem Andreas Kern als opportunistischer Bürgermeister („keine Lichtgestalt, sondern ein Glühwürmchen“), Flo Bauer als spröde Beamtenseele und Kristina Helfrich als entfesselter und liebestoller Vamp. Eine Klasse für sich ist einmal mehr Mona Freiberg als ebenso resolute wie gerissene Putzfee, die im Hintergrund alle Fäden in der Hand hält. Die Uschi ist es schließlich auch, die den Überblick behält, als nach der „Rathaus-Orgie“ der Kater einsetzt und alle Beteiligten reumütig und mit hängenden Köpfen beim OB vortanzen. Ihrer Idee vom Kulturzentrum für Schnackselhausen kann sich am Ende keiner widersetzen und so kommt es doch noch zum nicht unerwarteten Happy-End.
Es war einmal mehr ein humorvoller Theater-Abend und vor allem im zweiten Akt eine Riesen-Gaudi, die das Chiemgauer Volkstheater dem Nördlinger Publikum mit „A bisserl was geht allerweil“ bot. Nicht nur die zahlreichen Stammgäste lachten, klatschten und fühlten sich bestens unterhalten. Folgerichtig wurden die Schauspieler erst nach mehreren Vorhängen mit reichlich Beifall verabschiedet.
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