Angreifer (21) kommt nach Messerattacke in Psychiatrie
Ein 21-Jähriger sticht auf Passanten ein - mitten am Tag in Ravensburg. Er verletzt drei Menschen schwer. Nun werden die Hintergründe bekannt.
Nach der Messerattacke in der Ravensburger Innenstadt mit drei Schwerverletzten ist der mutmaßliche Täter in eine psychiatrische Einrichtung gekommen. Anstelle eines Haftbefehls wurde ein sogenannter Unterbringungsbefehl erlassen. Die Polizei teilte am Samstag mit, der afghanische Asylbewerber leide nach der Einschätzung eines Gutachters an einer tiefgreifenden psychiatrischen Erkrankung. Er sei deshalb bereits mehrfach in stationärer Therapie gewesen. Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl sagte, der Beschuldigte habe auch Stimmen gehört. Hintergrund soll aber auch ein Streit mit einem Arbeitskollegen gewesen sein.
Der mutmaßliche Angreifer ist nach aktuellen Erkenntnissen 21 Jahre alt, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Zuvor hatte sie das Alter mit 19 angegeben. Dem Mann werden versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Schuldfähigkeit des Mannes war nach dem vorläufigen Sachverständigen-Gutachten bei der Tat jedoch ausgeschlossen oder zumindest erheblich vermindert.
Der 21-Jährige wurde am Freitag unmittelbar nach den Angriffen auf dem Marienplatz festgenommen. Er stach auf drei Menschen ein und verletzte diese schwer.
Der Ravensburger Oberstaatsanwalt Diehl sagte zu den Hintergründen, der Beschuldigte habe einen Streit mit einem Arbeitskollegen austragen wollen und den Mann per WhatsApp aufgefordert, zum Marienplatz zu kommen. Der Grund: Der 21 Jahre alte Afghane habe sich wegen Äußerungen des Arbeitskollegen gehänselt gefühlt. Am Vormittag kaufte sich der 21-Jährige dann ein großes Küchenmesser und ging zum Marienplatz. Als sein Arbeitskollege, der die Whatsapp laut Staatsanwaltschaft weggedrückt hatte, nicht kam, stach der 21-Jährige "unvermittelt und im Rahmen eines psychotischen Erlebens" auf zwei syrische Asylbewerber ein.
Dann attackierte er einen dritten Mann, der jedoch nicht verletzt wurde. Wenig später stellte sich ein 52-jähriger Deutscher im Außenbereich einer Gaststätte dem Beschuldigten entgegen und hielt sich einen Stuhl vor den Körper. Der Tatverdächtige fügte aber auch diesem Mann mehrere Stichverletzungen zu.
Laut Oberstaatsanwalt Diehl war der 21-Jährige, der seit 2016 in Deutschland ist, bislang nicht mit Aggressionen gegen andere aufgefallen. Zu klären sei nun auch die Frage, ob er möglicherweise an posttraumatischen Störungen wegen Erlebnissen in Afghanistan leide.
Der Asylbewerber konnte auch dank des Eingreifens des Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp (CDU) rasch gestellt werden. Nach Angaben der Ermittler traf der Politiker in der Nähe des Tatorts auf den mutmaßlichen Täter und forderte ihn auf, das Messer fallen zu lassen, was dieser auch tat. Entgegen früherer Äußerungen der Polizei war der Rathauschef dabei nicht in Begleitung zweier Mitarbeiter.
Rapp selber schilderte die Situation so: Weil Zeugen "völlig aufgelöst" zu ihm gerannt seien, sei er zum Tatort gegangen, dem Marienplatz. "Dann stand plötzlich der Täter direkt vor mir mit dem blutüberströmten Messer und hat mich bedroht. Ich habe dann gesagt: Er soll das Messer auf den Boden legen."
Sein Einsatz habe womöglich Menschenleben gerettet, sagte der baden-württembergische Integrationsminister Manne Lucha (Grüne). "Manchmal braucht es Menschen, die nicht wegschauen, die mutig sind, die schnell und beherzt eingreifen, um Schlimmeres zu verhindern. Der Oberbürgermeister von Ravensburg hat diesen Mut bewiesen und Zivilcourage gezeigt", lobte auch Innenminister Thomas Strobl (CDU).
Integrationsminister Lucha, der selber in Ravensburg lebt, rief die Bürger auf, zusammenzustehen. "Wir lassen uns nicht von Menschen auseinander dividieren, die diese furchtbare Tat nun für politische Zwecke missbrauchen und Hass und Häme über all jene ausschütten, die für Zusammenhalt in dieser Stadt standen und stehen."
Oberbürgermeister Rapp rechnet nach der Messerattacke mit einem Aufflammen der Sicherheitsdebatte. Er habe Verständnis dafür, wenn Bürger ein mulmiges Gefühl haben, sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Auch Videoüberwachung schließe er künftig nicht aus. Bereits seit längerem gibt es Diskussionen um die Sicherheit vor allem auf dem nördlichen Marienplatz in Ravensburg. (dpa)
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