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Sibylle Lewitscharoff
10.10.2011

Blumenberg

Sibylle Lewitscharoff gehört zu den auserwählten Sechs für den Deutschen Buchpreis. dpa

Da tut sich der Philosoph schwer mit seiner Weltdeutung, wenn ihm plötzlich ein Wunder geschieht. Für den Leser ist das alles ein Glücksfall

Gleich vornweg: Das ist ein Buch, wie es einem nur alle paar Jahre mal in die Hände fällt. Ein Glücksfall im Wortsinn, denn es macht einen einfach glücklich, dieses Buch zu lesen. Dabei dachte man zunächst: Oh je, ein Roman über einen Philosophen, das wird wohl recht hochgestochen und überkandidelt. Ist es aber gar nicht.

Sibylle Lewitscharoff schreibt zwar über einen echten Philosophen, einen Mann mit tiefgründiger Bildung und geistigen Höhenflügen, aber sie macht aus ihm einen so liebenswerten Gesellen, dass man sich am liebsten ein Plätzchen neben seinem Schreibtisch sichern möchte. Den Philosophen Hans Blumenberg (1920–1996) gab es wirklich. Er hat uns mit seiner Theorie von der „Lesbarkeit der Welt“ eine Metapher hinterlassen, die die Welt als Buch beschreibt, ein Buch, in dem der Mensch – lesend – nach Sinn sucht.

Diesem Blumenberg erscheint eines Nachts in seinem Arbeitszimmer ein Löwe. Was heißt „erscheint“: Der Löwe ist unzweifelhaft da – „habhaft, fellhaft, gelb“. Er liegt auf dem Buchara-Teppich, schaut gelassen durch den Mann durch und gähnt höchstens mal. Der Philosoph gerät ins Zittern. Hat er Halluzinationen? Nein, Blumenberg entscheidet sich schnell dafür, den Löwen ernst und anzunehmen, auch wenn der ihm doch recht metaphysisch vorkommt. Er merkt: Der Löwe ist ein unvergleichlicher Kraftquell für ihn, den alternden Mann, und da ist endlich mal jemand, der ihn „in seinem Wesen hegen“ will, so wie es nie ein Mensch könnte. Sogar die schrecklichen Jugenderlebnisse, als der Sohn einer jüdischen Mutter in ein Arbeitslager der Nazis kam, sind nun besser zu ertragen. Und seine Vorlesungen gehen dem Professor an der Münsteraner Universität viel leichter von der Hand.

Die Trostbedürftigkeit des Menschen

Sibylle Lewitscharoff hält sich auf 220 Seiten relativ eng – für einen Roman – an das Leben des wirklichen Hans Blumenberg. Sie erzählt vom akademischen Alltag, von der professoralen Arbeitsmethode, vom Neid auf Kollegen („Dieser Habermas!“), von den literarischen Interessen des Wissenschaftlers. Aber sie erfindet ihrem Blumenberg ein neues Alter – voll eines Trostes, wie ihn eigentlich nur ein Kind erleben könnte. Wenn Blumenberg in einer Vorlesung von der Trostbedürftigkeit des Menschen spricht und von seinem Angewiesensein auf allerlei tröstende Illusionen (zu denen er, der katholisch getaufte Agnostiker, auch die Religion zählt), dann gibt der Professor (als Romanfigur) seinem Leser gleich die Erklärung für dieses unglaubliche Löwenwunder an die Hand. Je älter einer wird, je mehr er um sich herum Verfall sieht, desto mehr braucht er Trost, um die Zumutungen des Lebens ertragen zu können. So geht es Blumenberg.

Sibylle Lewitscharoff hat ein wunderbares Buch übers Altern geschrieben, über das Hinleben auf den Tod und die Angst davor. Aber sie nimmt sich auch einen wesentlichen Begriff aus Blumenbergs Theoriegebäude vor – die Wirklichkeit. Wie wirklich ist diese Wirklichkeit, ist sie so absolut, dass der Mensch sich ihr gegenüber kaum behaupten kann? Weil Blumenberg in seiner Studierstube wie Hieronymus im Gehäus ja so innig mit dem Löwen und deshalb schon ganz wundergläubig geworden ist, erfindet die Erzählerin vier Studenten, die anders als ihr Professor noch knietief in der Wirklichkeit stecken – und an ihr scheitern.

Ein überspanntes Mädchen bringt sich um, ein junger Mann knallt durch, weil ihm die Philosophie komplett den Blick verstellt, ein zweiter flieht aus der unübersichtlichen Wirklichkeit und wird an seinem Fluchtpunkt Südamerika ermordet. Sogar der brave Student, der fleißige, erfolgreiche, beißt irgendwann ins Gras. Wenn eine Erzählerin so gemein ist und alle Gegenfiguren ihres Helden umbringt, dann fährt sie schweres Geschütz auf, um ihre Erfindung zu verteidigen. Es ist, als ob Sibylle Lewitscharoff beweisen wollte: Die Wirklichkeit braucht einen Gegenpol, eine schöne Illusion, sonst ist sie nicht zu ertragen. Und mit einem Wunder kann man sogar die Wirklichkeit ein Stückchen aushebeln. (Übrigens ist die Autorin auch zu Blumenberg ein bisschen gemein: Die einzige Zeugin seines Löwenwunders, die sie ihm zugesteht, die einzige, die außer ihm den Löwen noch sieht, ist ausgerechnet eine Nonne – schwer erträglich für den Mann der Wissenschaft.)

Vielleicht sind es diese kleinen Boshaftigkeiten der Autorin, die den Roman so vergnüglich zu lesen machen. Denn die Geschichte um den Philosophen und seinen Löwen ist keineswegs akademisch konstruiert, sondern saftig, lebensvoll, prall an Bildern, bisweilen richtig komisch und dann wieder straff und spannend durchgezogen, etwa wenn der arme Student Richard in Südamerika von den Cousins seiner Liebsten erstochen wird.

Und dann diese Sprache – sie ist allein schon ein Genuss. Sie kommt einem vor wie ein Bergpfad, der sich aufwärts windet, mal schmal, dann breiter werdend, mal steil, dann wieder gemächlicher. Man folgt diesem Pfad mal leichthin, mal mit Anstrengung, aber immer mit Gewinn. Drüber weg huschen kann man über diese Sprache nicht, eher stolpert man schon mal, hält inne, denkt nach – auch das ein Gewinn.

Der Löwe haut ihm seine Pranke vor die Brust

Sibylle Lewitscharoff ist eine große Sprachkünstlerin. Mit ihrem neuen Buch schenkt sie ihren Lesern intellektuelles Lese-Glück. Und glücklich ist auch Blumenbergs Ende. „Da hieb ihm der Löwe die Pranke vor die Brust und riß ihn in eine andere Welt.“

Sibylle Lewitscharoff: Blumenberg. Suhrkamp, 220 Seiten, 21,90 Euro

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