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Warum bauen Jugendliche gerne Modellflugzeuge? Ein Selbstversuch

Nördlingen

Was begeistert an Modellflugzeugen? Unsere Volontärin probiert es aus

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    Die Volontärin der Rieser Nachrichten hat selbst versucht, ein Modellflugzeug zu bauen, um herauszufinden, was Jugendliche daran begeistert.
    Die Volontärin der Rieser Nachrichten hat selbst versucht, ein Modellflugzeug zu bauen, um herauszufinden, was Jugendliche daran begeistert. Foto: Anna-Lena Schachtner

    Flugzeuge, überall Flugzeuge: Sie baumeln als Modelle von der Decke der Werkstatt und stapeln sich in Regalen, auf den Werkbänken liegen Flügel und Rümpfe verstreut. Bei manchen von ihnen fehlt noch die Verkleidung, sodass ihr hölzernes Skelett freiliegt. In einem Flieger klafft ein Loch, sodass man in seinen Bauch mit den Kabeln sieht wie in das Innere eines Körpers. Dazwischen sägen, feilen und kleben etwa zehn Jungs an Holzlatten. Neben dem Raspeln des Holzes ist es erstaunlich leise, nur zwischendurch kreischen und brummen kurz Maschinen — die Bandsäge und der Schleifblock, wie man mir später erklärt.

    Ich befinde mich in der Werkstatt der Flugmodellgruppe in Nördlingen, in der wöchentlich Kinder und Jugendliche an ihren Modellen werkeln. „Wir fangen bei Null an“, sagt Jochen Zimmermann, der die Jungs betreut. Ziel sei es, den Kindern handwerkliche und technische Fähigkeiten beizubringen, denn in der Schule und Zuhause lernten sie diese kaum noch. Das trifft wohl auch auf mich zu. Das Fach Handarbeit in der Grundschule habe ich mit Schrecken in Erinnerung, von den meisten Werkzeugen kenne ich nicht einmal den Namen. Und dennoch will ich heute versuchen, selbst ein Modell zu bauen. Ich möchte verstehen, warum die Jugendlichen damit ein halbes Jahr verbringen, obwohl man sich die Flugzeuge auch einfach fertig kaufen könnte.

    Selbstversuch in der Flugmodellgruppe: Bei der ersten Aufgabe mache ich einen Fehler

    Dafür arbeite ich heute mit Luca zusammen. Er ist elf Jahre alt und auch das erste Mal dabei. Das Modell, mit dem wir an diesem Tag beginnen, wird zum Schluss ungefähr ein Kilo wiegen. Zunächst bauen wir die Flügel, die ein wenig aussehen wie das Skelett einer Walflosse. Vor uns auf der Werkbank liegen einige etwa zehn Zentimeter lange Holzlatten, daneben der Plan für den Flügel: ein Trapez mit vielen Linien und Zahlen, aus denen ich nicht ganz schlau werde. Luca markiert die Latten anhand des Planes an einer bestimmten Stelle mit einem Strich, danach soll ich sie entlang einer senkrechten Linie auf der Arbeitsplatte hintereinander aufreihen. Einfach, denke ich – auch wenn mir noch ein Rätsel ist, wie daraus ein Flugzeug werden soll.

    So simpel meine Aufgabe war, habe ich doch gleich etwas falsch gemacht. Als Zimmermann die Holzlatten zu einem Block zusammenlegt und in einen Schraubstock spannt, stellt sich heraus, dass eine der Latten versetzt ist. Doch so schlimm scheint es nicht zu sein: Zimmermann sägt ein Stück vom Holz weg, als nächstes wird die Oberfläche des Blocks geschliffen. Dadurch sollen alle Latten an der einen Kante bogenförmig und auf der anderen Seite gerade werden. Zum Schluss sollen sie nämlich als Rippen für den Flügel dienen. Ich nehme also eine Raspel in die Hand und ratsche damit über das Holz. Auch das ist nicht so einfach wie gedacht. Zimmermann erklärt mir geduldig, dass ich mit der Raspel nicht so sehr nach vorne und hinten kippen darf, schließlich soll nicht an einer Stelle des Blocks eine Delle entstehen, während an der anderen zu wenig weggeschliffen wird. Einmal biegt sich eine Latte gefährlich weit zur Seite, als ich darüber schleife. Es hätte wohl nicht viel gefehlt und sie wäre abgebrochen. Je länger ich schleife, umso mehr Holzstaub legt sich wie Schnee auf der Werkbank ab.

    Ben tüftelt an seinem Modell eines Sturzkampfbombers aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Idee, diesen nachzubauen, hatte er selbst.
    Ben tüftelt an seinem Modell eines Sturzkampfbombers aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Idee, diesen nachzubauen, hatte er selbst. Foto: Anna-Lena Schachtner

    Zimmermann sagt: Schüler lernen zu wenig Handwerk in der Schule

    Währenddessen eilt Zimmermann von Werkbank zu Werkbank und hilft den Jugendlichen beim Schneiden mit dem Cuttermesser oder erklärt ihnen, was sie als nächstes machen sollen. Damit die Jungs überhaupt an ihren Modellen basteln können, brauchen sie die Pläne — die Zimmermann eigenhändig erstellt. Daran merkt man, wie wichtig es ihm ist, dass seine Schützlinge durch ihr Hobby technisches Verständnis lernen. Schade findet er, dass im Verein momentan keine Mädchen sind. „Ich glaube nicht, dass das nur ein Hobby für Jungs ist.“

    Luca und ich haben mittlerweile das Holz weit genug abgeschliffen. Nun sollen wir die Rippen anhand des Planes anordnen und auf einen Holzstab kleben, den wir zuerst mit Nägeln auf der Arbeitsplatte fixieren. Auch das ist für mich eine Herausforderung: Ich klopfe mit dem Hammer so fest auf die hauchdünnen Nägel, dass sie verbiegen und nicht richtig halten. Wieder muss mir Zimmermann helfen. Der nächste Schritt ist zum Glück einfach: Mit einer Tube tupfe ich Kaltleim auf die Rippen, Luca klebt sie anschließend auf den Holzstab. Je mehr Rippen wir festkleben, umso mehr kann ich mir vorstellen, wie der Flügel zum Schluss aussieht — und dass er tatsächlich Teil eines Flugzeuges wird.

    Mein Fazit zum Modellflugzeug-Bau

    Mein Fazit nach drei Stunden in der Werkstatt: Ich verstehe jetzt besser, was die Faszination der Modellflieger ausmacht. Obwohl ich mich eigentlich nicht sonderlich für Technik interessiere, hat es Spaß gemacht, mich in die Bauweise der Flugzeuge einzudenken. Und es muss schön sein, ein Hobby zu haben, in das man sich stundenlang vertiefen kann und bei dem man am Ende ein sichtbares Ergebnis vor sich stehen hat. Luca hat es auch Spaß gemacht — er möchte nächste Woche wieder in die Werkstatt kommen.

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