ADHS-Patient will sich Cannabis von der Kasse zahlen lassen
Alejandro José Häßler leidet unter ADHS. Er darf Cannabis deshalb legal kaufen und konsumieren. Doch seine Krankenkasse will nicht dafür zahlen.
Vier große Buchstaben stehen auf Alejandro José Häßlers Basecap: DOPE. So werden Rauschmittel auf Cannabis-Basis benannt. Cannabis ist Häßlers Thema. Der junge Mann aus Rheinfelden (Baden-Württemberg) Er ist einer von rund 600 Deutschen, die eine staatliche Erlaubnis besitzen, Cannabis legal zu kaufen und zu konsumieren – zu therapeutischen Zwecken. Was für ihn als Medizin gilt, möchte die Krankenkasse aber nicht bezahlen.
Cannabisblüten zur Selbsttherapie
Immer wieder fiel Häßler in seiner Vergangenheit auf, dass er Dinge nicht zu Ende bringen konnte. „An jedem Morgen habe ich mich gefühlt, als würde ich ein Staatsexamen ablegen müssen“, beschreibt er sein Gefühl der Überforderung. Innerliche Aufregung, Unkonzentriertheit und eine Gereiztheit, die bis zur Aggression ging, seien die Folge. Im April 2014 bekam er die Diagnose ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörung) gestellt. Zur Behandlung probierte er mehrere Medikamente, unter anderem Ritalin, Medikinet, Strattera und andere Amphetamine, bekam aber Probleme mit den Nebenwirkungen.
Bei einer Recherche fand er heraus, dass ihn sein Gefühl offenbar nicht täuschte, dass Cannabis seinen Krankheitsverlauf positiv beeinflusse. Rheinfelder Ärzte wollten nach Häßlers Aussage aber nichts davon wissen, ihn mit Cannabis zu behandeln. Bei einer Hanf-Parade in Köln erfuhr er von einem Arzt in Nordrhein-Westfalen. Franjo Grotenhermen stellte bei ihm fest, dass sein ADHS schulmedizinisch austherapiert sei und empfahl dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), einem Antrag Häßlers zu entsprechen, Cannabisblüten zur Selbsttherapie nutzen zu dürfen.
Das Bundesinstitut kam dem nach. Laut Philipp Scheb von der Pressestelle des BfArM war Häßler einer von bundesweit 245 Personen, die 2015 eine Erlaubnis bekommen haben. Seit November 2015 hat Häßler also die Erlaubnis, seinen vom Arzt festgelegten Bedarf von 120 Gramm Cannabisblüten pro Monat in einer Lörracher Apotheke mit Spezialgenehmigung zu kaufen. Die Kosten dafür liegen bei 1800 Euro pro Monat, die Häßler aber nicht aufbringen kann. Eine Lehre beim Zoll hatte er nicht zu Ende gebracht und eine Anstellung als Verkäufer verloren, weil er ohne Marihuana nicht konzentriert genug habe arbeiten können, wie er sagt. Der Familienvater lebt aktuell von Hartz IV und kann sich die Medizin nicht leisten.
Die Krankenkasse will nicht zahlen
Die Krankenkasse mhplus argumentiert, dass es sich bei der Bewilligung des BfArM um eine Erlaubnis handele, die lediglich im Falle einer strafrechtlichen Betrachtung relevant sei. „Dieser Erlaubnis liegt keine sozialmedizinische Einschätzung zugrunde, wie sie der MDK vornimmt.“ Die Kosten von Cannabisblüten und -extrakten seien von der Erstattung durch gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen. Lediglich in Ausnahmesituationen müssten nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes auch Leistungen gewährt werden, die im Recht nicht vorgesehen sind. Im Fall Häßlers hat die mhplus das Vorliegen der Voraussetzungen dafür prüfen lassen. „Der MDK empfiehlt aufgrund der Unterlagen eine vollkommen andere Behandlung“, teilt Pressesprecher Michael Pfeiffer mit. Weiter heißt es: „Keinesfalls wollen wir Herrn Häßler mit seinen gesundheitlichen Problemen allein lassen.“ Mit den im MDK-Gutachten ermittelten Behandlungsnotwendigkeiten werde man ihn „nach Kräften unterstützen“.
Für Häßler ist das keine zufriedenstellende Information. Er kündigt an, Einsicht in das Gutachten zu nehmen und eventuell eine Klage gegen die Krankenkasse anzustrengen mit dem Ziel der Kostenübernahme. Sollte die Klage scheitern, möchte er beantragen, sein eigenes Cannabis kultivieren zu dürfen. AZ
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Aktuell läuft ein Verfahren auf höchster Ebene, Eröffnung ist am 6. April in Leipzig am Bundesverwaltungsgericht, zum Eigenanbau von Cannabis. Da das Gesetz, wo die Krankenkassen auch für Cannabis-Blüten zahlen sollen, noch in der Entwurfsphase ist, stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Patient damit Erfolg hat. Das andere, Kölner Urteil, das 3 Patienten diese Erlaubnis zuspricht, ist bekanntlich in Revision dann auch in höchster Ebene, aber die muss auch bald aufgenommen, werden, ist das Urteil schon wieder über 1 1/2 Jahre alt und Krankheiten warten nicht
Lustig die Ferndiagnose des MDK: er "empfiehlt aufgrund der Unterlagen eine vollkommen andere Behandlung“ , klar, hat sich der MDK an einer Stelle je mit einer Therapie mit Cannabis-Blüten beschäftigt oder empfohlen - und das, wo es zahlreiche erfolgreiche Fälle mit so einer Therapie gibt?
Aber Fazit ist, solange obiges nicht umgesetzt wird, werden Patienten, die auf Cannabis-Blüten angewiesen sind, immer noch heftig benachteiligt.