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7 tote Babys: Doch kein Mord im Fall Letby?

Justizskandal

Kein Mord im Fall Lucy Letby? Verdacht auf Justizirrtum in England

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    Diese Gerichtszeichnung aus dem August 2023 zeigt die Krankenschwester Lucy Letby, die der Urteilsverlesung im Manchester Crown Court zuhört.
    Diese Gerichtszeichnung aus dem August 2023 zeigt die Krankenschwester Lucy Letby, die der Urteilsverlesung im Manchester Crown Court zuhört. Foto: picture alliance/dpa/Press Association

    Es war der Kindermediziner Shoo Lee, der am Dienstag mit ruhiger Stimme die Ergebnisse eines Berichts vorgestellt hat, der die Schuld der wegen mehrfachen Mordes an Neugeborenen verurteilten Kinderkrankenschwester Lucy Letby erneut infrage stellt. Mittlerweile haben Experten aus mehreren Ländern an dem Gerichtsurteil große Zweifel. Sie hätten keine Hinweise auf Mord gefunden, sagte Lee. In allen Fällen seien „der Tod oder die Verletzungen auf natürliche Ursachen oder einfach auf schlechte medizinische Versorgung“ im Countess of Chester Hospital zurückzuführen, betonte der Arzt bei einer Pressekonferenz in London.

    Der Report ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von 14 Experten, darunter der Deutsche Helmut Hummler, leitender medizinischer Direktor der European Foundation for the Care of Newborn Infants (EFCNI), einer europäischen Stiftung, die sich für die Gesundheit und die bestmögliche Versorgung von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen einsetzt. Sollte ihre Einschätzung zutreffen, deutet dies auf einen Justizskandal hin und auf katastrophale Zustände in Teilen des britischen Gesundheitssystems NHS.

    Dass ausgerechnet eine Kinderkrankenschwester Neugeborene ermordet haben soll, sorgte für Entsetzen in Großbritannien. Die auffälligen Todesfälle ereigneten sich zwischen Juni 2015 und Juni 2016. Die heute 35-Jährige, die damals auf der Neugeborenen-Intensivstation eines Krankenhauses im Nordwesten Englands arbeitete, soll die Kinder vorsätzlich getötet haben, indem sie ihnen unter anderem Luft und Insulin injizierte, hieß es. Für sie als Täterin sprach aus Sicht des Gerichts, dass sich die Todesfälle während ihrer Schichten häuften. Und Letbys eigene, düstere Aufzeichnungen, in denen sie über Schuld schrieb.

    Lucy Letby soll sieben Babys getötet und es bei weiteren sieben versucht haben

    Sie wurde im Jahr 2023 in zwei Prozessen des Mordes an sieben Babys und des versuchten Mordes an sieben weiteren für schuldig befunden und erhielt die Höchststrafe: lebenslänglich, ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung. Doch die Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind seither nicht verstummt. Die junge Frau bestritt die Taten. Zwei Anträge auf ein Berufungsverfahren wurden abgelehnt. Die Criminal Cases Review Commission (CCRC), eine unabhängige britische Organisation, die sich mit der Überprüfung möglicher Fehlurteile befasst, wird nun auf Antrag der neuen Verteidigung Letbys alle Beweise prüfen, um festzustellen, ob der Fall an die Gerichte zurückverwiesen werden soll. Der konservative Abgeordnete David Davis bezeichnet die Verurteilung schon jetzt als „eine der größten Ungerechtigkeiten der modernen Geschichte“.

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