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Familie
27.04.2017

Anonyme Samenspende: Wer ist mein Vater?

Immer wiederVor allem, wenn sie sich im Spiegel betrachtet, stellt sich Sunny Müller die Frage: Wer bin ich eigentlich? Sie wurde durch eine anonyme Samenspende gezeugt.
Foto: Antje Hildebrandt

Sunny Müller ist eines von 100.000 Kindern, die durch eine anonyme Samenspende gezeugt wurden. Jetzt will sie wissen, wer der Mensch ist, durch dessen Sperma sie entstand.

Es gibt Momente, da fragt sich Sunny Müller, wer sie eigentlich ist. Es passiert ihr, wenn sie vor dem Spiegel steht und ihr Gesicht betrachtet. Es ist rund, die Haut blass und die Augen so groß wie die einer Puppe. Es ist das Gesicht ihrer Mutter Sabine. Damit sind die Gemeinsamkeiten aber auch schon erschöpft. Sabine Savary, 59, sprudelt vor Temperament. Man kann in ihrem Gesicht lesen wie in einem Buch. „Du bist entweder himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt“, sagt Sunny zu ihrer Mutter. Sie stellt das nüchtern fest. Mit ihren Gefühlen hausieren zu gehen, ist nicht ihre Art. Sunny sagt: „Manchmal frage ich mich: Habe ich das von ihm geerbt?“

Er, das ist der Mann, von dem weder sie noch ihre Mutter wissen, wer er ist, wo er wohnt und was er macht. Und doch ist er immer bei ihnen. Ein Schatten. Ein Phantom. Ein unsichtbares Mitglied der Familie. Mit seinem Sperma wurde Sabine Savary im August 1979 befruchtet. Er ist ihr biologischer Vater.

Aber wer ist er? Von der Antwort auf die Frage hängt nicht ihr persönliches Glück ab, versichert Sunny. Die 36-Jährige würde es nur gerne wissen, um sich selber besser zu verstehen. „Bin ich nur die Schnittmenge meiner Eltern? Oder gibt es etwas, das nur meins ist?“

Anonyme Samenspende: Nur zehn Prozent kennen ihren Erzeuger

Die junge Frau aus Berlin ist mit solchen Fragen nicht allein. In Deutschland wurden seit den 70er Jahren etwa 100.000 Kinder durch künstliche Befruchtung mit dem Samen anonymer Spender gezeugt. Nur geschätzte 20 Prozent wissen überhaupt, dass sie auf diesem Wege entstanden sind. Und von dieser Gruppe kennen nur etwa zehn Prozent ihren Erzeuger. Die meisten haben ihn auf eigene Faust gesucht. Es ist eine Arbeit, die detektivischen Spürsinn erfordert. Das liegt an der Gesetzgebung. Noch bis 2013 war es in Deutschland üblich, dass Samenbanken ihren Spendern vertraglich Anonymität zusicherten.

Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht schon 1989 entschieden, dass das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung schon durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Grundgesetz abgedeckt wird. Doch in der Praxis konnten es nur adoptierte Kinder einklagen. Reproduktionsmediziner wurden erst ab 2007 zu mehr Transparenz und Aufklärung verpflichtet. Und nicht alle erfüllten diese Auflage. 2015 dann urteilte der Bundesgerichtshof (BGH), dass schon Kinder ein Recht darauf haben, zu erfahren, wer ihr biologischer Vater ist. Seither dürfen die Kliniken solche Anfragen nicht mehr ignorieren. Sie müssen die Unterlagen der Spender mindestens 30 Jahre lang aufbewahren. Einen gesetzlichen Anspruch auf die Herausgabe der Spenderdaten haben Kinder aber erst ab 2018. Dann soll ein Gesetz in Kraft treten, das der Arbeitskreis Abstammung im Bundesgesundheitsministerium gerade entwirft. Es ermöglicht Spenderkindern einen ungehinderten Zugriff auf die Daten ihrer Erzeuger. In einem zentralen Register sollen die Angaben von Spendern und Empfängerinnen für 110 Jahre gespeichert werden.

Für Sunny Müller kommt dieses Gesetz zu spät. Es gilt nur für Kinder, die nach 2007 geboren wurden. Die Berlinerin hat dafür nur ein Schulterzucken übrig. Sie engagiert sich schon seit einer Weile im Verein Spenderkinder. Dieser kämpft für die Rechte von Menschen, die durch künstliche Befruchtung mit Spendersamen entstanden sind und zählt über hundert Mitglieder. Viele davon sind inzwischen selbst Eltern. Es ist die Situation, in der sich viele dafür interessieren, wo sie herkommen, wer sie geprägt hat. Dann beginnt die Suche nach dem biologischen Vater. Sunny Müller dagegen hat die Hoffnung fast schon aufgegeben, ihn zu finden.

Samenspendern wurde früher Anonymität zugesichert. Heute ist herrscht viel Verunsicherung angesichts der unklaren Rechtslage. (Symbolbild)
Foto: Friso Gentsch, dpa

Was hat sie nicht schon alles getan, um ihn zu finden. Dr. Lübke, der damalige Frauenarzt ihrer Mutter, war die erste Station auf ihrer Odyssee. Er ist schon lange tot, erfuhr sie. Auch im Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin, wo Sabine Savary das Sperma im August 1979 injiziert wurde, konnte man ihr nicht helfen. Dr. Lübke habe dort nur Belegbetten gehabt, erfuhr sie.

Eine amerikanische Firma hilft Betroffenen bei der Suche

Blieb noch die amerikanische Firma Family Tree DNA. Es ist die weltgrößte DNA-Datenbank mit Sitz in Houston, Texas. Sie hilft Hobby-Historikern bei der Suche nach Vorfahren. Sie wird aber immer häufiger auch von Spenderkindern genutzt. Sie müssen eine Speichelprobe im Röhrchen einschicken. Die Bank prüft dann, ob sie genetische Verwandte findet.

Spenderväter lassen sich dort zwar kaum registrieren, aber Halbgeschwister. Melanie Berger, die in Wirklichkeit anders heißt, hat es probiert. Die 33-Jährige fand dort neben ihrer zehn Jahre jüngeren Halbschwester Lisa auch Carla, 31, Jasmin, 25, und Sophie, 21. Ein Volltreffer. Sie sagt, seither wisse sie auch, wer ihr Vater ist. Lisa hatte ihn schon aufgespürt und ihr ein Foto von ihm geschickt.

Es zeigt einen bärtigen Mittfünfziger mit Hornbrille – Theo. Melanie Berger sagt, ihr sei ein Stein vom Herzen gefallen, als sie es sah. Freundlich schaute der Mann aus. Humor habe er auch, hat ihr Lisa erzählt. Und auch, dass Theo Pilot ist und sich seine Ausbildung als Samenspender finanziert habe.

Sie würde ihren Erzeuger gerne fragen, wie er heute als Erwachsener über die Samenspende denkt. Sie ist Ingenieurin, verheiratet und Mutter zweier Jungs, Lasse, eins, und Ole, zwei. Sie will wissen, wie Theo als Kind war und wofür er sich interessiert hat. Und ob er vielleicht auch mal Lust hat, seine Enkelkinder zu treffen. Einige Gemeinsamkeiten will sie schon entdeckt haben. Sie sagt: „Ich wäre beinahe selber Pilotin geworden.“

Der Arzt verspach, kein Wort über Sunnys Erzeuger zu verlieren

Sunny fand über Family Tree DNA nur Cousins und Cousinen dritten Grades. Sie sagt: „Ich habe noch zehn Prozent Resthoffnung.“ Sie klingt resigniert. Hätte sich ihre Mutter in einer Klinik behandeln lassen, hätte sie wenigstens das Alter, die Größe, die Augenfarbe, das Gewicht und vielleicht noch den Beruf erfahren. Aber Sabine Savary war Patientin von Dr. Lübke. Ein niedergelassener Frauenarzt, der seine eigenen Regeln hatte.

Dazu gehörte, dass er kein Wort über die Spender verlor. Das war seine Bedingung. Weder die Mütter noch ihre Kinder sollten jemals deren Namen erfahren. So versuchte der Arzt, sich selber und den Spender zu schützen. Was er tat, war zwar nicht illegal. Schon 1970 hatte die Bundesärztekammer die Befruchtung mit Spendersamen zugelassen. Die Krankenkassen zahlten damals aber nicht, und auch die Katholische Kirche ist bis heute dagegen. Ärzte, die Frauen trotzdem halfen, redeten nicht darüber. Was das einmal für die Kinder bedeuten sollte, war damals kein Thema. Sollten doch die Eltern selber entscheiden, ob und wann sie es ihrem Kind erzählten.

Samenspenden werden meist bei minus 196 Celsius gelagert. So taugen sie auch nach vielen Jahren noch für eine Befruchtung. (Symbolbild)
Foto: Uli Deck/dpa

Sabine Savary sagt, sie sei sich der Konsequenzen nicht bewusst gewesen. Es klingt wie eine Entschuldigung. Sie war 23 und gerade mit der Schule fertig, verliebt in Albert, einen Mann, der sechzehn Jahre älter war als sie, Bildhauer und manisch-depressiv. Sie sagt, sie sei besessen gewesen von dem Wunsch nach einem Baby. Sunny wurde am 6. Mai 1980 geboren. Ihre Mutter sagt, sie werde nie vergessen, wie es war, als sie Sunny zum ersten Mal im Arm hielt, 52 Zentimeter groß, 3100 Gramm schwer, eine Handvoll Glück. Ihre Tochter ist der wichtigste Mensch in ihrem Leben.

Die beiden telefonieren fast täglich. „Mama weiß alles über mich“, sagt Sunny. Selbstverständlich ist das nicht. Das wird ihr bewusst, wenn sie mit anderen Spenderkindern redet. Und das tut sie oft, schließlich kümmert sie sich im Verein um „die Neuen“.

Was macht es mit einem Kind, wenn es seine Herkunft nicht kennt?

Die meisten hätten erst als Jugendliche erfahren, dass ihr Vater nicht ihr biologischer Vater sei. Richtige Dramen spielten sich da in den Familien ab. Denn was macht es mit einem Kind, wenn es erfährt, dass es von den eigenen Eltern jahrelang belogen wurde? „Es ist ein Schock“, sagt Sunny. Ein Vertrauensbruch, von dem sich nicht alle wieder erholen. Einige brechen den Kontakt zur Familie ab.

Sunny hat Glück gehabt. Sie war zehn, als ihre Eltern ihr erzählten, dass Albert nicht ihr leiblicher Vater ist. Die Ehe war da längst gescheitert. Sunny war ein Jahr, als Sabine ihren Mann verließ. Sie sagt, seine Krankheit habe sie überfordert. Albert Müller, der 2004 gestorben ist, war kein zuverlässiger Vater. Aber wenn es darauf ankam, war er für Sunny da. Der Tag, an dem die Tochter die Wahrheit über ihre Herkunft erfuhr, war so ein Tag. Sunny erinnert sich noch genau. „Es war ein ziemliches Herumgeeiere.“ Sabine habe etwas von Leistenhoden gemurmelt und davon, dass Albert keine Kinder zeugen konnte. Dass zu ihrer Entstehung ein dritter Mann erforderlich gewesen sei.

Sabine Savary sagt, heute würde sie damit schon früher beginnen. Im Kindergartenalter. So ist es auch längst üblich, sagt Claudia Brügge. Die Bielefelder Psychologin ist selbst Mutter einer mit Spendersamen gezeugten Tochter. Zusammen mit anderen Eltern hat sie den Verein „DI-Netz e.V.“ gegründet. DI, das steht für Donogene Insemination, also künstliche Befruchtung. Das klingt medizinisch, dabei verfolgen die Eltern im Wesentlichen dasselbe Ziel wie Sunny Müller und die Spenderkinder. Sie wollen das Thema aus der Tabuzone holen. Sie wollen, dass ihre Kinder dieselben Chancen haben wie andere. Es sind auch ihre Forderungen, die in das neue Samenspenderregistergesetz miteinfließen. Claudia Brügge kennt den biologischen Vater ihres Kindes nicht. Er hat seine Daten aber bei einem Notar hinterlegt. Ihre Tochter muss ihn nicht suchen. Sie kann jederzeit erfahren, wer er ist.

Der Verein bietet Workshops an, in denen Eltern lernen, die richtigen Worte zu finden, um ihrem Kind schonend beizubringen, „dass ein anderer Mann seinen Samen geschenkt hat, weil der Papa keinen hatte“. Das Wort Spenderkind benutzt Claudia Brügge nicht. Sie sagt, sie definiere ihre Tochter doch nicht über die Samenspende. Sie sei ein Wunschkind.

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